Spanien hält Dogan Akhanli fest
Deutsche Behörden bitten Spanien, den Kölner Schriftsteller nicht an Türkei auszuliefern
Madrid – dpa/ck. Der mit der Gefahr einer Auslieferung an die Türkei konfrontierte Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli will nicht an das Schlimmste denken. „Ich hoffe, dass alles gut ausgeht“, sagte der auf Betreiben von Ankara in Spanien vorübergehend festgenommene Autor am Montag, 21. August, vor Journalisten in Madrid. Er betonte: „Eine Auslieferung wäre nicht nur für mich eine Katastrophe, es wäre auch für Spanien eine Katastrophe.“
Akhanli war am Samstag im Spanien-Urlaub in Granada festgenommen, nach einem Tag aber wieder freigelassen worden. Er darf Spanien für die Dauer des Auslieferungsverfahrens nicht verlassen, muss seinen Pass abgeben und sich ein Mal pro Woche bei den Behörden melden.
Außenminister Sigmar Gabriel hatte am Samstagabend mit seinem spanischen Kollegen Alfonso Dastis telefoniert. „Es wäre schlimm, wenn die Türkei auch am anderen Ende Europas erreichen könnte, dass Menschen, die ihre Stimme gegen Präsident Erdogan erheben, in Haft geraten würden“, sagte Gabriel. Er forderte, Deutschland in das Auslieferungsverfahren einzubeziehen. Gabriel geht nicht von einer Auslieferung an die Türkei aus.
Nach der Festnahme sei ihm „schwindelig“geworden, sagte Akhanli jetzt. „Ich hab mich sehr schlecht gefühlt. Das ist tatsächlich für mich eine erschreckende Erfahrung, weil ich gedacht habe, dass ich in europäischen Händen in Sicherheit bin und dass die langen Hände der Willkür und Arroganz nicht bis dahin reichen können“, erklärte der 60-Jährige, der ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft hat.“
Nicht zum Schweigen bringen
Akhanli wird vorgeworfen, 1989 an einem Raubmord in Istanbul beteiligt gewesen zu sein. Ein Freispruch wurde nach Angaben türkischer Medien 2013 aufgehoben und der Fall neu aufgerollt. Die Vorwürfe wertet der Betroffene als politisch motiviert. Er sieht seine kritische Auseinandersetzung mit der Türkei als Ursache für seine von Ankara betriebene Festnahme. In der Türkei würde Akhanli lebenslange Haft drohen. „Man wird mich aber nicht zum Schweigen bringen“, betonte der Schriftsteller mehrfach in Madrid.
Berlin hält eine Auslieferung derweil für sehr unwahrscheinlich. „Wir können uns beim besten Willen nicht vorstellen, dass unter diesen Umständen (...) eine Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen in die Türkei in Betracht kommt“, sagte am Montag der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer.
Akhanli sagte in Madrid, er habe nun das Gefühl, Deutschland sei der einzige Raum, in dem er in Sicherheit sei. Der spanische Anwalt des Autors, Gonzalo Boyé, sagte der Deutschen Presse-Agentur, eine Flucht über die offenen EU-Grenzen nach Deutschland werde trotz aller Risiken nicht in Erwägung gezogen. „Nein, er ist ein Mann des Rechts und wird hier bleiben. Er hat Gründe, hier zu bleiben und seine Causa zu verteidigen.“
Hamza Yalçin in Haft
Die türkischen Behörden haben nun nach Angaben der Anwälte des Kölners bis zu 40 Tage Zeit, die Auslieferung förmlich zu beantragen. Schäfer sagte, die Bundesregierung habe volles Vertrauen in die spanische Justiz und werde „nicht nachlassen“, die Argumente gegen eine Auslieferung einzubringen. Akhanli sucht nun für die Zeit seines Verfahrens noch eine Wohnung in Spanien.
Es ist nicht der erste Versuch der türkischen Behörden via Interpol gegen Gegner vorgehen. Am 3. August wurde der türkischstämmige schwedische Schriftsteller Hamza Yalçin auf dem Flughafen El Prat wegen eines türkischen Haftbefehls festgenommen. Die Zeitung „La Vanguardia“erinnerte am Montag daran, dass Yalçin seit 17 Tagen in Barcelona in Haft säße.