Im Sommer: Sardinen
Die Qualität der „blauen Prinzen“hängt von ihrer Frische ab und wann man sie konsumiert
„Gut zu essen muss nicht unbedingt heißen, viel Geld dafür auszugeben, sondern zu wissen, was man isst, wann man es isst und wie man es zubereitet.“So schreibt der katalanische Schriftsteller Josep Pla und schwärmt von Sardinen, über der Holzglut gegrillt, mit einer leichten Vinaigrette aus gutem Olivenöl und einer Idee Weinessig... „Dann ist die Mai-Sardine der beste Meeresfisch, besser als alle, die man in dieser fabelhaften Jahreszeit kennt.“
Obwohl man Sardinen das ganze Jahr über bekommt, geht die Saison im Mai, Juni los und dauert bis September. Man sagt übrigens, die besten werden gefangen in der Zeit von Virgen zu Virgen (Jungfrau zu Jungfrau) – vom 16. Juli, dem Día del Carmen, bis zum 15. August, dem Día de la Asunción.
Dann schnellt der Konsum der Sardinen in die Höhe, die mittlerweile mit den Sterneköchen Sergi Arola und Ferran Adrià als Vorreiter in die gehobene Gastronomie Einzug gehalten haben. Und das obwohl ihnen der Ruf anhaftet, einer der übelriechendsten Meeresbewohner zu sein. Doch das war einmal. Heute kommt Fisch sehr schnell und gekühlt auf den Markt. Es gilt die Regel der drei „f“: „fresca, fría und frita“, also frisch kaufen, kühl halten und dann – braten.
Vielleicht kam wegen des Gestanks früher deshalb das Sardinenbraten im Freien auf, die „Sardinada“stellte nicht nur ein gesellschaftliches Ereignis dar, sondern war gleichzeitig auch sehr praktisch. Oft werden die Fische, wenn sie klein sind, nicht einmal ausgenommen, sondern im Ganzen über der Glut von trockenem Eichen-, Reb- oder Orangenbaumholz gegrillt. Zum Schluss, schon auf dem Teller, wirft man nur ein bisschen grobes Meersalz drüber und gibt einen Schuss mildes Olivenöl dazu.
Sardinen sind in allen Regionen Spaniens sehr beliebt und werden auf die unterschiedlichste Weise zubereitet. Außer im Ganzen in der Glut, auf dem Rost, aufgespießt (en espeto) oder im Salzbett werden Sardinen aber auch gefüllt gegart, mariniert oder frittiert, mit Reis gegessen oder auf einen Teigfladen (Coca) gelegt. Dafür muss man sie aber extra vorbereiten: Auf der Bauchseite mit einem scharfen Messer vom Schwanz zum Kopf hin aufschneiden. Den Sardinenkopf zurückbiegen, dass sich die Kiemen öffnen, gerade dort anfassen und in einem Rutsch mit Daumen und Zeigefinger den Fisch ausnehmen. Fürs Grillen auf Rost oder Platte bleiben Kopf, Schwanzflosse, Haut und Mittelgräte dran. Beim Marinieren werden nur die Filets verwendet. Zum Füllen etwa bleibt der Schwanz dran; so können die Filets noch zusammenhängen.
Einzige Bedingung fürs Gelingen eines Sardinengerichts: Sie müssen saftig bleiben, dürfen ihr Fett nicht verlieren, denn das gibt ihnen den einzigartigen Geschmack und ihr Aroma. Da bietet sich auch das Garen in einer Papierhülle an, wodurch die Fische erstens nicht riechen und zweitens all ihre gesunden, guten Eigenschaften bewahren: Man salzt die geschuppten und gewaschenen Sardinen, wickelt sie in Alufolie und gibt sie für ungefähr zehn Minuten in den 250 Grad heißen Ofen.
Eine andere Idee, allerdings nicht so weit verbreitet, ist die einer Paté: Man püriert eine Dose Sardinen und vermischt die Masse mit Zitrone, Senf, Salz, Pfeffer und Frischkäse.
Gut für die Nerven
Schlecht drauf, schlapp, zu hoher Blutdruck und Cholesterin? – Dagegen gibt es nach wissenschaftli- chen Studien ein ganz einfaches Mittel: fetten Fisch, zu dem unter anderem auch Sardelle, Lachs, Makrele, Hering, Forelle, Thunfisch und Co. zählen. Essenzielle Fettsäuren wie die Omega 3, die der Körper nicht selbst herstellen kann, halten Herz und Kreislauf jung, weil sie die Verengung der Blutgefäße verhindern. Blutfettwerte werden gesenkt. Entzündliche Erkrankungen wie Rheuma und Arthritis werden positiv beeinflusst. Der regelmäßige Genuss von fetten Fischen verbessert die allgemeine Durchblutung und macht unsere grauen Zellen wieder bunt.
Doch das Interessanteste brachte eine Untersuchung im Bostoner McLean-Hospital zutage: die stimmungsaufhellende Wirkung der famosen Omega-3-Fettsäuren. Wo sie fehlen, fehlt Serotonin, eine Botschaft, die uns glücklich macht, ein Stoff, der depressiven Störungen vorbeugt.
Schlussendlich spricht auch der hohe Gehalt an Vitaminen (A, D und der Gruppe B), Mineralstoffen wie Eisen, Magnesium, Kalium, Phosphor und Spurenelementen wie Selen für den regelmäßigen Verzehr des fetten Fischs. Doch um die gewünschte Wirkung zu erzielen, sollte man ihn schon mehrmals, mindestens dreimal in der Woche, essen.
Gut zu wissen, dass auch eingedoste Sardinen noch ihre wertvollen Inhaltsstoffe besitzen, die den „Pescado azul“, blauen Fisch, so gesund machen. Dabei müssen konservierte Sardinen nicht immer in Öl liegen – am besten übrigens in Olivenöl –, es gibt sie auch in Tomatensauce oder in Marinade, „Escabeche“genannt. Größere Exemplare werden auch wie unsere Salzheringe, mit denen sie verwandt sind, in Lake eingelegt.
Berühmt wurden die kleinen Fische in der Neuen Welt durch den Roman „Straße der Ölsardinen“, den der Amerikaner John Steinbeck 1945 schrieb. Riesige Sardinenschwärme, Hunderttausende von Tonnen Sardinen wurden jährlich in der „Cannery Row“zu Konserven verarbeitet, was den Ort Monterey in Kalifornien zur Sardinenhauptstadt der Welt machte – bis es in den 40er Jahren, weil überfischt, keine Exemplare mehr gab.
In Spanien hat die Sardine ihren großen Auftritt zum Ende des Karnevals. In einem Umzug, der durchs Dorf führt, wird sie symbolisch von schwarz gekleideten Frauen zu Grabe getragen. Die närrische Zeit ist vorbei. Danach spielt sie, gesalzen und getrocknet wie der Stockfisch, als Salazón in den Gerichten der Fastenzeit eine wichtige Rolle.
Zur Sardine
Der Schwarmfisch kann 15 Jahre alt und 20 bis 25 Zentimeter groß werden. Sardinen vermehren sich reichlich vom Winter bis zum Frühjahr, ihr Proteingehalt liegt dann bei 20 Prozent.
Der „Pescado azul“ernährt sich von Plankton und von Larven und Eiern anderer Fische. In den heißen Monaten kommt er an die Küsten – man spricht sowohl von der Atlantiksardine wie auch der Mittelmeersardine –, im Winter verziehen sich Sardinen in tiefe Gewässer.
Nach dem Thunfisch ist mengenmäßig die Sardine der meisteingedoste Fisch, vornehmlich verarbeitet wird er in Galicien.
Zum Schluss noch eins: Sardinen sollte man wegen ihres hohen Fettgehalts nicht einfrieren. Nach dem Auftauen sind Konsistenz und Geschmack beeinträchtigt.
Gegrillte Sardinen mit Kartoffelsalat
Für 4 Pers.: 12 neue Kartoffeln (patatas nuevas), Meersalz (sal marina), Pfeffer (pimienta), 4 EL Crème fraîche (crema de leche), 1 EL Zitronensaft (zumo de limón), 2 TL gehackter Schnittlauch und mehr zum Garnieren (cebollino), 8 kleine frische Sardinen (sardinas, geschuppt, ausgenommen ohne Mittelgräte und schmetterlingsmäßig aufgeklappt), Olivenöl (aceite de oliva), Kopfsalatherzen (cogollos), etwas klassische Vinaigrette (vinagreta), Zitronenschnitze zum Servieren
Die gesäuberten Kartoffeln in ihrer Schale in Salzwasser weich kochen. Abgießen, in eine Schüssel geben und mit dem Gabelrücken leicht zerdrücken. Abkühlen lassen.
Mit Crème fraîche, Zitronensaft und Schnittlauch vermischen und gut mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Ofengrill auf Maximum stellen. Die Sardinen mit der Haut nach oben auf ein geöltes Backblech legen und drei bis vier Minuten grillen. Umdrehen und von der anderen Seite weitere zwei bis drei Minuten braten. Sardinen vom Grill nehmen und würzen.
Ein paar Salatblätter auf jeden Teller geben, Kartoffelsalat draufgeben. Die heißen Sardinen mit der Hautseite nach oben darauf anrichten. Mit ein bisschen Vinaigrette bespritzen und unverzüglich mit Schnittlauch und Zitronenschnitzen servieren.