Die Bastion der Anständigen
So manch einer von uns wird sich an diesem Mittwochmorgen wohl ungläubig die Augen gerieben haben. Mit Fassungslosigkeit die Nachricht aus Übersee vernommen haben. Gehofft haben, es sei alles nur ein böser Traum, ein schlechter Scherz, ein Rechenfehler. Das kann doch nicht war sein. Jetzt haben die tatsächlich diesen Trump-el gewählt. Diesen orangefarbenen Elefanten im Porzellanladen. Diesen mit seinen winzigen Händen alles begrabschenden Giftzwerg.
Doch warum sollte uns im räudigen Jahr 2016 überhaupt noch etwas überraschen? Hat der Populismus dieses Jahr nicht schon so oft seine hässliche, mit Selbstbräunungsspray eingefärbte und einem lächerlichen Toupet bedeckte Fratze gezeigt?
Die offen fremdenfeindliche Alternative für Deutschland holt auf Anhieb zweistellige Ergebnisse bei den Land- tagswahlen Die rechtsextreme Marine Le Pen wird in Frankreich als Favoritin bei den nächstjährigen Wahlen gehandelt. Und auch in vielen anderen europäischen und somit angeblich aufge- klärten Ländern folgen die Wähler blind den Versprechen von schäumenden und laut polternden Demagogen. Unsere englischen Freunde stimmen für den Austritt aus der EU – und müs- sen am Morgen danach erst einmal googeln, was diese EU denn eigentlich ist.
Auch im Rest der Welt sieht es nicht besser aus. Die Philippinos bejubeln einen Präsidenten, der Drogensüchtige zum Abschuss freigibt. Und Kolumbien sagt Nein zu einem Friedensabkommen, das den über ein halbes Jahrhundert dauernden Konflikt beenden könnte.
Die ganze Welt ist von Wutbürgern besetzt... Die ganze Welt? Nein! Ein unbeugsames Land leistet Widerstand gegen die populistische Welle. Spanien hat einen Präsidenten gewählt, der unpopulärer kaum sein könnte. Ach sind wir froh, dass wir Rajoy haben! Den langweiligen, ruhigen, besonnenen, beinahe apathisch wirkenden, Austerität ausstrahlenden Rajoy! Den anständigen, ehrlichen Rajoy! Denn was bedeutet da schon die eine oder andere kleine Korruptionsaffäre...