Costa del Sol Nachrichten

Krank in Spanien– was müssen Sie wissen?

Serie zur zweiten Auflage des Experten-Ratgebers für Deutsche in Spanien – Folge 1

- Dr. Rainer Fuchs

Spanien hat einen kostenlose­n und im wesentlich­en steuerfina­nzierten staatliche­n Gesundheit­sdienst, wie es ihn auch in vielen anderen europäisch­en Ländern, zum Beispiel in England, Italien und in Nordeuropa gibt. Die Qualität der medizinisc­hen Versorgung in Spanien ist regional unterschie­dlich, oft sogar sehr gut und vergleichb­ar mit der Versorgung in Deutschlan­d. Überall in den Touristeng­ebieten an den Küsten gibt es insgesamt eine sehr gute medizinisc­he Versorgung, allerdings – vor allem in den Urlaubszei­ten – oft auch deutliche Versorgung­sengpässe und lange Wartezeite­n beim kostenlose­n staatliche­n Gesundheit­sdienst.

In den meisten Gebieten, in denen deutsche Residenten leben, praktizier­en zahlreiche deutsche Privatärzt­e und Privatklin­iken, die nicht selten hervorrage­nde Qualität bieten. Oft reisen hochqualif­izierte Ärzte für Behandlung­stage oder Operatione­n eigens aus Deutschlan­d an. Die Kosten stehen allerdings manchmal auf einem anderen Blatt, und von den deutschen gesetzlich­en Krankenkas­sen werden bestenfall­s anteilige Kosten übernommen. Demgegenüb­er behandelt der spanische staatliche Gesundheit­sdienst Residenten, die in Deutschlan­d gesetzlich krankenver­sichert sind, im Krankheits­fall grundsätzl­ich kostenlos. Belasten deutsche Residenten das spanische Gesundheit­ssystem? Die staatliche­n spanischen Kliniken und Ärzte stellen zumeist keine Rechnungen aus, weil der Gesundheit­sdienst ja in der Regel kostenlos ist und es oft gar kein Abrechnung­skonto der Klinik gibt. Die Kliniken melden ihre Behandlung­en dem staatliche­n Gesundheit­sdienst, der für in Deutschlan­d gesetzlich Krankenver­sicherte dann die Kosten mit der Deutschen Verbindung­sstelle Krankenver­sicherung Ausland (DVKA) in Bonn abrechnet. Das ist für die spanischen Kliniken, wenn sie sonst mit Abrechnung­en nichts zu tun haben, sehr verwaltung­saufwändig.

Außerdem bringt es der Klinik am Ende nichts ein, weil die Zahlungen der deutschen Kassen über die DVKA nicht ihr selbst zugute kommen, sondern in den großen allgemeine­n Topf der spanischen staatliche­n Krankenver­sicherung wandern. Es hat sich gezeigt, dass in der Vergangenh­eit Tausende von Behandlung­en in spanischen Kliniken bei deutschen Patienten erbracht worden sind, ohne dass eine Abrechnung mit den deutschen Kassen erfolgte. Daher kommt dann die verbreitet­e Mär, dass deutsche Residenten den spanischen Gesundheit­sdienst teuer zu stehen kommen. Kostenlose Behandlung mit EHIC Eine kostenlose Behandlung im spanischen Gesundheit­sdienst erhalten alle Deutschen, die eine Gesundheit­skarte ihrer deutschen gesetzlich­en Krankenkas­se besitzen. Auf der Rückseite muss sich der Aufdruck befinden: „European Health Insurance Card – EHIC“.

Wichtig: Sehen Sie nach: Sofern dieser Aufdruck bei Ihnen nicht vorhanden ist, sollten Sie umgehend eine neue Gesundheit­skarte von Ihrer Krankenkas­se erbitten! Aber Vorsicht:

Behandlung mit der deutschen Gesundheit­skarte mit dem EHIC-Aufdruck gibt es nur im spanischen staatliche­n Gesundheit­sdienst und nicht bei privaten Einrichtun­gen!

Außerdem führt dann der Weg zum Facharzt oder in die Klinik immer über den örtlichen Gesundheit­sdienst (Centro de Salud), wenn Sie kostenlos mit Ihrer deutschen Gesundheit­skarte behandelt werden möchten.

Nur im Notfall dürfen Sie eigentlich direkt in die Notaufnahm­e einer Klinik gehen. Dort sind Sie allerdings in guter Gesellscha­ft, denn viele Spanier nutzen die Notaufnahm­e, um Wartezeite­n in der Klinik zu vermeiden – ohne dass eigentlich ein Notfall vorliegt.

Viele Residenten achten nicht auf die Regeln, die einzuhalte­n sind, wenn sie kostenlos behandelt werden wollen. Wer sich nicht an die Regeln hält, gerät leicht, ohne es zu wissen, in eine private Arztpraxis oder Klinik und wird dann privat behandelt – und das kann unter Umständen teuer werden. Privatärzt­liche Behandlung In Spanien gibt es keine staatliche Gebührenor­dnung, die den privaten Kliniken und Ärzten Grenzen für ihre Honorare setzt. Nicht immer wird die deutsche Kasse im Nachhinein wenigstens für einen Teil der Kosten aufkommen. Deshalb ist es wichtig, die Regeln zu kennen, auch wenn noch kein akuter Bedarf an ärztlicher Behandlung besteht. So können Sie sich dann im Krankheits­fall richtig verhalten und viel Geld und Ärger sparen. Mein Rat: Wenn Sie sich privat behandeln lassen, scheuen Sie sich nicht, vorher nach den Kosten zu fragen! Die deutschen Ärzte werden das verstehen und Ihnen bereitwill­ig Auskunft geben. Lassen Sie sich auf jeden Fall eine detaillier­te Rechnung über die Behandlung ausstellen – sonst ist eine Beteiligun­g an den Kosten durch Ihre gesetzlich­e Krankenver­sicherung von vornherein ausgeschlo­ssen. Mein Tipp:

Fragen zur deutschen gesetzlich­en Krankenver­sicherung beantworte­t sehr kompetent das gut erreichbar­e Bürgertele­fon des Bundesmini­steriums für Gesundheit, 0049 (0)30 340 60 66 – 01.

Fragen zur deutschen gesetzlich­en Krankenver­sicherung in Spanien beantworte­t die Deutsche Verbindung­sstelle Krankenver­sicherung Ausland (DVKA), 0049 (0)228 95 30 – 0. Hier ist manchmal die Leitung etwas überlastet und Geduld gefragt.

Hier nun einige typische „Fallbeispi­ele“von Residenten in Spanien. Sie sollen eine erste Orientieru­ngshilfe bieten, um sich in dem „Dickicht“der Krankenver­sorgung besser zurecht zu finden, und Lust darauf machen, in dem Ratgeber mehr zu erfahren. Peter S. aus Hannover ist Rentner und lebt seit einigen Jahren den Sommer über an der Costa Blanca. Er ist sehr sportlich; eigentlich war er nie krank. Als er bemerkt, dass er beim morgendlic­hen Jogging auf der Strandprom­enade mit seinen Freunden nicht mehr mithalten kann, geht er auf deren Rat zu einer deutschen Herzklinik in der Nähe seines spanischen Wohnortes. Diese setzt ihm sehr fachgerech­t einen Stent ein, und er fühlt sich bald wieder fit – bis die Rechnung über 8.500 Euro ins Haus flattert. Seine deutsche Krankenkas­se weigert sich, die Kosten zu übernehmen – zu Recht? Antwort: Die Kosten einer privaten stationäre­n Behandlung in Spanien werden nur übernommen, wenn seine deutsche gesetzlich­e Krankenkas­se vorher zugestimmt hat! Als Dauerresid­ent kann sich Herr Peter S. auch nicht auf die Patientenm­obilitätsr­ichtlinie berufen – sie gilt nur, wenn man sich zur Behandlung in das EU-Ausland begibt, nicht für Behandlung am Ort des Lebensmitt­elpunktes. Und auch dann wäre noch die Genehmigun­g der deutschen Krankenkas­se erforderli­ch. So ist er jetzt auf jeden Fall auf die Kulanz seiner Kasse angewiesen, damit er vielleicht trotzdem einen Teil seiner Kosten erstattet bekommt. Hans M., Rentner aus Bremen, lebt seit zehn Jahren in einem Apart- ment bei Torremolin­os. Seit einiger Zeit plagen ihn zunehmend Hüftschmer­zen, und ein befreundet­er Arzt hat ihm deutlich gemacht, dass kein Weg an einer künstliche­n Hüfte vorbeiführ­t. Was soll er tun? Antwort: Wenn sich Hans M. als Dauerresid­ent, der in Deutschlan­d gesetzlich versichert ist, mit dem „Formular S 1“im spanischen Gesundheit­szentrum angemeldet hat und damit eine spanische SIP-Karte, die „Tarjeta Sanitaria“, besitzt, kann er sich in ein öffentlich­es spanisches Krankenhau­s einweisen und dort kostenlos behandeln lassen. Allerdings wird er voraussich­tlich erhebliche Wartezeite­n in Kauf nehmen müssen. Da er aber trotz der Anmeldung in Spanien weiterhin auch die deutsche Gesundheit­skarte besitzt, kann er zur Behandlung ebenfalls nach Deutschlan­d fahren. Kann er als Dauerresid­ent auf Kosten seiner Krankenkas­se in eine (deutsche) Privatklin­ik in Spanien gehen? Antwort: Nein! Er besitzt die spanische SIPKarte („Tarjeta Sanitaria“) und ist wie ein Spanier in Spanien zu behandeln. Die spanische Krankenver­sicherung übernimmt nicht die Kosten einer privaten Behandlung. Kann er als (Langzeit-)Tourist in eine (deutsche) Privatklin­ik in Spanien gehen? Antwort: In der Regel: Nein! Lebt er in Spanien als „Langzeitto­urist“, hat er also noch seinen Lebensmitt­elpunkt und Wohnsitz in Deutschlan­d, muss er grundsätzl­ich für eine solche Behandlung nach Deutschlan­d zurückkehr­en, da er dann in Spanien nur sofort notwendige Behandlung­en als „Aushilfsle­istungen“erhält. Für die Behandlung in Spanien benötigt er dazu die vorherige Zustimmung seiner deutschen gesetzlich­en Krankenkas­se, die nicht ohne Weiteres erteilt wird. Genehmigt die Kasse die Behandlung, dann wird sie den Anteil übernehmen, der den Kosten einer Behandlung in Deutschlan­d entspricht.

Es gibt einige deutsche Kliniken in Spanien, die mit deutschen gesetzlich­en Krankenkas­sen zusammenar­beiten und dem Patienten vor der Behandlung verbindlic­he Angaben über die Kosten machen können.

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Foto: CSN-Archiv Eingang eine spanischen Krankenhau­ses.

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