Geschichten aus der Suppenküche
Heldentrunk, Gericht der Könige, Magenfüller – die starke Brühe hat viele Facetten
Historiker wie Anthropologen stimmen darin überein, dass das Bereiten einer Suppe das erste warme Gericht der Menschheit darstellte. Die Entdeckung des Feuers erlaubte es dem Steinzeitmenschen, Wurzeln und Fleisch im heißen Wasser weich zu garen und die Nahrung außerdem schmackhafter zu machen.
Die Griechen kochten eine Art klare Suppe, immer auf der Basis von Getreide, die sie auch als Heilmittel nutzten. Eine Suppe als Medizin zu verabreichen, das hat sich bis heute gehalten, man denke nur an die Hühnerbrühe, die man – vor allem hier in Spanien – zubereitet, wenn die Kinder sich schwach und fiebrig fühlen.
Die berühmteste Suppe in der Küche der alten Griechen war allerdings die „schwarze Brühe“, die Essig, Salz und ein paar geheimnisvolle Kräuter enthielt.
Der Trank muss wirklich scheußlich gewesen sein, aber anscheinend ein unschätzbarer Quell für Heldentum. Angeblich konnte sich niemand mit den Kriegern aus Sparta auf dem Schlachtfeld messen, wenn diese von dem schwarzen Trank gekostet hatten.
Auch bei den alten Römern war die Suppe sehr populär. Unter der Bezeichnung „potus“, von „potare“, trinken, bereiteten sie viele verschiedene Arten zu, ähnlich den unseren mit Fleisch und Gemüse. Das Wort „potaje“steht im Spanischen noch heute für den Eintopf. Der dem Gesang so zugetane Nero etwa nahm jeden Tag eine Brühe mit heißem Lauch zu sich; er glaubte damit seine Stimmbänder zu schützen. Und Apicius, der größte Gastronom seiner Zeit, bereitete raffinierte und schmackhafte Suppen aus Linsen, Erbsen oder Kichererbsen, stark gewürzt und begleitet von Öl und Garum, einer Sauce aus fermentiertem Fisch.
In der dekadenten Epoche Roms dagegen verwandelten sich Suppen in luxuriöse, fantasievoll zubereitete Gerichte – in denen unter anderem so extravagante Zutaten wie „duftende Rosen“und „Vogelhirne“verarbeitet wurden.
Im Mittelalter führten die Suppen und Eintöpfe ein unangefochtenes Regiment. Sie bestanden aus Saubohnen, Eiern, Erbsen, Kürbis oder Fenchel. Gewürze wie Zimt oder Ingwer, Knoblauch oder Safran wurden hemmungslos einge- setzt, um die Brühen zu parfümieren, doch die populärsten Suppen jener Epoche waren mit Reis zubereitet.
Ab dem 16. Jahrhundert widmeten sich vor allem die Franzosen der Suppenküche. Während mit Katharina von Medici sich der italienische Einfluss mit aromatischen Kräutern wie Majoran, Oregano, Thymian, Salbei und mehr am Königshof bemerkbar machte, bevorzugte Heinrich IV. eine Suppe aus Huhn, Rind- und Schweinefleisch, Zwiebeln, Knoblauch und Petersilie – wobei ihm der reichlich eingesetzte Knoblauch zu zweifelhaftem Ruhm verhalf.
In Spanien indessen triumphierte die Olla podrida auf den Tischen der Habsburger und Bourbonen. Die „Spanische Suppe“war ein opulentes Gericht aus verschiedenen Fleisch- und Geflügelsorten sowie allerlei Gemüse. Wildgeflügel, Kichererbsen und Chorizo gaben ihr Charakter. Doch für weniger als 30 Personen machte das Ganze keinen Sinn.
Nach und nach wurde die Olla podrida verfeinert und gar in silbernen und goldenen Schüsseln serviert. Sie war hoffähig geworden und gewann mehr und mehr an Prestige. Den barocken Festfreuden folgte die Vernunft der Aufklärung. So erfuhr die Suppe eine neue Bestimmung. Etwa durch den bayerischen Grafen Rumford, als Benjamin Thompson (1753 bis 1814) in Massachusetts geboren. Der Naturwissenschaftler erfand nicht nur den geschlossenen Herd, er ging auch daran, die Massen zu speisen. Nach seinen Berechnungen konnte dies nur durch eine minimalistische Graupensuppe geschehen, die fortan in den Armenküchen, Suppenanstalten und Feldküchen Europas als „Rumfordsuppe“von der Obrigkeit verabreicht wurde.
Dass Suppe gesund sein kann, hat also die Aufklärung wiederentdeckt.
In wirtschaftlichen Krisenzeiten und nach zwei Weltkriegen indes verblasste der Ruhm der Suppe, sie wurde zum primitiven Magenfüller degradiert. Heute dagegen liegen Suppen wieder im Trend. So sehr, dass in den Großstädten Suppenbars zu neuen Kultstätten avanciert sind. Suppen sind gesund Nichts lässt sich problemloser herstellen, leichter essen, schneller aufwerten und besser aufwärmen als Eintopf und Suppe. Ein Pfund Fleisch, ein Stück Huhn, ein Schinkenknochen, Würste, dazu Kichererbsen, Kartoffeln, Kohl und viel Gemüse der Saison – damit lässt sich ein vortrefflicher Eintopf oder Cocido fabrizieren, eine deftige Suppe, wie sie so oder ähnlich derzeit in allen Küchen Spaniens köchelt.
Und die ist gesund. Die in der Brühe gelösten Nährstoffe von Gemüse bleiben erhalten, gleichzeitig wird dem Körper Flüssigkeit zugeführt. Fleisch und Hülsenfrüchte bestimmen den Proteingehalt, Einlagen wie Kartoffeln, Nudeln oder Reis sorgen für die Kohlenhydrate. Mit den herrlich Leib und Seele erwärmenden Mahlzeiten könnte man sich problemlos den ganzen Tag über ernähren. Und sie sind keineswegs Dickmacher. Wer eine Suppe löffelt, wählt im Allgemeinen ein figurfreundliches Esstempo. Denn je langsamer man isst, desto eher ist man satt. Auch das Volumen einer Suppenmahlzeit kann zur guten Sättigung beitragen. Wer beispielsweise einen Suppenimbiss als kleine Mahlzeit bewusst genießt, wird ohne viel Kalorien angenehm satt. Und schließlich kann eine Suppenpause auch das richtige, magenfreundliche Rezept zur Entspannung von Stress am Arbeitsplatz sein.
Quelle: Deutsches Suppeninstitut im Verband der Suppenindustrie e.V., Bonn. Das Deutsche Suppeninstitut hat es sich seit 1996 zur Aufgabe gemacht, die vielfältigen Aspekte rund um die Suppe zu beleuchten. Für 2 Liter Brühe: 1 bis 1,5 kg Rindfleisch und Knochen (carne und huesos de ternera), Suppengemüse wie Möhre (zanahoria), Stangensellerie (apio), Lauch (puerro), Petersilienwurzel (chirivía) und -stiele (perejil), 1 Knoblauchzehe (ajo), 1 Zwiebel (cebolla), Lorbeerblatt (laurel), Salz (sal), weiße Pfefferkörner (pimienta blanca)
Knochen kurz in kochendem Wasser blanchieren. Fleisch unterm Wasserhahn abwaschen. Beides mit knapp drei Litern kaltem Wasser aufsetzen und zum Kochen bringen. Den beim Sieden entstehenden Schaum immer wieder abschöpfen. Dabei sollte die Brühe nicht sprudelnd kochen, das wirbelt nur die Trübstoffe durcheinander, und der Topf deshalb nicht bedeckt sein. Kein kaltes Wasser nachgießen und nur ganz leicht salzen.
Nach etwa einer Stunde das geputzte und in Stücke geschnittene Gemüse, Knoblauch, Lorbeer und zerdrückte Pfefferkörner zufügen – sowie eine gebräunte Zwiebel. Dazu die Zwiebel mit Schale quer durchschneiden, Zwiebelhälften mit der Schnittfläche nach unten ohne Fett in einem Pfännchen bräunen – der in der Zwiebel enthaltene Zucker verwandelt sich in Karamell.
So wie sie ist, mit Schale, in den Fond geben. Das gibt eine goldgelbe Farbe.
Brühe etwa zwei Stunden köcheln lassen. Das Fleisch und Gemüse herausnehmen, und die Fleischbrühe am besten durch ein sauberes Küchentuch passieren. Jetzt muss nochmals abgeschmeckt werden.
Im Schnellkochtopf dauert das Ganze übrigens nur 20 Minuten.