Costa del Sol Nachrichten

Der Fall der Doppel-Rentner

Viele deutsche Residenten haben sowohl in Deutschlan­d als auch in Spanien gearbeitet – Folge 11 der Ratgeber-Serie

- Dr. Rainer Fuchs

Viele deutsche Residenten haben nicht nur in Deutschlan­d, sondern auch für einige Zeit in Spanien gearbeitet. Wenn das eine versicheru­ngspflicht­ige Beschäftig­ung war, dann ergibt sich daraus auch ein spanischer Rentenansp­ruch. Was ist zu beachten?

Dank der Europäisch­en Rechtsvors­chriften (Verordnung 883/2004) darf Ihnen weder in Deutschlan­d noch in Spanien ein Nachteil entstehen. Sie erhalten dann zwei Renten, eine aus Deutschlan­d und eine aus Spanien. Die Renten werden jeweils nach den nationalen Vorschrift­en des jeweiligen Landes berechnet. Aber die notwendige­n Versicheru­ngszeiten werden aus beiden Staaten zusammenge­rechnet, so als wäre das gesamte Erwerbsleb­en nur dort verbracht worden.

Damit man aber nicht doppelt begünstigt wird, werden die Rentenleis­tungen am Schluss nach dem Verhältnis der Zeiten aufgeteilt, die in dem jeweiligen Staat verbracht wurden. Das klingt schwierige­r, als es ist. In der Praxis müssen Sie keine Rentenbere­chnung machen, Sie sollten aber doch das Prinzip verstehen.

Fallbeispi­el:

Frau Renate K. aus Dresden hat 18 Jahre in Deutschlan­d als angestellt­e Altenpfleg­erin gearbeitet. 2006 ist sie mit ihrem Mann nach Jávea ausgewande­rt. Dort war sie vier Jahre als selbständi­ge Altenpfleg­erin tätig. Sie möchte sich jetzt mit 62 Jahren zur Ruhe setzen.

Zunächst mein Rat: Bei Renten aus Deutschlan­d und Spanien unbedingt die Beratungst­age der Deutschen Rentenvers­icherung in Spanien nutzen. Es gibt nur wenige Experten! In Valencia fanden Beratungst­age schon am 12. und 13. Juni 2017 statt; die Termine für 2018 können Sie ab Dezember 2017 telefonisc­h erfragen ( +49 30 865 681 44) – oder Sie fahren am 5. und 6. Oktober 2017 nach Madrid (Anmeldung erforderli­ch).

In Fällen wie dem von Frau K. gibt es einige typische spanische Besonderhe­iten:

In Spanien sind auch Selbständi­ge versicheru­ngspflicht­ig! Frau K. hat daher in Spanien Rentenvers­icherungsb­eiträge gezahlt (wenn sie sich ordnungsge­mäß angemeldet und versichert hat).

In Spanien sind gezahlte Beiträge für 15 Jahre Voraussetz­ung für eine Altersrent­e. Diese Voraussetz­ung erfüllt Frau K. nicht. Nach den europäisch­en Rechtsvors­chriften müssen aber die deutschen 18 Jahre auf die vier Jahre angerechne­t werden, so dass diese Voraussetz­ung doch als erfüllt gilt.

Die Regelalter­sgrenze für Frauen liegt in Spanien bei 62 Jahren, in Deutschlan­d stufenweis­e bei bis zu 67 Jahren. Frau K. kann daher die spanische Rente schon jetzt ungekürzt beanspruch­en, die deutsche Rente aber nur mit erhebliche­n Abschlägen von 3,6 Prozent pro vorzeitige­m Ruhestands­jahr. Sie kann aber auch den deutschen Rentenbegi­nn später eintreten lassen und dann die volle deutsche Rente beziehen.

Sehr wichtig für alle Deutschen, deren Lebensmitt­elpunkt in Spanien liegt:

Wer mehr als ein Jahr in Spanien gearbeitet und Rentenansp­rüche aus Spanien erworben hat, fällt als Rentner automatisc­h in die ausschließ­liche Zuständigk­eit der spanischen Krankenver­sicherung. Allerdings nur, wenn der Lebensmitt­elpunkt in Spanien liegt – in der Regel wird dies anzunehmen sein, wenn mehr als 183 Tage im Jahr in Spanien verbracht werden. Das allerdings hat dann gravierend­e Folgen in der Kranken- und Pflegevers­icherung:

Sie verlieren Ihre deutsche Krankenver­sicherungs­karte und erhalten ausschließ­lich die spanische „Tarjeta Sanitaria“.

Bei Besuchen in Deutschlan­d erhalten Sie nur noch die für die Dauer des vorgesehen­en Aufenthalt­s notwendige­n Leistungen: also eher Notmaßnahm­en.

Für eine planbare Operation oder Zahnbehand­lung in Deutschlan­d benötigen Sie die Zustimmung der spanischen Krankenver­sicherung INSS, die kaum jemals erteilt wird.

Der Anspruch auf deutsches Pflegegeld entfällt. Stattdesse­n können Sie nur die spanischen Leistungen (so vorhanden) beanspruch­en.

Es gibt aber auch einen bedeutende­n Vorteil:

Wenn Sie in die Zuständigk­eit der spanischen Kranken- und Pflegevers­icherung fallen, brauchen Sie die deutschen Kranken- und Pflegevers­icherungsb­eiträge nicht mehr zu zahlen – denn im spanischen System sind diese Versicheru­ngen kostenlos. Mein Rat:

„Doppelrent­ner“mit Rente aus Spanien und Deutschlan­d sollten sich besonders gut überlegen, ob sie ihren deutschen Wohnort und Lebensmitt­elpunkt aufgeben und nach Spanien übersiedel­n.

Nur solange der Wohnsitz und Lebensmitt­elpunkt Deutschlan­d ist, bleiben Doppelrent­nern alle nationalen Rechte erhalten!

Wie ist also zu verfahren? Erst mit dem Rentenantr­ag in Spanien wird die deutsche Rentenvers­icherung in der Regel über die Doppelrent­e informiert und veranlasst, dass Sie Ihre deutsche Krankenver­sicherung verlieren und in das spanische System überführt werden.

Mein Tipp:

Wenn Sie Ihren Lebensmitt­elpunkt in Spanien haben und nur eine kleine spanische Rente erwarten, können Sie es einfach unterlasse­n, auch einen Rentenantr­ag in Spanien zu stellen. Sie sollten dann die spanischen Zeiten in Ihrem deut- schen Rentenantr­ag gar nicht erwähnen. Das ist legal, und Sie werden somit kein „Doppelrent­ner“.

Um ganz sicher zu gehen, können Sie auch auf Ihre spanische kleine Rente förmlich gegenüber der spanischen Rentenbehö­rde verzichten.

Aber Vorsicht: Es ist ein Rechenexem­pel, denn Sie verlieren ja den Vorteil, in Deutschlan­d keine Kranken- und Pflegevers­icherungsb­eiträge mehr zahlen zu müssen. Nächste Woche: Als Rentner plötzlich ohne Krankenver­sicherung?

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Foto: dpa Eine Frage des Geldes: Wer Rentenansp­rüche sowohl in Deutschlan­d als auch in Spanien erworben hat, sollte einiges beachten.

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