Zankapfel Gibraltar
Nach britischer EU-Austrittserklärung soll Sondergipfel Ende April Lösung für Landzipfel finden
London/Madrid – dpa/ck. Erwartungsgemäß gibt es Ärger um die britische Enklave in Andalusien: Gibraltar. Großbritannien pochte am Sonntag auf seine Ansprüche auf das Überseegebiet und verwies Spanien in seine Schranken. Vor über 300 Jahren wurde das Territorium formell den Briten zugesprochen, aber Spanien strebt eine geteilte Souveränität an – erst recht nach der EU-Austrittserklärung Großbritanniens. Für die 32.000 Einwohner und Zehntausende Arbeitsmigranten muss eine Lösung gefunden werden.
London wolle gemeinsam mit Gibraltar für das „bestmögliche Ergebnis“bei den Brexit-Verhandlungen arbeiten, sagte Premierministerin Theresa May in einem Telefonat mit dem Regierungschef der Enklave, Fabián Picardo. Sie werde es nicht zulassen, dass Gibraltar gegen den Willen der Ein- wohner unter andere Kontrolle gerate, betonte May mit Blick auf Besitzansprüche Madrids.
Picardo zeigte sich in Interviews zuversichtlich, dass Großbritannien für Gibraltar kämpfen werde. Der frühere Vorsitzende der Konservativen Partei, Michael Howard, hält es nach britischen Medienberichten sogar für möglich, dass May zu einem Waffengang zur Verteidigung Gibraltars bereit sei. Emily Thornberry von der oppositionellen Labour-Partei nannte seinen Kommentar aufrührerisch.
Bei den Brexit-Gesprächen soll die spanische Regierung ein Vetorecht bei Entscheidungen über Gi- braltar bekommen. Dies geht aus einem am vergangenen Freitag veröffentlichten EU-Entwurf für die Verhandlungsleitlinien hervor. Während London und Gibraltar den Vorschlag scharf kritisierten, äußerte Madrid sich zufrieden.
Gibraltar werde weder ein politisches Pfand noch Opfer beim Austritt aus der Europäischen Union werden, sagte Picardo dem britischen Nachrichtensender Sky News. Die Leitlinien erlaubten Spanien, „Briten auf Gibraltar zu diskriminieren“und eigene Ziele zu verfolgen. Auch der britische Außenminister Boris Johnson sagte Gibraltar im Kurznachrichtendienst Twitter seine volle Unterstützung zu.
Der spanische Außenminister Alfonso Dastis sagte der Zeitung „El País“(Sonntag), sein Land beabsichtige nicht, nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU die Grenze zu Gibraltar zu schließen. „Wir möchten, dass die Spanier, die außerhalb Gibraltars leben und in Gibraltar arbeiten, dies auch weiter tun können.“
Regierungssprecher Iñigo Méndez de Vigo betonte, dass der Gibraltar-Vorschlag in den Leitlinien sein Land sehr zufriedenstelle. Nicht nur die konservative Regierungspartei PP von Mariano Rajoy, sondern auch die oppositionellen Sozialisten und die liberale Partei Ciudadanos seien sich einig, dass sich nun neue Möglichkeiten mit Blick auf den Landzipfel auftäten.
Für den 29. April ist ein EUSondergipfel in Brüssel angesetzt. Dort sollen die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden EUStaaten die Verhandlungsleitlinien beschließen. Pro Jahr besuchen etwa zehn Millionen Urlauber Gibraltar, das auch „Affenfelsen“genannt wird.
Spanische Regierung soll Vetorecht bei Entscheidungen über Gibraltar bekommen