Zehn Tage für Regierungsbildung
Nur wenn sich die Sozialisten auf Enthaltung einigen, können dritte Wahlen verhindert werden
Madrid – ck. Nach über 300 Tagen ohne handlungsfähige Regierung und zehn Tage vor dem Stichtag, dem 31. Oktober, wird eifrig, aber verhältnismäßig leise gewerkelt im Land. Am 24. und 25. Oktober will der König die Parteichefs erneut konsultieren. Lässt sich bis zum 31. Oktober kein Kandidat als möglicher Regierungschef bestimmen, muss Felipe VI. das Parlament auflösen und eine neue Wahl – die dritte – für Dezember ansetzen. Das Parlament arbeitet einstimmig an einer Änderung des Wahlgesetzes. Der Wahlkampf soll von zwei auf eine Woche verkürzt werden, damit der Wahlsonntag auf den 18. Dezember und nicht auf den Weihnachtstag fallen würde.
Doch eine dritte Wahl will niemand wirklich. Außer der Volkspartei (PP) kämen sie niemandem zugute, aber auch für Mariano Rajoy wären sie ein Armutszeugnis. Deshalb halten sich die PP-Politiker momentan zurück. Außerdem liegt eine Duck-and-cover-Haltung der PP ganz auf Rajoys Linie, ist doch der Gürtel-Prozess angelaufen, in dem der abgrundtiefe Korruptionssumpf um die Konservativen nur allzu offenbar wird.
Eben wegen der vielen Korruptionsvorwürfe hatte der inzwischen zurückgetretene PSOE-Generalsekretär Pedro Sánchez darauf bestanden, Rajoys Ernennung zum Regierungschef zu blockieren. Mit dieser Haltung steuerte das Land aber auf die dritte Parlamentswahl zu – und das führte zum Eklat bei den Sozialisten und zu Sánchez’ Rücktritt am 1. Oktober.
Für Sonntag ruft Interimsvorsitzender Javier Fernández das Föderalkomitee zusammen. Der konziliante Ministerpräsident Astu- riens leitet die Geschicke der Partei mit unaufgeregter Hand. Leicht hat er es nicht. Die katalanischen und balearischen Sozialisten wollen beim „Nein“zu Rajoy bleiben. Zu groß ist unter den Katalanen der Ärger über die vier Jahre absoluter PP-Mehrheit. Bei den Vorwahlen dort hat Parteichef Miquel Iceta mit 700 Stimmen Vorsprung ge- genüber Núria Parlon seine Position gefestigt.
Die andalusischen Sozialisten um die starke Widersacherin von Sánchez, Susana Díaz, wiederum haben sich am Montag erstmals für eine Enthaltung und somit das kleinere Übel ausgesprochen. Auch eine Mehrheit der PSOEWähler ist dafür, dass ihre Partei sich bei der Abstimmung enthält und so Rajoy den Weg freimacht, vermutlich zusammen mit den liberalen Ciudadanos (C’s) eine Minderheitsregierung zu bilden. So hat das eine Umfrage von Metroscopia für die Zeitung „El País“er- geben. Ob sich die Regionalbarone einigen können, ob Parteidisziplin gefordert wird oder die Abgeordneten frei abstimmen können, wird sich am Sonntag zeigen. Mit elf Enthaltungen der Sozialisten dürfte Rajoy ins Rennen gehen können.
Eine Mehrheit der PSOE-Wähler ist dafür, dass ihre Partei Rajoy den Weg freimacht
Cantó leitet Ausschuss
Konsens aller Parteien herrscht bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zur Korruption, der vor zwei Wochen beschlossen wurde. Die Leitung übernimmt der valencianische Ciudadanos-Abgeordnete und frühere UPyD-Mann Toni Cantó.