Apokalyptische Atmosphäre
Grautöne, Raketen und Gasmasken: Das Centro de Arte Contemporáneo zeigt derzeit Werke des chinesischen Künstlers Jia Aili
Málaga – lk. Hilflos und verzweifelt wirken die Menschen in den Werken des chinesischen Künstlers Jia Aili (1979, Dandong, Lianing, China). Noch bis zum 18. Juni zeigt das Centro de Arte Contemporáneo (CAC) in Málaga 28 Arbeiten des zeitgenössischen Künstlers. Kurator der Schau ist der Direktor des CAC, Fernando Francés. Aili ist einer der wichtigsten chinesischen Nachwuchskünstler. Die Schau bietet einen Querschnitt seines künstlerischen Schaffens, das 2007 begann. Ausgestellt sind kleinformatige Bilder und monumentale Gemälde. Sie alle spiegeln die Veränderungen der chinesischen Gesellschaft seit der Jahrtausendwende wider.
Aili wohnt heute in Peking und gehört zu jener Generation, die den wirtschaftlichen Aufschwung Chinas besorgt verfolgt, da der Fortschritt mit dem Verlust der Traditionen und Werte in der chinesischen Gesellschaft einhergeht. Es handelt sich um eine Künstlergeneration, deren Anhänger wegen der Ein-Kind-Gesellschaft und des stark ausgeprägten Individualismus dazu neigen, als Einzelgänger durchs Leben zu gehen. Diese Le- bensform ist in den Bildern Ailis wiederzufinden. In seinen in Blauund Grautönen gehaltenen Werken dominiert ein monochromatischer Stil. Dieser ist stark beeinflusst von der westlichen Malerei und den Stilrichtungen Romantik, Symbolismus und Surrealismus.
Seine Maltechnik ist inspiriert von klassischen Künstlern wie Miguel Ángel oder Caravaggio. Auch Einflüsse anderer Maltraditionen, wie jener des sozialistischen Realismus, sind in seinen Werken zu erkennen.
Folgen des Fortschritts
Intensität und Pathos seiner Bilder erinnern an Maler der Romantik, während die unwirtlichen, trostlosen Landschaften und verlassene Fabriken seine persönliche Lebenserfahrung zeigen. Aili hat als Student in Teixi in Shenyang ge- lebt. Durch den Verfall der Stadt wurden Ende der 80er- und 90er Jahre viele Jugendliche arbeitslos. In seinen Werken beschäftigt sich Aili mit den Naturgewalten, dem wissenschaftlichen Fortschritt, den negativen Auswirkungen der Industrialisierung, der Natur des Menschen und der Verletzlichkeit jedes Einzelnen in einer Gesellschaft, die sich im ständigen Wandel befindet. In Ailis Werken tau- chen Astronauten, Raketen und Satelliten auf. Hierin zeigt sich die Faszination des Künstlers für den technischen Fortschritt und den damit verbundenen Möglichkeiten. Zugleich tragen die Figuren Gasmasken und Helme zum Schutz, so als wolle Aili vor den Abgründen der menschlichen Existenz und den negativen Folgen des Materialismus warnen. Immer wieder taucht in seinen Werken das Thema Einsamkeit auf. Seine geheimnisvollen Bilder zeigen post-apokalyptische Landschaften, in denen der Mensch als Einzelgänger und mysteriöse Figur umherwandelt, so als sei er sich all der ihn umgebenden Gefahren bewusst. Eine mystische Reise, die zum Nachdenken anregt über die Welt, in der wir heute leben.