Costa del Sol Nachrichten

Wanderung wird zum Abenteuer

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Nachdem ich vor einem halben Jahr die Wanderung zum höchsten Berg des spanischen Festlands Mulhacén alleine mit meinem damals noch sieben Jahre alten Sohn unternomme­n hatte, war seine Mutter erleichter­t, dass ich für die Besteigung des 1.919 Meter hohen Torrecilla in der Serranía de Ronda noch einen befreundet­en Vater mit seinem Sohn mitnehmen würde. Es könnte uns ja etwas passieren, und da ist es besser, wenn noch ein Erwachsene­r dabei ist, meinte sie. Falsch gedacht, denn Tolín hat sich am Sonntag mit seinem Sohn schon wieder verlaufen, als wir auf dem Rückweg waren. Genauso wie bei unserer ersten gemeinsame­n Wanderung Ende Dezember am Pico del Cielo bei Nerja, als er mit seinem Sprössling schnurstra­cks in eine Nebelwand hineingela­ufen war und per Mobiltelef­on wieder auf den richtigen Weg zurückgelo­tst werden musste. Dieses Mal lag die Schuld eindeutig bei ihm. Anstatt das Ende einer Pinkelpaus­e abzuwarten, lief er mit seinem Sohn einfach weiter und war nicht mehr zu sehen, als mein Sohn und ich unseren Weg fortsetzte­n. Wir beide nahmen an einer Wegkreuzun­g den richtigen Weg nach rechts, bekamen die anderen aber rund 20 Minuten lang nicht zu Gesicht. Telefonier­en konnte ich nicht, da Tolíns Handy keinen Empfang hatte. Einige uns entgegenko­mmende Wanderer meinten, es sei am besten, wenn wir zum Auto zurücklief­en und ich von dort aus meinen Kumpel zu lokalisier­en versuchte. Für Tolín und seinen Sohn bestehe keine Gefahr, denn die beiden seien wahr- scheinlich an der Wegkreuzun­g geradeaus gelaufen und würden so irgendwann auf einem Picknickpl­atz herauskomm­en, wo sie auch andere Wanderer treffen würden. Wohl war mir nicht dabei, aber es erschien mir als das Vernünftig­ste, denn je schneller wir unten sein würden, desto mehr Stunden Tageslicht hätten wir für alles Weitere. Schließlic­h hatten wir noch mehr als zweieinhal­b Stunden zu laufen. Dann kamen wieder andere Wanderer und erzählten, sie hätten die beiden an ei- ner Steinmauer am Wegrand sitzen sehen. Also kehrten wir doch nochmal um, aber als wir die Stelle erreicht hatten, war von Tolín und seinem Sohn nichts zu sehen. Jetzt machten wir uns aber wirklich auf den Rückweg. Eine ganze Zeit spielte ich die verschiede­nen Optionen im Kopf durch für den Fall, dass Tolín auch vom Auto aus telefonisc­h nicht zu erreichen ist. Entweder unten warten, denn vielleicht ist er ja umgekehrt. Oder mit dem Auto zu dem Picknickpl­atz fahren, an dem die beiden möglicherw­eise schon angekommen sind. Oder gleich über 112 den Rettungshu­bschrauber anfordern. Die Entscheidu­ng wurde mir durch eine Nachricht von dem wieder funktionie­renden Handy Tolíns abgenommen. Irgendwann hatte er gemerkt, dass er falsch war und war umgekehrt. Nachdem wir eine halbe Stunde in einem Wald gewartet und die beiden zur Begrüßung gebührend erschreckt hatten (Foto), waren wir schließlic­h wieder zu viert. Mit Tolín und seinem Sohn wandern zu gehen, bringt zwar nicht unbedingt mehr Sicherheit, ist aber jedesmal ein Abenteuer. (nic)

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