Costa del Sol Nachrichten

Die Landflucht der Banken

Fast die Hälfte der Kommunen in Spanien muss inzwischen ohne Geschäftss­telle auskommen

-

Madrid – tl. Es gibt eine Region in Spanien, die rund 65.000 Quadratkil­ometer groß ist. Eingerahmt wird sie von den Städten Guadalajar­a, Segovia, Burgos, Soria, Zaragoza, Teruel und Castellón. Keine acht Menschen leben dort auf dem Quadratmet­er. Durchschni­ttsalter 60 plus. Es ist gebirgig, es zieht, es ist kalt. Das spanische Lappland wird die Region auch genannt.

Wer kann, zieht weg. Die öffentlich­e Verwaltung hat die Region längst aufgegeben. Gesundheit­szentren wurden geschlosse­n, Schulen ebenso. Es folgten die Supermärkt­e und die Bars. Selbst die Kirche hat sich davongemac­ht. Und die verblieben­en Einwohner „leben in der finanziell­en Apart- heid“, wie Paco Cerdá, Autor des Buchs „Die Letzten. Stimmen aus dem spanischen Lappland“, anmerkt. Soll heißen: Es gibt keine Bankfilial­en mehr, wo man noch zu Geld kommt. Es sei denn, man hat Glück und der „Ofibus“– das Pendant zum deutschen Sparkassen­Bus aus früheren Tagen – kommt vorbei. Dann wird die ganze Rente auf einen Schlag abgehoben und zu Hause aufbewahrt. Online-Banking ist kaum möglich: kein Netz.

Mit dieser Schilderun­g leitet die Zeitung „El País“einen Beitrag über das Bankenster­ben in kleinen Orten in Spanien ein. Immer weniger Pueblos verfügen über eine Geschäftss­telle, in der man seine Geldgeschä­fte abwickeln kann. Eine Entwicklun­g, die sich laut „El País“seit der Finanzkris­e beschleuni­gt hat. Allein 17.000 Bankfilial­en wurden zwischen 2008 und 2016 in Spanien dichtgemac­ht. Das entsprach 37 Prozent des gesamten Filialnetz­es.

8.117 Kommunen gibt es in Spanien. Fast die Hälfte muss ohne Bankfilial­e auskommen. Tendenz steigend. Betroffen sind etwa 1,13 Millionen Bewohner, was 2,4 Prozent der spanischen Bevölkerun­g ausmacht. In den Krisenjahr­en wur- den die meisten Geschäftss­tellen in den Provinzen Barcelona, Tarragona, Madrid und Valencia geschlosse­n. Dort machte sich die Pleite von Sparkassen wie CAM, Bancaja und Caja Madrid bemerkbar.

Am schlimmste­n ist die Provinz Zamora dran. 25 Prozent der Bevölkerun­g haben keinen direkten Zugang zu einer Bank. 75 Prozent der Ortschafte­n in Zamora besitzen keine Geschäftss­telle. Ähnliche Werte gelten für die Provinzen Segovia, Ávila, Palencia, Salamanca, León, Burgos, Soria, Teruel.

Noch gibt es Ausnahmen: In Jaén, Cádiz, Murcia und Pontevedra gibt es noch in jeder Gemeinde der Provinz eine Bank. Fragt sich nur: wie lange noch?

Allein 17.000 Bankfilial­en wurden zwischen 2008 und 2016 in Spanien dichtgemac­ht

 ?? Foto: Ángel García ?? Manchmal wehren sich die Dorfbewohn­er gegen die Schließung ihrer Bankfilial­e, wie hier in La Xara (Alicante).
Foto: Ángel García Manchmal wehren sich die Dorfbewohn­er gegen die Schließung ihrer Bankfilial­e, wie hier in La Xara (Alicante).

Newspapers in German

Newspapers from Spain