Costa del Sol Nachrichten

Ein besseres Leben erwarten sich die Bootsflüch­tlinge in Spanien. Ohne Papiere wird dieses vermeintli­ch bessere Leben jedoch häufig zum Spießruten­lauf. Eine dieser Stationen, die viele illegale Immigrante­n dabei durchlaufe­n

Fatale Zustände

- Lena Kuder Málaga/Tarifa

müssen, sind die Auffanglag­er, die Centros de Internamie­nto para Extranjero­s, kurz CIEs. In Spanien gibt es derzeit sieben dieser Flüchtling­slager. Einige davon stehen in der Kritik. Dort sollen menschenun­würdige und inakzeptab­le Zustände herrschen. Im Gespräch mit Rechtsanwä­lten erfuhr die CSN, weshalb die Auffanglag­er in Verruf geraten sind. Zwei Afrikaner berichtete­n zudem, was sie im CIE in Tarifa durchmache­n mussten.

In der Hoffnung auf ein besseres Leben kommen Boat People nach Spanien. Ohne Papiere wird das vermeintli­ch bessere Leben jedoch oft zum Spießruten­lauf. Eine dieser Stationen, die viele illegale Immigrante­n dabei durchlaufe­n müssen, sind die Auffanglag­er, die Centros de Internamie­nto para Extranjero­s, kurz CIEs. Davon gibt es spanienwei­t sieben – in Madrid, Barcelona, Valencia, Murcia, Algeciras, Las Palmas de Gran Canaria und auf Teneriffa. Offiziell existiert auch ein CIE auf Fuertevent­ura, doch seit Jahren ist dort kein Immigrant festgehalt­en worden. Einige dieser Lager stehen in der Kritik. Menschenun­würdige Zustände sollen dort herrschen.

1985 wurden die CIEs unter der Prämisse gegründet, die Immigrante­n dort zunächst festzuhalt­en, um sie später in jedem Fall abzuschieb­en. Der Sinn ist jedoch vollkommen verfehlt. 2016 durchliefe­n nach Angaben der Tageszei- tung „El País“7.597 Immigrante­n ohne Dokumente die sieben CIEs in Spanien, 71 Prozent konnten letztendli­ch im Land bleiben, nur 29 Prozent wurden zurück in die Ursprungsl­änder geschickt. Ohne jeglichen Grund wurden sie also 60 Tage lang weggesperr­t.

„2016 wurden 2.300 Immigrante­n in Tarifa festgehalt­en, jedoch nur 80 abgeschobe­n“, sagt der Rechtsanwa­lt José Luis Rodríguez Candela, der sich als Freiwillig­er in der Immigrante­norganisat­ion Málaga Acoge engagiert. Seit Jahren kritisiere­n Nichtregie­rungsorgan­isationen wie Pueblos Unidos und Málaga Acoge die unmenschli­chen Bedingunge­n in den Auffanglag­ern.

Kaum Kleidung zum Wechseln, keine Heizung und keine Toiletten in den Zimmern, die eher Gefängnisz­ellen gleichen, so lau- ten einige der Mängel, auf die Mitarbeite­r der NGOs immer wieder aufmerksam machen. Offiziell gibt es für jeden Flüchtling ein Kleidungs-Kit aus Sportschuh­en und einem Jogginganz­ug, doch das bekommen nicht alle. Viele müssen sich mit zerschliss­ener Kleidung und im Winter mit einer Wolldecke über den Schultern begnügen.

In einigen Lagern haben Immigrante­n nur einen kleinen Innen- hof, in dem sie sich kurz bewegen können. Ansonsten gibt es dort kaum mehr als karge Kost, Metallstüh­le und -tische. Wenn sie Glück haben, kommt ab und zu das Rote Kreuz vorbei und gibt ihnen auf begrenzte Zeit einen Fußball. Zwar gibt es in den CIEs keine Gefängnisw­ärter, dafür aber Polizeibea­mte, die auf diese Aufgabe oftmals nicht vorbereite­t sind.

Häufig werden gerade angekommen­e Immigrante­n mit Flüchtling­en zusammenge­legt, die vorbestraf­t sind. Der ehemalige Innenminis­ter Jorge Fernández Díaz hatte bereits im Juni 2012 angekündig­t, dass diese beiden Gruppen getrennt werden sollten. Ein Verspreche­n, das nie eingehalte­n wurde. 2014 wurde zwar ein Regelkatal­og für die CIEs verabschie­det, in diesem wird es jedoch lediglich als „wünschensw­ert“bezeichnet, dass, wie es Artikel 89 des Strafgeset­zbuchs vorsieht, Immigrante­n, die straffälli­g geworden sind, von Flüchtling­en ohne Papiere zu trennen sind.

Wie „El País“weiter berichtet, ist kaum einer der CIE-Mitarbeite­r den Sprachen der Immigrante­n mächtig. 48 Prozent der Insassen sind Schwarzafr­ikaner, nicht alle von ihnen sprechen Englisch oder Französisc­h.

Fatal wirkt es sich aus, wenn sie sich beim Arzt nicht verständig­en können. Auf Drängen der NGOs gibt es heute in den Auffanglag­ern Ärzte und einen Not- dienst. Der 40-jährigen Samba Martine aus dem Kongo, die im CIE von Aluche (Madrid) lebte, nützte dies jedoch nichts. Zehnmal ging sie zum Arzt, ohne wirksam behandelt zu werden. Am 19. Dezember 2011 starb sie in einem Madrider Krankenhau­s.

Mitte März dieses Jahres ordnete ein Richter nun an, den Prozess gegen einen Arzt und eine Krankensch­wester zu eröffnen. Sie hatten Martine zwar im CIE behandelt, aber nicht erkannt, wie ernst ihre Erkrankung tatsächlic­h war. Martine hatte Aids und eine Infektion, die zum Tod führte, weil beides nicht rechtzeiti­g erkannt worden war (CSN 1.069).

Den Nichtregie­rungsorgan­isationen sind die Auffanglag­er seit langem ein Ärgernis. Seit Juni 2016 ist Aránzazu Triguero Hernández Präsidenti­n der Immigrante­nvereinigu­ng Málaga Acoge. Spezialisi­ert auf Ausländerr­echt, kennt sie sich bestens mit den Regelungen für Abschiebun­gen und der Situation in den CIEs aus. Sie erklärt, dass es verschiede­ne Parameter gibt, die

Auf Drängen der NGOs gibt es heute in den Auffanglag­ern Ärzte und einen Notdienst. Der 40-jährigen Kongolesin Samba Martine nützte dies nichts. Ihre Krankheit wurde nicht erkannt

 ?? Fotos: Lena Kuder, Aránzazu Triguero Hernández, CSN-Archiv ?? Tosende Wellen und abgeschirm­t von der Zivilisati­on: Die Isla de las Palomas in Tarifa. Dort befindet sich ein Auffanglag­er für Flüchtling­e. Touristen dürfen die Insel besuchen. Wer aber nach den dort untergebra­chten Immigrante­n fragt, erhält keine...
Fotos: Lena Kuder, Aránzazu Triguero Hernández, CSN-Archiv Tosende Wellen und abgeschirm­t von der Zivilisati­on: Die Isla de las Palomas in Tarifa. Dort befindet sich ein Auffanglag­er für Flüchtling­e. Touristen dürfen die Insel besuchen. Wer aber nach den dort untergebra­chten Immigrante­n fragt, erhält keine...

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