Katalanen in der Sackgasse:
Im März mehr Gegner als Befürworter der Abspaltung – Ein Referendum aber wollen viele
Ministerpräsident Mariano Rajoy rief das Verfassungsgericht an, um Passagen im katalanischen Haushalt zu streichen, die mit dem Referendum zu tun haben
Barcelona/Madrid – ck. Der spanische Regierungschef Mariano Rajoy hat das Verfassungsgericht (TC) angerufen, um die Posten im katalanischen Haushalt streichen zu lassen, die mit dem Referendum zu tun haben. Dieses Referendum kann nicht legal abgehalten werden, und die Staatsanwaltschaft wird sehr genau beobachten, welche Schritte unternommen werden, und gegebenenfalls sofort unterbunden werden müssen.
Nicht noch einmal sollen so fadenscheinige Argumente angeführt werden können, wie sie der ehemalige Regionalchef Artur Mas zu seiner Verteidigung benutzte. Er habe nicht gewusst, dass die Bürgerbefragung am 9. November 2014 untersagt worden war – so etwa argumentierte Mas. Auf die Unverfrorenheit fiel das Gericht nicht herein und verhängte ein Berufsverbot. Am Dienstag, 4. April, hob das TC im Eilverfahren den katalanischen Haushalt auf.
Carles Puigdemont, Nachfolger von Mas und aktueller Ministerpräsident Kataloniens, macht derweil fröhlich weiter. Das Referendum soll im September stattfinden. Sollte gegen die Abspaltung von Spanien entschieden werden, trete er zurück und rufe Landtagswahlen aus.
Die Frage, die die Katalanen beantworten sollen, könnte in etwa lauten: „Wollen Sie, dass Katalonien ein unabhängiger Staat ist? Wollen Sie, dass Katalonien eine unabhängige Republik ist? Wollen Sie, dass Katalonien weiterhin zu Spanien gehört?“Die endgültige Formulierung hänge von den Verhandlungen mit der Madrider Regierung ab, sagte Puigdemont dem Nachrichtensender Al Jazeera.
Obwohl auch Rajoy immer wieder Dialogbereitschaft signalisiert, ist doch klar, dass die Abhaltung eines einseitigen Referendums nicht verhandelbar ist. Puig- demont ist in einer Sackgasse. Die spanische Verfassung sieht nicht vor, dass eine Region eine Volksbefragung durchführt und schreibt die Einheit des Staates fest. Es ist ausgeschlossen, dass die katalanischen Sezessionisten durchkommen mit ihrem Vorhaben.
Inzwischen wächst die Ablehnung der Abspaltungspläne, wie die Zeitung „El País“berichtet. Das Zentrum für Meinungsforschung (CEO) der Regionalregierung legt ein Stimmungsbarometer vor. Darin zeigt sich, dass die Kluft zwischen Befürwortern und Gegnern eines eigenen Staates im März größer wurde. 48,5 Prozent waren gegen die Trennung von Spanien, 44,3 Prozent dafür.
Zwar war im Juni 2015 die Kluft noch größer: 50 Prozent dagegen und 42,9 Prozent dafür, seit Oktober 2015 war die Differenz aber weitgehend zusammengeschrumpft, um jetzt erstmals wieder auf 4,2 Prozentpunkte zu steigen.
Möglicherweise schüren die laufenden Korruptionsprozesse mit illegaler Finanzierung der katalanischen Langzeit-Regierungspartei Convergència und die Berufsverbote für katalanische Separatisten einen gewissen Überdruss bei der Bevölkerung.
Verbotenes Referendum
Zum illegalen Referendum geben allerdings 50,3 Prozent der 1.500 Befragten ihre Zustimmung, 43,3 Prozent würde für die Unabhängigkeit stimmen, 22,2 Prozent dagegen. 23,3 Prozent wollen nur eine legale Befragung. 22,7 Prozent sind gegen ein Referendum, 20,7 Prozent wollen sich enthalten.