Gigantische Sondermüllkippe
Direkt vor der Stadt Huelva liegt eine 1.200 Hektar große Industriemüllhalde mit giftigen und radioaktiven Stoffen
Dunkle Regenwolken hängen am Himmel. Ein übelriechender und beißender Gestank steigt vom schlammigen Boden auf. Schon beim ersten Atemzug stellen sich Würgereiz und der Wunsch nach einer Atemmaske ein.
In der Zone zwei der „Balsas de Fosfoyesos“(dt. Phosphorgipsbecken) in Huelva sind Angestellte des Düngemittelherstellers Fertiberia gerade dabei, mit schweren Maschinen irgendwelche Arbeiten auszuführen. Schilder weisen darauf hin, dass der Zutritt für Unbefugte verboten ist. Das Haupttor wird von mehreren Kameras überwacht. Es hat viel geregnet in den vergangenen Tagen, vom Gelände der Phosphorgipsbecken, die sich mitten im Feuchtgebiet am Fluss Río Tinto befinden – und die eigentlich aus Sicherheitsgründen über ein „geschlossenes System“ verfügen sollten –, fließt eine undefinierbare Brühe in breiten Rinnsalen an einem öffentlichem Weg entlang. Immer in Richtung Stadt oder direkt in den Fluss gen Meer.
Huelva an der spanischen Ostküste hat knapp 146.000 Einwohner und erstreckt sich auf 149 Quadratkilometern. Und nur knapp 500 Meter vom Wohnviertel Pérez Cubillas und einen Kilometer vom Zentrum entfernt, befindet sich eine Industriemüllhalde, die so groß ist wie die Stadt selbst. In diesen „Balsas de Fosfoyesos“haben Unternehmen wie Fertiberia und Atlantic Copper/Freeport-McMoran – ebenso wie andere bereits geschlossene Betriebe – in den vergangenen Jahrzehnten ohne jegli- che Kontrolle und mit dem Einverständnis der Behörden rund 120 Millionen Tonnen Phosphorgips sowie andere toxische und radioaktive Stoffe entsorgt. Auf einem Gebiet von 1.200 Hektar und zwischen acht und 25 Metern hoch.
„Alles vollkommen illegal“, sagt der Geologe Dr. José Manuel Cantó Romera, „die Lizenz der Küsten-Generaldirektion erlaubt nur 2,5 Meter, plus einen halben Meter Erde darüber. Zudem gilt die Genehmigung ausschließlich für die Deponierung von Phosphorgips und nicht für andere giftige Chemieabfälle.“Cantó kennt das Gelände wie seine Westentasche, zwischen 1990 und 1993 war er Technischer Direktor der Umweltagentur von Huelva. Dann wurde er von seinem Arbeitgeber, der andalusischen Landesregierung, wegen seiner Aufmüpfigkeit für fünf Jahre suspendiert, davon drei ohne Bezüge.
David gegen Goliath
Mitte der 1990er Jahre hat Cantó den Kampf „David gegen Goliath“aufgenommen, dank ihm wurden Fertiberia und Atlantic Copper viermal erfolgreich verklagt. Während die Mühlen der Justiz langsam mahlten, wurde er von Industriefirmen und Politikern beschimpft, bedroht und als Lügner