Krank in Spanien– was müssen Sie wissen?
Serie zur zweiten Auflage des Experten-Ratgebers für Deutsche in Spanien – Folge 1
Spanien hat einen kostenlosen und im wesentlichen steuerfinanzierten staatlichen Gesundheitsdienst, wie es ihn auch in vielen anderen europäischen Ländern, zum Beispiel in England, Italien und in Nordeuropa gibt. Die Qualität der medizinischen Versorgung in Spanien ist regional unterschiedlich, oft sogar sehr gut und vergleichbar mit der Versorgung in Deutschland. Überall in den Touristengebieten an den Küsten gibt es insgesamt eine sehr gute medizinische Versorgung, allerdings – vor allem in den Urlaubszeiten – oft auch deutliche Versorgungsengpässe und lange Wartezeiten beim kostenlosen staatlichen Gesundheitsdienst.
In den meisten Gebieten, in denen deutsche Residenten leben, praktizieren zahlreiche deutsche Privatärzte und Privatkliniken, die nicht selten hervorragende Qualität bieten. Oft reisen hochqualifizierte Ärzte für Behandlungstage oder Operationen eigens aus Deutschland an. Die Kosten stehen allerdings manchmal auf einem anderen Blatt, und von den deutschen gesetzlichen Krankenkassen werden bestenfalls anteilige Kosten übernommen. Demgegenüber behandelt der spanische staatliche Gesundheitsdienst Residenten, die in Deutschland gesetzlich krankenversichert sind, im Krankheitsfall grundsätzlich kostenlos. Belasten deutsche Residenten das spanische Gesundheitssystem? Die staatlichen spanischen Kliniken und Ärzte stellen zumeist keine Rechnungen aus, weil der Gesundheitsdienst ja in der Regel kostenlos ist und es oft gar kein Abrechnungskonto der Klinik gibt. Die Kliniken melden ihre Behandlungen dem staatlichen Gesundheitsdienst, der für in Deutschland gesetzlich Krankenversicherte dann die Kosten mit der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) in Bonn abrechnet. Das ist für die spanischen Kliniken, wenn sie sonst mit Abrechnungen nichts zu tun haben, sehr verwaltungsaufwändig.
Außerdem bringt es der Klinik am Ende nichts ein, weil die Zahlungen der deutschen Kassen über die DVKA nicht ihr selbst zugute kommen, sondern in den großen allgemeinen Topf der spanischen staatlichen Krankenversicherung wandern. Es hat sich gezeigt, dass in der Vergangenheit Tausende von Behandlungen in spanischen Kliniken bei deutschen Patienten erbracht worden sind, ohne dass eine Abrechnung mit den deutschen Kassen erfolgte. Daher kommt dann die verbreitete Mär, dass deutsche Residenten den spanischen Gesundheitsdienst teuer zu stehen kommen. Kostenlose Behandlung mit EHIC Eine kostenlose Behandlung im spanischen Gesundheitsdienst erhalten alle Deutschen, die eine Gesundheitskarte ihrer deutschen gesetzlichen Krankenkasse besitzen. Auf der Rückseite muss sich der Aufdruck befinden: „European Health Insurance Card – EHIC“.
Wichtig: Sehen Sie nach: Sofern dieser Aufdruck bei Ihnen nicht vorhanden ist, sollten Sie umgehend eine neue Gesundheitskarte von Ihrer Krankenkasse erbitten! Aber Vorsicht:
Behandlung mit der deutschen Gesundheitskarte mit dem EHIC-Aufdruck gibt es nur im spanischen staatlichen Gesundheitsdienst und nicht bei privaten Einrichtungen!
Außerdem führt dann der Weg zum Facharzt oder in die Klinik immer über den örtlichen Gesundheitsdienst (Centro de Salud), wenn Sie kostenlos mit Ihrer deutschen Gesundheitskarte behandelt werden möchten.
Nur im Notfall dürfen Sie eigentlich direkt in die Notaufnahme einer Klinik gehen. Dort sind Sie allerdings in guter Gesellschaft, denn viele Spanier nutzen die Notaufnahme, um Wartezeiten in der Klinik zu vermeiden – ohne dass eigentlich ein Notfall vorliegt.
Viele Residenten achten nicht auf die Regeln, die einzuhalten sind, wenn sie kostenlos behandelt werden wollen. Wer sich nicht an die Regeln hält, gerät leicht, ohne es zu wissen, in eine private Arztpraxis oder Klinik und wird dann privat behandelt – und das kann unter Umständen teuer werden. Privatärztliche Behandlung In Spanien gibt es keine staatliche Gebührenordnung, die den privaten Kliniken und Ärzten Grenzen für ihre Honorare setzt. Nicht immer wird die deutsche Kasse im Nachhinein wenigstens für einen Teil der Kosten aufkommen. Deshalb ist es wichtig, die Regeln zu kennen, auch wenn noch kein akuter Bedarf an ärztlicher Behandlung besteht. So können Sie sich dann im Krankheitsfall richtig verhalten und viel Geld und Ärger sparen. Mein Rat: Wenn Sie sich privat behandeln lassen, scheuen Sie sich nicht, vorher nach den Kosten zu fragen! Die deutschen Ärzte werden das verstehen und Ihnen bereitwillig Auskunft geben. Lassen Sie sich auf jeden Fall eine detaillierte Rechnung über die Behandlung ausstellen – sonst ist eine Beteiligung an den Kosten durch Ihre gesetzliche Krankenversicherung von vornherein ausgeschlossen. Mein Tipp:
Fragen zur deutschen gesetzlichen Krankenversicherung beantwortet sehr kompetent das gut erreichbare Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit, 0049 (0)30 340 60 66 – 01.
Fragen zur deutschen gesetzlichen Krankenversicherung in Spanien beantwortet die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA), 0049 (0)228 95 30 – 0. Hier ist manchmal die Leitung etwas überlastet und Geduld gefragt.
Hier nun einige typische „Fallbeispiele“von Residenten in Spanien. Sie sollen eine erste Orientierungshilfe bieten, um sich in dem „Dickicht“der Krankenversorgung besser zurecht zu finden, und Lust darauf machen, in dem Ratgeber mehr zu erfahren. Peter S. aus Hannover ist Rentner und lebt seit einigen Jahren den Sommer über an der Costa Blanca. Er ist sehr sportlich; eigentlich war er nie krank. Als er bemerkt, dass er beim morgendlichen Jogging auf der Strandpromenade mit seinen Freunden nicht mehr mithalten kann, geht er auf deren Rat zu einer deutschen Herzklinik in der Nähe seines spanischen Wohnortes. Diese setzt ihm sehr fachgerecht einen Stent ein, und er fühlt sich bald wieder fit – bis die Rechnung über 8.500 Euro ins Haus flattert. Seine deutsche Krankenkasse weigert sich, die Kosten zu übernehmen – zu Recht? Antwort: Die Kosten einer privaten stationären Behandlung in Spanien werden nur übernommen, wenn seine deutsche gesetzliche Krankenkasse vorher zugestimmt hat! Als Dauerresident kann sich Herr Peter S. auch nicht auf die Patientenmobilitätsrichtlinie berufen – sie gilt nur, wenn man sich zur Behandlung in das EU-Ausland begibt, nicht für Behandlung am Ort des Lebensmittelpunktes. Und auch dann wäre noch die Genehmigung der deutschen Krankenkasse erforderlich. So ist er jetzt auf jeden Fall auf die Kulanz seiner Kasse angewiesen, damit er vielleicht trotzdem einen Teil seiner Kosten erstattet bekommt. Hans M., Rentner aus Bremen, lebt seit zehn Jahren in einem Apart- ment bei Torremolinos. Seit einiger Zeit plagen ihn zunehmend Hüftschmerzen, und ein befreundeter Arzt hat ihm deutlich gemacht, dass kein Weg an einer künstlichen Hüfte vorbeiführt. Was soll er tun? Antwort: Wenn sich Hans M. als Dauerresident, der in Deutschland gesetzlich versichert ist, mit dem „Formular S 1“im spanischen Gesundheitszentrum angemeldet hat und damit eine spanische SIP-Karte, die „Tarjeta Sanitaria“, besitzt, kann er sich in ein öffentliches spanisches Krankenhaus einweisen und dort kostenlos behandeln lassen. Allerdings wird er voraussichtlich erhebliche Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Da er aber trotz der Anmeldung in Spanien weiterhin auch die deutsche Gesundheitskarte besitzt, kann er zur Behandlung ebenfalls nach Deutschland fahren. Kann er als Dauerresident auf Kosten seiner Krankenkasse in eine (deutsche) Privatklinik in Spanien gehen? Antwort: Nein! Er besitzt die spanische SIPKarte („Tarjeta Sanitaria“) und ist wie ein Spanier in Spanien zu behandeln. Die spanische Krankenversicherung übernimmt nicht die Kosten einer privaten Behandlung. Kann er als (Langzeit-)Tourist in eine (deutsche) Privatklinik in Spanien gehen? Antwort: In der Regel: Nein! Lebt er in Spanien als „Langzeittourist“, hat er also noch seinen Lebensmittelpunkt und Wohnsitz in Deutschland, muss er grundsätzlich für eine solche Behandlung nach Deutschland zurückkehren, da er dann in Spanien nur sofort notwendige Behandlungen als „Aushilfsleistungen“erhält. Für die Behandlung in Spanien benötigt er dazu die vorherige Zustimmung seiner deutschen gesetzlichen Krankenkasse, die nicht ohne Weiteres erteilt wird. Genehmigt die Kasse die Behandlung, dann wird sie den Anteil übernehmen, der den Kosten einer Behandlung in Deutschland entspricht.
Es gibt einige deutsche Kliniken in Spanien, die mit deutschen gesetzlichen Krankenkassen zusammenarbeiten und dem Patienten vor der Behandlung verbindliche Angaben über die Kosten machen können.