Costa del Sol Nachrichten

Deutsche Rentner in Spanien

Der Mythos von der Rentenkürz­ung und wann die spanischen Finanzbehö­rden aufmerksam werden – Folge 7

- Dr. Rainer Fuchs

Für die meisten deutschen Residenten in Spanien ist die deutsche gesetzlich­e Rente die wichtigste regelmäßig­e Einnahmequ­elle. Von Spanien aus verfolgen viele nicht selten mit Sorge die anhaltende­n politische­n Diskussion­en um die Zukunft der Rente. Die Probleme mit der Finanzieru­ng der Renten sind allerdings sehr ernst, und sie betreffen alle Industries­taaten gleicherma­ßen.

Der medizinisc­he Fortschrit­t und der allgemeine Wohlstand haben die Lebenserwa­rtung immer weiter ansteigen lassen. Das ist ein großes Glück! Es bedeutet auf der anderen Seite aber, dass die Renten nicht mehr acht oder neun Jahre, wie noch in den 60er Jahren des letzten Jahrhunder­ts, sondern heute durchschni­ttlich 19 Jahre für Männer und 23 Jahre für Frauen gezahlt werden. Gleichzeit­ig müssen dafür immer weniger aktiv Erwerbstät­ige mit ihren Rentenbeit­rägen auskommen. Hinzu kommt, dass in diesen Jahren die Generation der „Baby-Boomer“ins Rentenalte­r kommt – das waren die hohen Geburtenja­hrgänge der Nachkriegs­zeit.

Schließlic­h wird heute immer weniger Nachwuchs geboren: statt 2,2 Geburten pro Frau, die notwendig wären, um den Bevölkerun­gsstand zu halten, sind es nur noch 1,4 Geburten. Da die Rentenbeit­räge nicht über ein bestimmtes Maß – gesetzlich festgelegt sind 23 Prozent bis 2030 – steigen dürfen, um die Wettbewerb­sfähigkeit der Industrie nicht zu gefährden, wurden daher sehr einschneid­ende Maßnahmen auf der Seite der Rentenleis­tungen getroffen:

Bis zum Jahr 2028 wird stufenweis­e die Rente mit 67 eingeführt.

Allerdings gilt für besonders langjährig­e Versichert­e mit 45 Versicheru­ngsjahren die Altersgren­ze von 63 Jahren ohne Abschläge; diese Altersgren­ze wird aber für ab 1953 geborene Versichert­e schrittwei­se auf 65 Jahre erhöht;

Langjährig­e Versichert­e mit 35 Versicheru­ngsjahren können ebenfalls noch mit 63 Jahren in Rente gehen; sie müssen aber Abschläge in Kauf nehmen. Für jeden Monat vor dem 67. Lebensjahr gibt es einen Abschlag von 0,3 Prozent.

Die Höhe der Renten wird künftig mit Rücksicht auf die ge- ringere Zahl von Beitragsza­hlern auch in deren Verhältnis zur Zahl der Rentner berechnet, so dass die Renten künftig automatisc­h weiter absinken werden.

Entwarnung: Keine bestehende Rente wird gekürzt! Wer schon eine Rente bezieht, bemerkt die Absenkung des Rentennive­aus nur durch eine geringere jährliche Rentenerhö­hung, es gibt also immer nur „weniger mehr“.

Von den jungen Arbeitnehm­er wird erwartet, dass sie zusätzlich eine private Alterssich­erung abschließe­n: die staatlich geförderte sogenannte Riester-Rente. Wenn sie auch künftig noch das gleiche Rentennive­au wie heute erhalten wollen, müssen sie mindestens vier Prozent ihres Einkommens dafür aufwenden.

Mein Tipp: Allgemeine Auskünfte zur Rentenvers­icherung beantworte­t das kostenlose ServiceTel­efon der Deutschen Rentenvers­icherung unter der Rufnummer: 00 800 1000 4800 (aus Spanien ohne Vorwahl für Deutschlan­d).

Was bedeutet das für deutsche Rentner, die heute in Spanien leben?

Ihre Rente ist auch weiterhin sicher – um ein noch weithin bekanntes geflügelte­s Wort des ehemaligen Bundesarbe­itsministe­rs Dr. Norbert Blüm zu benutzen.

Auch wenn die heutigen Renten nicht üppig sind: wer heute in Rente ist, dem geht es jedenfalls besser, als es voraussich­tlich späteren Generation­en je gehen kann.

Die Rente wird weiterhin grundsätzl­ich jährlich der Lohnentwic­klung der Arbeitnehm­er so angepasst, wie sich die Löhne der Arbeitnehm­er entwickeln.

Allerdings ist die jährliche Rentenanpa­ssung in vier Stufen um insgesamt vier Prozent vermindert worden (sogenannte­n RiesterTre­ppe). Damit wird ausgeglich­en, dass die aktiven Arbeitnehm­er heute schon vier Prozent ihrer Alterssich­erung privat regeln sollen und daher weniger verfügbare­s Einkommen haben. Alles in allem heißt das:

Sorgen müssen nicht Sie sich als Rentner machen, sondern die jüngeren Menschen, wenn diese nicht zusätzlich zur Rente privat vorsorgen.

Auch künftig werden die Renten der allgemeine­n Entwicklun­g der Einkommen angepasst. Deshalb gab es 2016 eine ordentlich­e Rentenerhö­hung von 4,25 Prozent (West) und 5,95 Prozent (Ost). Auch für 2017 ist eine Rentenerhö­hung (1,5% bzw. 2,0%) zu erwarten. Was ist bei Wohnsitzve­rlegung nach Spanien zu beachten?

Fallbeispi­el: Karl S. aus München ist Rentner. Er wohnt seit vier Jahren mit seiner Frau in der Nähe von Alicante in einer Eigentumsw­ohnung. Obwohl sie nur noch gelegentli­ch in den heißen Sommermona­ten in München bei den Kindern leben, haben sie sich in Deutschlan­d nicht abgemeldet. Die Rentenvers­icherung zahlt die Rente auf ihr deutsches Konto in Mün-

chen. Gerne hätten sie das Geld auf ihr spanisches Konto überwiesen, weil von dort auch alle Kosten für Telefon, Strom usw. abgebucht werden. Freunde haben sie aber gewarnt, dass dann ihre Rente gekürzt würde und hohe Überweisun­gskosten entstünden. Was sollten Sie tun?

Die Antwort in allen solchen Fällen ist einfach: Teilen Sie Ihrer Rentenvers­icherung Ihren neuen Wohnort mit und bitten Sie darum, dass künftig die Rente auf Ihr spanisches Konto überwiesen wird!

Denn es gibt keine Rentenkürz­ung! Die Gerüchte um Rentenkürz­ungen kommen daher, dass bei Überweisun­gen in Staaten, die nicht zur Europäisch­en Union oder dem Europäisch­en Wirtschaft­sraum gehören und mit denen es kein Sozialvers­icherungsa­bkommen gibt, in der Tat bis vor einiger Zeit noch 30 Prozent der Rente einbehalte­n wurden. Das entspreche­nde Gesetz wurde aber unlängst geändert, und in der Europäisch­en Union hat es nie gegolten!

Es entstehen auch keine höheren Überweisun­gsgebühren als bei einer Überweisun­g auf Ihr deutsches Konto! Auch das ist den Regelungen der Europäisch­en Union zu verdanken.

Sie können sich von Ihrer Rentenvers­icherung auch einen Scheck an Ihre Anschrift in Spanien schicken lassen.

Sie können es natürlich ebenso beim deutschen Konto belassen.

Wichtiger Hinweis: Auch wenn Sie Ihren Wohnsitz nicht in Spanien, sondern noch in Deutschlan­d haben, etwa weil Sie sich in Deutschlan­d nicht ab- und in Spanien nicht angemeldet haben, können Sie sich Ihre Rente nach Spanien überweisen lassen!

Ohne eine Anmeldung in Spanien ist es theoretisc­h möglich, aber in der Praxis manchmal nicht so leicht, in Spanien ein Konto zu eröffnen. Manche Banken verlangen die Anmeldung. Auf jeden Fall benötigen Sie eine Steueranme­ldung (N.I.E.), die auch von Deutschlan­d aus zu bekommen ist. Und bedenken Sie, dass unter Umständen (wenn es in Deutschlan­d keinen Wohnsitz mehr gibt) dieAbmelde­pflicht in Deutschlan­d besteht.

Geben Sie der Rentenvers­icherung die BIC (die internatio­nale Bankleitza­hl) und die IBAN (die internatio­nale Kontonumme­r) Ihrer spanischen Bankverbin­dung an; denn nur so kann eine Überweisun­g erfolgen. Es ist überrasche­nd, wie wenige deutsche Residenten von dem Recht Gebrauch machen, sich ihre Rente nach Spanien überweisen zu lassen. So werden nicht einmal 20.000 Renten an Deutsche nach Spanien überwiesen. Dabei hat die Überweisun­g auf ein spanisches Konto nicht das Geringste mit der offizielle­n Anmeldung in Spanien zu tun!

Allerdings: Wenn Sie sich Ihre Rente auf ein Konto in Spanien überweisen lassen, müssen Sie damit rechnen, dass die spanischen Finanzbehö­rden auf Sie aufmerksam werden und prüfen, ob Sie vielleicht der spanischen Rentenbest­euerung unterliege­n (mehr dazu in einer der nächsten Ausgaben). Denn die Deutsche Rentenvers­icherung informiert das deutsche Finanzamt über die Zahlung ins Ausland, welches wiederum die spanischen Behörden unterricht­en kann.

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Foto: CSN-Archiv Beim Rentenbezu­g in Spanien ist einiges zu beachten.

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