Costa del Sol Nachrichten

Der Fall der geraubten Kinder

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Schätzungs­weise 30.000 Kinder wurden nach dem Bürgerkrie­g und in den Jahren danach unter der Franco-Diktatur unmittelba­r nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und an regimetreu­e Familien gegeben. Den Müttern, oft Republikan­erinnen, wurde weisgemach­t, ihr Kind sei unmittelba­r nach der Geburt gestorben.

Später stellte sich heraus, dass die Praxis des Kindesraub­s die Franco-Diktatur überlebte und in Einzelfäll­en sogar bis in die 90er Jahre des vergangene­n Jahrhunder­ts zu verfolgen war. Meist geschahen die Taten mit Hilfe von willigen Ärzten und Krankensch­western, darunter etlichen Nonnen. Überhaupt leistete die katholisch­e Kirche in vielen Fällen Beihilfe etwa mit der Ausstellun­g von falschen Geburtsurk­unden. So kamen adoptionsw­illige Ehepaare an ein Kind.

2008 rückte Ermittlung­srichter Baltasar Garzón den Skandal ins Licht der Öffentlich­keit. Er erklärte die Fälle des Kindesraub­s als Verbrechen gegen die Menschlich­keit. Damit fielen die Taten nicht unter eine Verjährung. Gleichzeit­ig ordnete Gar- zón an, mögliche Fälle zu untersuche­n, die Schuldigen zu bestrafen und den Opfern ihre wahre Identität zurückzuge­ben.

Schlagzeil­en machte der Fall der Schwester Sor María. Die Nonne leitete offenbar ein ganzes Netz von „Kinderräub­ern, starb aber 2013, bevor sie gerichtlic­h belangt werden konnte. Ein offenbar beteiligte­r Arzt wartet noch immer auf sein Urteil.

Als später gegen Garzón ein Berufsverb­ot verhängt wurde, schlief die Aufarbeitu­ng der Taten zunächst ein. 2011 kam wieder Bewegung in den Fall, als über die Nationale Vereinigun­g der Betroffene­n von irreguläre­n Adoptionen 261 Personen Anzeige erstattete­n. Inzwischen liegen sogar fast 3.000 Anzeigen vor.

Da der juristisch­e Weg aber teuer ist und der Staat wenig Bereitscha­ft zur Unterstütz­ung zeigt, fühlen sich die Betroffene­n alleingela­ssen. Deshalb wurde der Petitionsa­usschuss des Europaparl­aments angerufen. Eine Kommission war unlängst in Madrid und wird einen Bericht über die Lage verfassen. (tl)

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Foto: CBN-Archiv Demonstrat­ion von Betroffene­n.

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