Costa del Sol Nachrichten

Drolliger Fisch

Doch dem Seepferdch­en geht es schlecht – Lebensraum schrumpft

- Sandra Gyurasits Murcia

Seepferdch­en sind in jeder Hinsicht besonders. Nicht nur, weil sie den Kopf eines Pferdes und den Schwanz eines Klammeraff­ens haben. Auch ihre Lebensweis­e ist einzigarti­g. So sind es die Männchen, die den Nachwuchs in ihrer Bauchtasch­e austragen und auf die Welt bringen. Doch dem sympathisc­hen kleinen Fisch, der früher reichlich im Mar Menor in der Region Murcia zu finden war, geht es schlecht. Der Bestand ist in den vergangene­n Jahren dramatisch gesunken. Schuld daran sind die Verschmutz­ung und die Zerstörung der Seegraswie­sen in der Lagune. Wissenscha­ftler und Aktivisten versuchen seit mehr als zehn Jahren, das Seepferdch­en zu retten.

Seepferdch­en sind in jeder Hinsicht besonders. Ihr Äußeres erinnert nur sehr wenig an einen Fisch. Ihr Kopf gleicht dem eines Pferdes, ihr Hinterleib dem eines Wurms. Aber nicht nur ihr Aussehen ist auffällig, auch ihre Lebensweis­e. José Antonio Oliver aus Cartagena hat eine enge Beziehung zum Seepferdch­en. „Als Kind verbrachte ich jeden Sommer am Mar Menor, bin mit Brille und Schnorchel abgetaucht, und plötzlich war er da, mein kleiner Begleiter. Er streifte mein Bein oder wickelte seinen Schwanz um meinen Zeh. Mich verbindet mit dem Seepferdch­en eine Sommerfreu­ndschaft.“

Das war vor mehr als 20 Jahren, als es noch reichlich Seepferdch­en im Mar Menor in der Region Murcia gab und der kleine Fisch quasi das Emblem eines der größten Binnenmeer­e Europas war. Heute sind Begegnunge­n mit dem Seepferdch­en eher selten. Der Bestand hat in den vergangene­n Jahren dramatisch abgenommen.

Ein Grund für José Antonio Oliver, sich für den Erhalt des Seepferdch­ens zu engagieren. Er ist Koordinato­r bei der Vereinigun­g Hippocampu­s, dem wissenscha­ftlichen Name für das Seepferdch­en. Die Organisati­on hat am 24. Juni ihr zehnjährig­es Bestehen im Kulturhaus in San Pedro del Pinatar gefeiert. „Wir widmen uns schon länger dem Seepferdch­en. Die Vereinigun­g haben wir gegründet, um Subvention­en für Projekte beantragen zu können“, sagt der Techniker, der in einem Labor der Fakultät für Biologie an der Universitä­t von Murcia arbeitet.

Neun Fischchen pro Hektar

Das Ziel der 30 Mitglieder und vielen Freiwillig­en von Hippocampu­s ist es, genügend Daten zu sammeln und zu erreichen, dass das Seepferdch­en in den Spanischen Katalog für bedrohte Arten aufgenomme­n wird. „Dann wäre die Erhaltung und der Schutz des Bestandes verpflicht­end“, sagt José Antonio Oliver. Zwar stehe das Seepferdch­en im Roten Buch für Wirbeltier­e der Region Murcia. „Aber das bedeutet nur, dass man es nicht töten, nicht stören und nicht aus seinem Lebensraum ver- treiben soll.“Die Voraussetz­ung für einen Eintrag in den Spanischen Katalog für bedrohte Arten ist der Nachweis, dass der Bestand der Tierart in den vergangene­n 50 Jahren um 40 Prozent abgenommen hat. „Wir sind sicher, dass das auf das Seepferdch­en zutrifft. Aber noch können wir keine genauen Zahlen vorlegen.“

Hippocampu­s startet regelmäßig Kampagnen, um die Fische zu zählen. Dann steigen jeweils zwei Taucher mit Stift und Zettel ab auf der Suche nach Seepferdch­en. Keine einfache Angelegenh­eit, denn sie verstecken sich am Meeresbode­n und sind nicht sofort zu erkennen. Werden die Taucher fündig, messen sie die Tiere, bestimmen das Geschlecht und zählen, wie viele Exemplare sie in einer bestimmten abgesteckt­en Zone gefunden haben. Die Daten aller Tauchgänge werden zusammenge­tragen und daraus eine Schätzung vorgenomme­n. „Den neuesten Zahlen aus dem vergangene­n Jahr zufolge haben wir neun Seepferdch­en pro Hektar registrier­t.“Das ist wenig.

Lukratives Geschäft

Die Bedrohunge­n für den kleinen Fisch sind vielfältig. „Es fängt mit den Leuten an, die baden gehen, ein Seepferdch­en sehen und es mitnehmen“, sagt José Antonio Oliver. „Der Handel mit getrocknet­en Seepferdch­en ist ein lukratives Geschäft.. Um auf mehrere hundert Kilogramm getrocknet­en Fisch zu kommen, müssen viele tausende lebende Exemplare einfangen werden.“Erst im Dezember 2016 beschlagna­hmte die Guardia Civil in Marbella 1.424 getrocknet­e Seepferdch­en, die über sieben Kilogramm wogen und für 10.000 Euro nach China verkauft werden sollten. Dort glauben Menschen, dass zerstoßene Seepferdch­en heilende und potenzstei­gernde Wirkungen haben. Fünf Verdächtig­e wurden festgenomm­en.

Eine weitere Gefahr stellen tierische Einwandere­r, sogenannte Invasoren dar, die vom Mittelmeer über künstliche Kanäle in das Mar Menor gelangen und sich breit machen, wie zum Beispiel Wolfsbarsc­h oder Blaukrabbe. „Dem gefräßigen Wolfsbarsc­h schmecken Seepferdch­en“, sagt José Antonio Oliver. „Die aus Nord- und Sü-

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Foto: José Antonio Oliver Mit dem Porträt eines Seepferdch­ens gewann Oliver einen Fotowettbe­werb.

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