Marsch der kleinen Biester
Alle Jahre wieder: Die Brennhaare der Prozessionsspinnerraupe gefährden Mensch und Tier
Málaga – red. Immer wieder zu Anfang eines Jahres trifft man sie in bewaldeten Regionen an: Die Prozessionsspinnerraupen verlassen ihre Nester und gehen auf Wanderschaft. Was für jemanden, der keine Ahnung hat, vielleicht kurios oder gar niedlich anmutet – wenn die Raupen so in Reih und Glied hintereinander über Boden, Äste und alles, was ihnen in den Weg kommt, marschieren –, ist für den erfahrenen Spaziergänger Grund, sich einen anderen Weg zu suchen, um die kleinen Tiere zu meiden.
Denn wer mit ihren nesselnden Haaren in Kontakt kommt, darf sich auf eine unangenehme Überraschung gefasst machen. Die Haare der Prozessionsspinnerraupen sind giftig und können bei Mensch wie Tier heftige allergische Reaktionen auslösen.
Wenn also weiße Nester wie Beutel an den Enden von Kiefernästen hängen, ist es ratsam, einen großen Bogen um den Baum zu machen. Denn diese Nadelbäume sind von der Procesionaria del pino befallen. Bei der Procesionaria del
pino handelt es sich um Raupen eines unscheinbaren grauen Falters, des Thaumetopoea pityocampa, des Prozessionsspinners. Zu dessen Familie gehören etwa 100 verschiedene Arten wie zum Beispiel der Eichenprozessionsspinner, der Kiefernprozessionsspinner und der in warmen Mittelmeerländern besonders häufig vorkommende Pinienprozes- sionsspinner.
Der Falter fliegt von Mitte Juni bis Ende August. In dieser Zeit setzen die Weibchen Eigelege an den Pinien- beziehungsweise Kiefernnadeln ab, und das bevorzugt bei jungen Bäumen. Zwischen Januar und Februar schlüpfen die Larven, die in großen Kolonien sechs Entwicklungsstadien durchlaufen. Gleich im ersten Stadium fertigen die Raupen in den Ästen seidig schimmernde Kokons an, die ihnen als Unterschlupf dienen. Tagsüber gehen sie auf Fresstour, knabbern sich an den frischen Pinienknospen satt – und lassen dabei keine aus, sie fressen ganze Äste kahl. Sobald es kühler wird, kehren die Raupen heim in den weißen Beutel.
Warum der Name Prozessionsspinner? Bei ihrem Beutezug bewegen sich die Tiere – wie in einer Prozession – in einer langen Reihe, immer eins hinter dem anderen, Gesicht an Po. Nach dem sechsten Larvenstadium im Frühling tauschen die Raupen den Baum mit dem Boden, wo neue Kokons gebaut werden, in denen sie sich anschließend verpuppen.
Vorsicht, Brennhaare!
Für Tiere und auch Menschen ist gerade die Zeit zwischen Januar und April die gefährlichste. Während dieser Phase sind die Raupen stets auf Wanderschaft. Die Gefahr geht von den Brennhaaren, den sogenannten Setae, aus. Diese Härchen bilden sich ab dem dritten Larvenstadium. Die Setae enthalten das Eiweißgift Thaumatopoein, das aus biogenen Aminen, Enzymen und phenolischen Substanzen besteht. Die Brennhaare sitzen auf den hinteren Segmenten der Raupen und können sogar aktiv ausgeschleudert werden. Man schätzt, dass eine einzige Raupe bis zu 600.000 dieser Setae besitzt, die sich zudem auch durch den Wind verbreiten können.
Trifft nun ein solches Brennhaar einen Menschen oder ein Tier, kommt es zu einer unangenehmen und teilweise gefährlichen Reaktion. Selbst eine kurze Berührung der Nester, die voll mit Haaren sind, löst stärksten Juckreiz aus, der binnen kurzer Zeit zu einem Hautausschlag führen kann.
Besonders gefährdet sind Tiere, die am Boden schnüffeln. Denn die Schleimhäute von Maul und Nase sind sehr empfindlich. Daher sollte der Hundehalter in dieser Jahreszeit in Pinien- und Kiefernwäldern auf seinen Vierbeiner achtgeben. Reibt der Hund Schnauze und Nase ständig am Boden und schwellen Zunge oder Kopf stark an, sind das erste Anzeichen für einen wahrscheinlichen Kontakt mit den Prozessionsspinnerraupen. Als weitere Symptome können sich Schwindel, Fieber, Augenentzündungen, Asthmaanfälle, Erstickungsgefahr und Schock entwickeln.