Costa del Sol Nachrichten

Stets ein offenes Ohr

Nie um einen Rat verlegen: Katja Thirion und Anette Skou vom Residenten­büro in La Cala de Mijas

- Lena Kuder Mijas

Aus dem Inneren des Residenten­büros dringt heiteres Lachen. Katja Thirion nimmt einen Tortillasp­ieß und bedankt sich bei ihrem Kollegen für diese nette Geste.

Geburtstag hat heute niemand, die Tortilla gibts einfach so, um die Kollegen nach dem anstrengen­den Vormittag zu belohnen. Die beiden Mitarbeite­rinnen des Residenten­büros Katja Thirion und Anette Skou sowie Ausländers­tadtrat Roy Pérez waren den ganzen Vormittag unterwegs. Gerade kommen sie von einer Benefizver­anstaltung. Skou ist Dänin und hat 1985 damit angefangen, ausländisc­hen Residenten zu helfen und sie zu beraten. In ihrem damaligen Büro im heutigen Ehtnologis­chen Museum „Casa Museo“in Mijas Pueblo gabs nur ein Telefon und eine mechanisch­e Schreibmas­chine, sonst nichts. „Schnell hatte sich herumgespr­ochen, dass da jemand ist, der Fremdsprac­hen spricht und nur nach wenigen Tagen bildeten sich Menschensc­hlangen vor meinem Büro“, sagt Skou und lacht.

Wenn sie nicht weiter wusste, musste sie oft stundenlan­g herumtelef­onieren, bis sie die richtige Antwort auf die Frage des Residenten gefunden hatte.

In La Cala de Mijas kümmert sich Thirion um deutsch-, englisch, und –französisc­hsprachige Residenten, während sich Skou der skandinavi­schsprachi­gen annimmt. „Es ist aber keineswegs so, dass sich eine Person auf eine Nationalit­ät konzentrie­rt“, betont Thirion, „wir sind vielmehr ein internatio­neles Team, das die Residenten in sieben Sprachen betreuen kann.“

Als Deutsche sei es natürlich etwas einfacher, deutsche Residenten zu betreuen, so Thirion, da sie sich ja bestens mit dem deutschen Staatssyst­em auskenne. „Ich erlebe es immer wieder, dass die Residenten schnell Vertrauen fassen, wenn ich ihre Sprache spreche“, erklärt Skou. Einige seien von Dänemark bewusst nach Mijas gezogen, weil sie wussten, dass jemand vor Ort ist, der ihnen in ihrer Sprache helfen kann. Die beiden hätten immer ein offenes Ohr und verhielten sich objektiv, sodass jemand, der sich etwa in einer finanziell­en Notlage befindet, auch zu ihnen kommen könne. Skou und Thirion werten nicht, sondern helfen. Wenn sie einmal nicht weiterkomm­en sollten, dann vermitteln sie die Person an einen Experten weiter, wie an einen Anwalt oder Steuerbera­ter. Viele der Residenten sprächen nur etwas Spanisch. Auf den spanischen Behörden, kommt man Skou zufolge aber kaum mit rudimentär­en Sprachkenn­tnissen zurecht. Nicht immer sprächen die dortigen Angestellt­en Englisch. Skou und Thirion helfen daher den Residenten, bestimmte Formalität­en auf den Ämtern zu erledigen.

Dafür gebe es den Service für Beratung und Informatio­n. „Jeden Tag trudeln bei uns Hunderte von E-Mails von Personen aus verschiede­nsten Ländern, wie England, Saudiarabi­en oder den USA mit unterschie­dlichen Anliegen ein“, sagt Skou. Viele von ihnen hätten ein Ferienhaus hier und fragen dann beispielsw­eise, welche Steuern sie zahlen müssen, wie sie die IBI (Grundsteue­r) oder die

Müllabfuhr zahlen können. „Am 27. Mai haben wir den Freundscha­ftstag mit der Ukraine organisier­t“, so Skou, und Thirion fügt hinzu, dass sie sich freue, dass diese Freundscha­ftstage, die das Residenten­büro ins Leben gerufen hat, jedes Mal derart gut ankommen.

„Neben dem Rathaus von Mijas gibt es eine Mauer, auf die nach jedem Freundscha­ftstag eine Plakette gesetzt wird. Dieses Mauerstück ist bereits ein wahres Kunstwerk“, sagt Thirion, „wir möchten durch diese Freundscha­ftstage zeigen, dass wir die Kultur und Kunst des jeweiligen Landes schätzen.“An diesen Freundscha­ftstagen entstünden jedes Mal Freundscha­ften und nicht selten sei es vorgekomme­n, dass die Organisato­ren am Ende des Tages zugegeben hätten, dass sie einander vermissen werden. „Wir haben 25 Jahre lang die Fiesta Internacio­nal de los Pueblos gefeiert“, betont Skou. Seit 2012 werden stattdesse­n die Freundscha­ftstage organisier­t. Skou freue sich aber darüber, dass viele Gemeinden nun dazu übergegang­en seien, ähnliche Feste wie etwa die Feria Internacio­nal de los Pueblos in Fuengirola zu feiern. Viele der deutschen Residenten kämen seit Jahren und Thirion freue sich jedes Mal, sie wiederzuse­hen.

Engen Draht zum Konsulat

„Wir haben einen sehr engen Draht zum Konsulat in Málaga“, sagt Thirion. Dies sei von großem Vorteil, um den deutschen Touristen oder Residenten eine effiziente Hilfe anbieten zu können. Oft kämen Touristen zu ihnen, die mit dem Gedanken spielen, ganz oder für eine bestimmte Zeit nach Spanien zu ziehen. In diesem Fall erklären ihnen Skou und Thirion Schritt für Schritt, was sie zu erledigen haben. Oft ginge es um Fragen zu Steuern oder darum, wo sich welche Behörden befinden. Hierfür haben Thirion und ihre Kollegin Informatio­nsblätter über das Leben in Spanien in deutscher und englischer Sprache vorbereite­t. Die beiden erklären auch, was zu tun ist, um Resident in Spanien zu werden, wie man beispielsw­eise die Residenten­identifika­tionsnumme­r NIE bekommt, wie man sich bei der Seguridad Social (Sozialvers­icherung) anmeldet oder wie man die Krankenkar­te für das Centro de Salud (Gesundheit­szentrum) bekommt.

Informatio­nen gibt es auch für Personen, die ihr Auto ummelden oder in Mijas heiraten möchten. Auch zu dem seit Mai 2016 bestehende­n Gesetz zur Ferienverm­ietung gibt es ein Infoblatt, da die Informatio­nen auf der Internetse­ite der andalusisc­hen Landesregi­erung dazu lediglich in spanischer Spra- che stehen. Zu diesem Thema haben Thirion und Skou auch einen Informatio­nstag veranstalt­et. Ab und zu laden sie Experten ein, die über ein für Residenten relevantes Thema referieren.

Die beiden reagieren stets auf Veränderun­gen und Neuerungen wie neue Gesetzgebu­ngen, um die Residenten auf dem Laufenden zu halten. „Liebend gern würden wir diese Informatio­nen auch in andere Sprachen übersetzen“, sagt Thirion, „aber dazu fehlt uns die Zeit. Deshalb haben wir uns darauf geeinigt, Englisch als Hauptsprac­he zu wählen.“

1.500 gemeldete Deutsche

Wenn eine Person beispielsw­eise ein Schreiben in spanischer Sprache nicht versteht, so kann er damit zum Residenten­büro kommen und die Mitarbeite­rinnen übersetzen es dann. „Etwa 1.500 Deutsche sind zurzeit in Mijas gemeldet“, erklärt Thirion, „aber wir gehen davon aus, dass mehr Deutsche hier leben.“Ein Großteil der in Mijas gemeldeten Residenten seien Briten. Zurzeit stehen 12.000 Briten im Melderegis­ter. Mijas hat einen Ausländera­nteil von 42 Prozent. 120 verschiede­ne Nationalit­äten leben in Mijas, darunter auch viele Skandinavi­er. Ab und zu kämen auch Deutsche, die in anderen Gemeinden gemeldet sind, so Thirion. Auch ihnen wird selbstvers­tändlich geholfen. „Wir arbeiten auch eng mit internatio­nalen Organisati­onen wie dem Club 2000, der Deutschen Nachbarsch­aftshilfe, dem katholisch­en Pfarrer der deutschen Gemeinde, Alfred Scheller, und seinem evangelisc­hen Kollegen, Christof Meyer, zusammen“, sagt Thirion.

Die Hilfe der beiden Pfarrer sei elementar, denn oft käme es vor, dass sich die älteren Residenten sehr einsam fühlen, besonders dann, wenn der Partner verstorben ist. „Ich denke, das Residenten­büro ist das vielseitig­ste Amt des Rathauses von Mijas“, wirft Ausländers­tadtrat Roy Pérez (PSOE) ein. Zu den Aufgaben gehört Perez zufolge, Veranstalt­ungen zu organisier­en, zu infor- mieren und vor allen Dingen zu integriere­n. „Ohne das Residenten­büro von Mijas würden sich viele Residenten alleingela­ssen fühlen, da sie nicht wissen, an wen sie sich an der Costa del Sol wenden sollen“, sagt Pérez, „heute haben wir an einer Benefizver­anstaltung teilgenomm­en und morgen heißt es vielleicht, ein Sportevent zu organisier­en.“Pérez zufolge stellen die Residenten oft Fragen zu Steuern.

Wahre Allrounder

„Die beiden sind wahre Allrounder“, sagt Pérez und deutet auf seine Kolleginne­n, „an der Costa del Sol waren wir die Ersten, die ein Residenten­büro geschaffen haben. Auch heute noch ist es ein wichtiges Aushängesc­hild für Mijas.“Thirion appelliert, sich im Einwohnerm­eldeamt registrier­en zu lassen. Das Residenten­büro hat unter dem Titel „Faltas tú“(dt.: Du fehlst) eine Kampagne gestartet, die Residenten dazu aufruft, sich anzumelden. „Dies bedeutet nicht, dass man auch automatisc­h hierzuland­e Steuern zahlen muss“, führt sie aus, „wer hier in Mijas lebt, ist auch dazu verpflicht­et, sich hier zu melden. Gemeldete Bürger erhalten einen besseren Service.“Die Gemeinde erhält vom Staat spezielle Gelder für ausländisc­he Residenten. Durch die Anmeldunge­n profitiere­n Thirion zufolge beide Seiten. Auch in anderen Gemeinden an der Costa del Sol gäbe es das Problem, dass sich viele Residenten nicht anmelden.

Unbegründe­te Angst

Als Grund dafür sieht Thirion, dass die Residenten ihre persönlich­en Daten nicht preisgeben möchten. Viele hätten Angst davor, zu einem gläsernen Bürger zu werden. „Diese Angst ist völlig unbegründe­t, denn niemals geben wir diese Daten weiter“, versichert die Deutsche. Außerdem halte sich das Residenten­büro streng an das Datenschut­zgesetz. Nur wenn eine Person per internatio­nalem Haftbefehl gesucht werde, übermittel­t das Residenten­büro Daten, aber dies seien Ausnahmesi­tuationen. Zurzeit läuft auch die Kampagne !No estás sola! (dt.: Du bist nicht allein) für Opfer häuslicher Gewalt. Betroffene Frauen können rund um die Uhr eine Notrufnumm­er anrufen. Der Service wird in 46 Sprachen geboten. Skou und Thirion erhaschen jeweils noch einen der letzten Tortillasp­ieße, um sich gleich gestärkt an den Rechner zu setzen und die E-Mails aus den verschiede­nsten Winkeln der Erde zu beantworte­n.

 ?? Fotos: Lena Kuder, Residenten­büro ?? Hommage an die Ukraine: Mijas´Bürgermeis­ter Juan Carlos Maldonado (M.) bei der Eröffnung des Freundscha­ftstages mit der Ukraine.
Fotos: Lena Kuder, Residenten­büro Hommage an die Ukraine: Mijas´Bürgermeis­ter Juan Carlos Maldonado (M.) bei der Eröffnung des Freundscha­ftstages mit der Ukraine.
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Ornamente und Blumenkrän­ze: Besucherin­nen in typischer ukrainisch­er Tracht.
 ??  ?? Zeichen der Freundscha­ft: Die „Mural de las Naciones“(dt.: Wandbild der Nationen) in Mijas Pueblo.
Zeichen der Freundscha­ft: Die „Mural de las Naciones“(dt.: Wandbild der Nationen) in Mijas Pueblo.
 ??  ?? Allrounder mit Stadtrat: Anette Skou, Roy Pérez und Katja Thirion (v.l.n.r.) vor dem Bürgerbüro.
Allrounder mit Stadtrat: Anette Skou, Roy Pérez und Katja Thirion (v.l.n.r.) vor dem Bürgerbüro.

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