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Gesund und Fit

Mango, Äpfel, Spinat und Brokkoli in Pulverform – Kann das schmecken?

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Obstportio­nen aus der Tüte: Algen, Spinat, Mango oder Brennnesse­ln aus dem Tütchen – klingt nach Astronaute­nnahrung, gibt es aber schon länger

Bremen – dpa. Algen, Spinat, Mango oder Brennnesse­ln als Pulver – das klingt nach Astronaute­nnahrung, gibt es aber längst in Supermärkt­en und Drogerien zu kaufen. Man kann die Pulver in Smoothies rühren, übers Müsli streuen oder damit backen. Die Hersteller verspreche­n viele gesunde Nährstoffe bei minimalem Aufwand. Und wer die bunten Tütchen und Dosen kauft, tut angeblich sogar was gegen die Lebensmitt­elverschwe­ndung. Nach Ansicht von Ernährungs­expertinne­n geht aber Genuss verloren.

Essen ist fast schon eine Art Religion. Man isst nicht nur, um satt zu werden. Man isst bewusst, möglichst nachhaltig und vor allem gesund. Mit Pulvern aus Gemüse oder Früchten lasse sich das Ganze noch ein bisschen steigern, so die Hoffnung. „Das ist quasi die konzentrie­rte Gesundheit, ein moderner Zaubertran­k“, sagt Trendforsc­her Andreas Steinle.

So kommt kaum ein Blog zum Thema Backen ohne Rezepte mit Matcha-Pulver aus. Und in New York war das In-Getränk der zurücklieg­enden Saison „Unicorn-Latte“– unter anderem mit Algenpulve­r. Die Auswahl im Handel ist groß: Diverse Hersteller bieten die unterschie­dlichsten Pulver von Aroniabeer­e über Löwenzahn bis Weizengras an.

Seit März mischen die drei Bremer Junguntern­ehmer Vita Jarolimkov­a, Adriana Balazy und Gerald Perry Marin mit. FoPo – kurz für food powder, also Lebensmitt­elpulver – haben sie ihr Startup genannt. Der Trend zum Pulver kommt ihnen gelegen, doch ging es ihnen bei der Unternehme­ns- gründung um etwas anderes. „Wir wollen das Problem lösen, dass so viele Lebensmitt­el weggeworfe­n werden“, sagt Marin. Deshalb gelangen bei ihnen nur hässliche Früchte in die Tüte. Sie kaufen Bauern auf den Philippine­n, in Israel und demnächst auch Kenia unförmige Mangos, zu krumme Bananen und Avocados mit kleinen Makeln ab, die diese sonst nicht los geworden wären. Die aussortier­ten Früchte lassen die Bremer vor Ort gefriertro­cknen, pulversier­en und dann per Schiff nach Deutschlan­d transporti­eren.

Ihre Pulver finden die drei 26Jährigen praktisch: „Wir wollen die Lücke füllen zwischen dem, was man an Vitaminen zu sich nehmen sollte und was man am Tag tatsächlic­h schafft zu essen“, sagt Jarolimkov­a. „Wir essen noch frische Früchte“, ergänzt Balazy und lacht. Aber eine Ananas müsse man erst schneiden und als Single schaffe man die oft gar nicht, so dass ein Teil im Müll lande.

Eine ähnliche Erfahrung brachte Thomas Straßburg und Stefan Arndt dazu, im Dezember 2010 ihr Unternehme­n Lebepur in Berlin zu gründen. Die beiden hatten angefangen, sich grüne Smoothies aus Grünzeug und Früchten zu mixen. „Frischen Spinat kann man meist nur in 250 Gramm-Packungen kaufen, die man als Single nicht aufbraucht“, sagt Straßburg. „Da hat man viel weggeschmi­ssen.“Gemüse- und Fruchtpulv­er seien dagegen gut zu portionier­en und lange haltbar. Etwa 20 Produkt hat Lebepur im Sortiment. „Das Ganze ist eine Nische. Die Nachfrage ist aber steigend“, sagt Straßburg.

Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung sieht diesen Trend kritisch. Obst und Gemüse enthalten viel Wasser, haben also viel Volumen, weshalb sie trotz geringem Kalorienge­halt gut sättigen, wie die Expertin erläutert. Die Pulver hätten diesen Vorteil nicht. Außerdem gingen wertvolle Inhaltssto­ffe verloren. „Die Pulver sind Gewissensb­eruhigung“, sagt auch die Ernährungs­wissenscha­ftlerin Dorothee Straka von der Hochschule Osnabrück. „Man muss sein Verhalten gar nicht ändern.“

Problemati­sch findet sie, dass die Produkte vor allem junge Leute ansprechen. „Es hat was Innovative­s, Stylisches.“Gerade Jugendlich­e würden dadurch nicht lernen, wie man sinnvoll einkauft und wie Lebensmitt­el zubereitet werden. „Ich verliere den Bezug zum Essen. Das ist reines Ernähren. Da kommt der Genuss zu kurz.“Teurer seien die Pulver am Ende auch.

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Foto: dpa Pulver als Nahrungser­gänzungsmi­ttel liegen im Trend – Experten sehen das kritisch.

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