Fließende Grenze
Foto-Ausstellung „Frontera liquida“in Benalmádena lädt zur Zeitreise ins vergangene Jahrhundert ein
Marokko liegt direkt vor Andalusiens Haustür, bei gutem Wetter hat man freien Blick auf den afrikanischen Kontinent. Von Tarifa aus sind es gerade Mal 14 Kilometer bis nach Tanger, und einmal im Norden Marokkos angekommen, sprechen viele Menschen Spanisch. Das hat einen Grund: 1912 sicherten die französischen Kolonialherren, die Einfluss in fast ganz Marokko hatten, Spanien ein Protektorat zu. Formell bestand wie in Französisch-Marokko die Autorität des Sultans weiter, doch nachdem die aufständischen Berber den Rifkrieg verloren hatten, übernahmen militärische Oberbefehlshaber die Regierungsgeschäfte. Hauptstadt von Spanisch-Marokko war damals Tetuán. Erst Ende der 1950er Jahre wurden Französisch-Marokko und Spanisch-Marokko in die Unabhängigkeit entlassen.
Visuelle Erinnerung
Die Ausstellung „Frontera Liquida – Memoria visual Andalucía-Marruecos“im Ausstellungszentrum von Benalmádena will an diese Zeit erinnern und die historischen Verbindungen zwischen Marokko und Andalusien aufzeigen und für die Nachwelt dokumentieren.
Fast 130 Schwarz-Weiß-Fotos aus den 1940er und 1950er Jahren erzählen über das soziale und politische Leben im Marokko dieser Epoche. „Die geographische Entfernung zwischen Andalusien und Marokko ist gering, aber Sitten und Bräuche, die uns historisch verbinden und Teil unserer gemeinsamen Vergangenheit sind, sind zahlreich“, erklärte der ehemalige andalusische Kulturminister Luciano Alonso im Vorwort des Ausstellungskatalogs.
Die eindrucksvollen Fotos stammen aus dem Archiv der General-Bibliothek von Tetuán. Diese wurden digitalisiert und aus etwa 45.000 Aufnahmen, die zwischen 1860 und 1956 entstanden, ausgewählt. Die Ausstellung ist in drei Bereiche aufgeteilt: Politik und Verwaltung, Architektur und Städtebau, Gesellschaft und Brauchtum. Durch die Präsentation dieser wertvollen fotografischen Zeitzeugnisse wolle man die Öffent- lichkeit für die kulturellen Gemeinsamkeiten zwischen Andalusien und Nordmarokko sensibilisieren, erklärte die Direktorin des Centro de Exposiciones Benalmádena, María Ángeles Bernils, bei der Eröffnung der Ausstellung Ende März.
Soziales und politisches Leben
In den drei Sälen der Galerie kann der Besucher eintauchen in die Lebensart und Geschichte des nördlichen Marokkos. Die Fotos zeigen Menschen, Landschaften, Architektur oder traditionelle Feste, sie erzählen über das Alltagsleben in Städten oder Dörfern und halten wichtige politische Ereignisse während des Protektorats fest. Selbst das deutsche Luftschiff Graf Zeppelin, das am Himmel über Tetuán schwebte, wurde abgelichtet.
Die Ausstellung „Frontera Liquida“ist Teil des Projekts Rimar (Recuperación de la Memoria Visual Andalucía-Marruecos), wurde vom andalusischen Kulturministerium ins Leben gerufen und durch das EU-Programm Feder kofinanziert. Realisiert werden konnte es durch die Unterstützung des Instituto Andaluz del Patrimonio Histórico (IAPH), des Centro Andaluz de la Fotografía (CAF) und der marokkanischen Kulturdirektion für die Region Tánger-Tetuán. Die interessante Ausstellung läuft noch bis zum 18. Juni.