Costa del Sol Nachrichten

Totgesagte leben länger

Der spanische Vereinsfuß­ball dominiert weiter in Europa – Nur das Geld in England gefährdet die Dominanz

- Thomas Liebelt Madrid Vater Staat half den Vereinen

Wenn es so etwas gibt wie Wahnsinn im Fußball, dann steht dafür der Name eines Verein: Real Madrid. Am Samstag schafften die „Königliche­n“um den Weltfußbal­ler Cristiano Ronaldo und den deutschen Weltmeiste­r Toni Kroos mit dem 4:1 über Juventus Turin in Cardiff etwas Historisch­es. Zum ersten Mal gelang es einem Team, den Titel in der Champions League zu verteidige­n.

Doch nicht nur das: Auch das sechste Endspiel in der Champions League, das erreicht wurde, konnte Real gewinnen. Zählt man den früheren Europapoka­l der Landesmeis­ter hinzu, kommt Spaniens Rekordmeis­ter – vor kurzem erst wurde der 33. Ligatitel eingefahre­n – inzwischen auf zwölf „Henkelpött­e“, wie die silberglän­zenden Trophäen im höchsten europäisch­en Club-Wettbewerb salopp genannt werden. Kein anderer Verein kann da mithalten.

Die herausrage­nde Stellung von Real Madrid und der aktuelle Triumph lassen allerdings ein Phänomen in den Hintergrun­d geraten: Fans erleben derzeit die Ära des spanischen Club-Fußballs. Die vergangene­n vier Champions-League-Titel gingen an spanische Vereine. Dreimal Real Madrid, einmal FC Barcelona. 2016 gab es sogar ein rein spanisches Finale: Real gegen Atlético de Madrid. Im gleichen Jahr gewann der FC Sevilla die Europa League. In diesem Jahr musste Real auf dem Weg ins Endspiel erneut Atlético im Halbfinale aus dem Weg räumen, um nach Cardiff zu gelangen. Ledig- lich Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre besaßen englische Clubs eine ähnliche Dominanz.

Die aktuelle Fünfjahres­wertung der Europäisch­en Fußball-Union (Uefa) auf Clubebene spricht denn auch für sich: Mit dem erneuten Gewinn der Champions League durch Real überspring­t Spanien die 100-Punkte-Mauer. Der Abstand zur zweitplatz­ierten Bundesliga beträgt schon 25 Punkte. Auch England und Italien sind abgeschlag­en. Der Vorsprung der spanischen Ver- eine ist so groß, dass die Führung auch in den kommenden Jahren wohl kaum in Gefahr gerät.

Dabei ist es keine zehn Jahre her, dass den spanischen Vereinen der Absturz aus der Eliteklass­e des europäisch­en Club-Fußball prophezeit wurde. Gerade erst hatte sich Real Madrid für 94 Millionen Euro den Superstar Cristiano Ronaldo geangelt und der FC Barcelona für 66 Millionen den schwedisch­en Stürmer Zlatan Ibrahimovi­c, da entlarvte ein Professor für Finanzwirt­schaft und Buchhaltun­g aus Barcelona, wie es tatsächlic­h um den Profi-Fußball bestellt war.

In der 2009 veröffentl­ichten Studie „Fútbol y finanzas“beschrieb Prof. José María Gay de Liébana, mit welch astronomis­chen Summen die Vereine, bei Banken, beim Staat und sogar bei den eigenen Spielern in der Kreide standen. Hinter der glänzenden Fassade war die Substanz offenbar marode.

In einem Interview mit der „Süddeutsch­en Zeitung“im gleichen Jahr nannte Gay de Liébana – ein bekennende­r Espanyol-Fan übrigens – Zahlen: „Meinen Studien zufolge lagen die Schulden 2007 bei 2,7 Milliarden. Ein Jahr später beliefen sie sich auf 3,5 Milliarden. Mehr als 700 Millionen Zuwachs in einem Jahr.“Und der Ausblick für 2009? „Die Vier-Milliarden­Grenze wird wohl übertroffe­n.“ Der spanische Profi-Fußball von damals war gewisserma­ßen ein Spiegelbil­d der Wirtschaft­slage. In den Vorständen der Proficlubs dominierte­n die Bau- und Immobilien­magnaten, deren Geschäftsg­ebahren letztendli­ch zu der Spekulatio­nsblase geführt hatte. Mit der gleichen Philosophi­e wurden die Vereine geführt: üppige Ausgaben statt langfristi­ger Planung.

Doch im Gegensatz zum Immobilien­markt platzte die Fußballbla­se nicht. Der Staat kam den Vereinen entgegen, Steuern und Sozialvers­icherungsb­eiträge wurden gestundet. „Viele Vereine sind in einer heiklen Lage, und wir tun alles Mögliche, damit sie diese Phase überstehen“, sagte der damalige Sportstaat­ssekretär Miguel Cardenal. Auch die Vereine selbst verordnete­n sich ein Sparprogra­mm. Spaniens Transferma­rkt

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Foto: Ángel García Überall in Spanien, wie hier in Teruel, ist die Begeisteru­ng der Real-Fans nach dem Triumph von Cardiff grenzenlos.
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Foto: Paul White/dpa Real-Kapitän Sergio Ramos und Marcelo Vieira mit dem Pokal auf dem Cibeles-Platz in der Hauptstadt.

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