Gruppenzwang und Tränendrüse
Millionen Spanier hoffen auf das große Los bei „El Gordo“und „El Niño“– Emotionaler Werbespot soll letzte Zweifel ausräumen
Madrid – ms. „El Gordo“und „El Niño“gehören zum spanischen Weihnachten wie die Geschenke – vielleicht sind die beiden Lotterien sogar noch wichtiger. Schuld daran ist auch ein bisschen der Gruppenzwang. Nicht auszudenken, wenn der Geldsegen ausgerechnet die Stammkneipe oder den Metzger an der Ecke treffen würde und man hätte kein Los gekauft! Und so kommt kein Spanier daran vorbei, nicht mindestens ein Zehntellos für 20 Euro zu erstehen. Ohne Lotterie kein Weihnachten. So einfach ist das.
Mit Spannung erwartet wird alle Jahre wieder auch der Fernsehwerbespot, der meist mit ordentlich Druck auf die Tränendrüse zum Loskauf animieren soll. Dieses Jahr erzählt das fünfminütige Video die Geschichte von Carmina, die der festen Überzeugung ist, bei der Auslosung des „Gordo“am 22. Dezember gewonnen zu haben.
Um der scheinbar verwirrten älteren Dame die Freude nicht zu nehmen, inszenieren Kinder und Enkel mithilfe des ganzen Dorfs eine gebührende Feier. Sogar die Bar macht mit, der Wirt spendiert Sekt, die Guardia Civil eskortiert die feierliche Prozession unter Glockengeläut bis zum Leuchtturm. Die Fischer gratulieren und spendieren zur Feier des Tages Hummer.
Als sich am Ende herausstellt, dass die scheinbar verwirrte Carmina die ganze Zeit wusste, dass sie keineswegs das große Los gezogen hat und ihrem Sohn feierlich ihr „Zehntel“für die Ziehung am nächsten Tag abtritt, fallen sich Sohn und Mutter in die Arme. Letztere ist übrigens keine professionelle Schauspielerin, sondern stand mit 84 Jahren für den Spot zum ersten Mal vor der Kamera.
Wen die emotionale Schiene nicht überzeugt, vielleicht tun es die Fakten: 2,3 Milliarden Euro dick ist der Jackpot sind in diesem Jahr. 165 Millionen Zehntellose stehen zum Verkauf.