Costa del Sol Nachrichten

Des Golfers Himmelreic­h

Ein gut gepflegter Golfplatz in schöner Natur, nette Mitspieler und ein gutes Handicap, das ist für Golfer das A und O

- Wiltrud Schwqtje Alhaurín de la Torre

Schnöselig­er Gesichtsau­sdruck, dazu karierte Hosen, ein perfekt gebügeltes Poloshirt, strahlend weiße Söckchen und sündhaft teure Sportschuh­e, alles von angesagten Modemarken – so stellt sich mancher Laie das Auftreten und Outfit eines typischen Golfers vor, der sich auf dem Parkplatz vor einer elitären Anlage aus seinem brandheiße­n Porsche-Modell schält.

Gepflegte Vorurteile

Schon vor Jahrzehnte­n hat sich Golf vielerorts den Ruf erworben, ein Freizeitve­rgnügen für Menschen mit dickem Bankkonto zu sein. Vor allem für älteres Publikum. Seitdem wurden Vorurteile gepflegt und Sprüche geklopft: „Hast du noch Sex, oder spielst du schon Golf?“, ist nur ein Running Gag, der überall – außer bei Gol- fern – für einen guten Lacher sorgt. Auch nicht komplett von der Hand zu weisen ist die weit verbreitet­e Meinung, dass auf Golfplätze­n schon einige Deals eingefädel­t wurden, die nicht immer höchsten Idealen der Legalität entsprache­n.

Davon kann sogar die kommunisti­sche Partei Chinas ein Lied singen. Leser des Andalucía GolfMagazi­ns wissen das, denn im vergangene­n Sommer publiziert­e das Blatt eine amüsante Meldung: Schon in den 1940er Jahren sei Golf von Mao Zedong verboten worden, weil er ihn als Sport für Millionäre erachtet habe. Und 2015 hätte die Parteispit­ze im Rahmen von Korruption­sermittlun­gen gegen den Präsidente­n Xi Jingping ihren Parteimitg­liedern den Beitritt in Golf-Clubs komplett untersagt, da diese „Schmelztie­gel für illegale Geschäfte“seien. Die gute Nachricht für alle GolfFans: Diese Direktive wurde mittlerwei­le aufgehoben. Es sei doch nichts Inkorrekte­s am Golfen, entschied die chinesisch­e Anti-Korruption­s-Agentur, erteilte dem Golfsport damit sozusagen von höchster Stelle die Absolution – und gab den Startschus­s für zirka 88 Millionen potenziell­e kommunisti­sche Golfspiele­r. Was vielleicht nichts an halbseiden­en Geschäftsg­ebaren auf irgendwelc­hen Golfplätze­n der Welt ändern wird, aber rein theoretisc­h mit dem Kapitalist­en-Image dieses Sports bald aufräumen sollte.

In China wurde dem Golfsport von höchster Stelle die Absolution erteilt

Golf ist zweifelsoh­ne ein Sport, der polarisier­t. Aber was ist dran an all den Klischees, sind sie noch up to date? Herrscht auf jedem Golfplatz der Welt Schicki-MickiAmbie­nte? „In Spanien meist nicht mehr, in Deutschlan­d schon eher“, meint die Luxemburge­rin Jeannine Rehlinger, die seit Jahrzehnte­n auf internatio­nalen Golfplätze­n den Schläger schwingt. Grund genug, sich selbst ein Bild zu machen. Und wo könnte man bessere Studien zum Thema betreiben als in Andalusien – und im Speziellen an der Costa del Sol, die auch als Costa del Golf beworben wird? Um die 70 Anlagen mit etwa 100 Plätzen locken.

Ein Gefühl von Weite

Im Lauro Golf in Alhaurín de la Torre herrscht ganzjährig positive Stimmung. Es duftet nach frisch gemähtem Gras, ein herrlicher Baumbestan­d, Teiche mit Schilf und plätschern­den Wasserfont­änen verbreiten selbst im Hochsommer immer einen Hauch Frische. Eine Gans stolziert auf sattem Grün entlang, Vögel zwitschern. Die riesige Anlage vermittelt dem Besucher ein Gefühl von endloser Weite, was durch die üppige Natur, die das Areal umgibt, noch verstärkt wird. „In den Wasserpfüt­zen, die sich nachts beim Sprengen der Greens bilden, suhlen sich auch gern mal die Wildschwei­ne“, erzählt Ken, ein Brite, der seit Jahren in Andalusien lebt und mit dem Service-Cart über den Platz gurkt, um den Golfern Wasser zu bringen oder bei Nichtmitgl­iedern die Greenfeess zu kontrollie­ren.

An diesem Tag wird im Lauro Golf ein internes Turnier gespielt. Menschen stehen still, verharren und peilen ein imaginäres Ziel in der Ferne an, oder sie bewegen sich wie im Schneckent­empo über die tiefgrüne Fläche. Außer dem einen oder anderen trockenen „Blopp“, das entsteht, wenn der Schläger mehr oder weniger präzise auf den Golfball trifft, ist nicht viel zu hören. Die meisten Sportler sind zu Fuß unterwegs, ziehen ihre Golf-Equipments hinter sich her, nur wenige nutzen die bequemeren Golfkutsch­en.

Nicht in den Fettnapf treten

Golfen ist eine etwas dynamische­re Art des Spaziereng­ehens, das ist schnell klar. Obendrein erfährt man unterwegs interessan­te Dinge: Ohne Golfkauder­welsch geht zum Beispiel nichts (siehe Kasten Seite 24). Und wer nicht gleich in den Fettnapf treten will, muss sich an Regeln halten. So sollte man sein Telefon ausschalte­n und nicht reden oder sich bewegen, wenn ein anderer zum Schlag ansetzt. Außerdem lobt man einen guten Schlag und hilft dem Mitspieler bei der Suche nach dem Ball, sollte dieser im Rough gelandet sein. Auch latscht man nicht durch die Puttlinie auf dem Green.

„Respektvol­l miteinande­r umgehen, das lernt man auf dem Golfplatz“, meint Jeannine Rehlinger. Und sie setzt noch einen drauf: Golf sei ein Sport für charakters­tarke Menschen. „Manche versuchen zu bescheißen. Sie zählen die Schläge absichtlic­h falsch oder finden plötzlich ihren Ball, obwohl der in die Pampa gegangen ist“, plaudert sie aus dem Nähkästche­n. Manche würden den Ball auch mit dem Fuß schubsen, wenn keiner hinschaut, um ihn in eine

Respektvol­l miteinande­r umgehen und den Charakter bilden

 ?? Fotos: Wiltrud Schwetje ?? Die Anlage des Lauro Golf in Alhaurín de la Torre begeistert durch ihre naturbelas­sene Umgebung und herrliche Ausblicke.
Fotos: Wiltrud Schwetje Die Anlage des Lauro Golf in Alhaurín de la Torre begeistert durch ihre naturbelas­sene Umgebung und herrliche Ausblicke.
 ??  ?? Der Eingang der Golfanlage hat Hacienda-Charme.
Der Eingang der Golfanlage hat Hacienda-Charme.
 ??  ?? Jeannine Rehlinger ist seit Jahrzehnte­n eine passionier­te Golfspiele­rin.
Jeannine Rehlinger ist seit Jahrzehnte­n eine passionier­te Golfspiele­rin.

Newspapers in German

Newspapers from Spain