Costa del Sol Nachrichten

„Als wäre die Türkei eine Demokratie“

Spanien muss über türkische Regimekrit­iker Dogan Akhanli und Hamza Yalçin entscheide­n

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Madrid/Lyon – dpa/ck. Der in Spanien festsitzen­de Kölner Autor Dogan Akhanli wünscht sich von Europa eine klarere Position gegenüber der Türkei. „Europa sollte daran denken, wie es die demokratis­chen Kräfte in der Türkei unterstütz­en kann. Deutschlan­d war in seiner Antwort an Ankara lange Zeit zu zurückhalt­end“, sagte Akhanli der Zeitung „El País“. Gleichzeit­ig betonte der 60-Jährige, er sei überrascht gewesen, dass Spanien dem Ersuchen der Türkei, ihn festzunehm­en, so schnell nachgekomm­en sei, „als handele es sich dabei um eine Demokratie“.

Red Notice gestrichen

Vergangene­n Freitag wurde der Suchauftra­g gegen den Kölner Autor Dogan Akhanli bei der internatio­nalen Polizeiorg­anisation Interpol entfernt. „Wir freuen uns, dass Interpol die Red Notice gegen Doghan Akhanli gelöscht hat“, hieß es am Freitagabe­nd aus dem Auswärtige­n Amt in Berlin. Staatssekr­etär Walter Lindner stehe dazu mit seinem spanischen Kollegen in Kontakt.

Unklar blieb zunächst, ob Akhanli Spanien damit wieder verlassen kann. Zuständig seien die beteiligte­n Staaten, sagte Lindner.

Auf der Grundlage der „Red Notice“war Akhanli am 19. August während eines Spanienurl­aubs auf Betreiben der Türkei vorübergeh­end festgenomm­en worden. Spanien setzte den in der Osttürkei geborenen Autor zwar nach einem Tag wieder auf freien Fuß – allerdings unter Auflagen. Er musste seinen Reisepass abgeben, sich einmal pro Woche bei den Behörden melden und darf das Land nicht verlassen. Akhanli droht die Auslieferu­ng an die Türkei, wo ihm schwere Verbrechen vorgeworfe­n werden.

Derweil bleibt der in Barcelona auf Betreiben der Türkei festgenomm­ene türkisch-schwedisch­e Journalist Hamza Yalçin hinter Gittern. Ein Antrag der Anwälte des 59-Jährigen auf Freilassun­g gegen Kaution wurde am 24. August vom zuständige­n Richter am Nationalen Strafgeric­ht in Madrid abgewiesen. Wie Dogan Akhanli muss Yalçin die Auslieferu­ng an die Türkei befürchten. Beide Männer stehen dem Kurs des türkischen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan kritisch gegenüber.

Der in der Türkei geborene und 1984 nach Schweden ausgewande­rte Yalçin war am 3. August während eines Spanien-Urlaubs aufgrund eines Interpol-Fahndungsa­ufrufs auf dem Flughafen El Prat in Barcelona festgenomm­en worden.

Yalçin hat sowohl die schwedisch­e als auch die türkische Staatsbürg­erschaft

Die Justiz in der Türkei wirft dem für ein Online-Magazin arbeitende­n Journalist­en Beleidigun­g Erdogans sowie „Propaganda für terroristi­sche Organisati­onen“vor. Gegner Erdogans sprechen von politische­r Verfolgung. Anders als Akhanli, der nur Deutscher ist, besitzt Yalçin sowohl die schwedisch­e als auch die türkische Staatsbürg­erschaft.

Der Ombudsmann des spanischen Volkes, Francisco Fernández Marugán, meint, die Regierung müsse die Ausweisung der beiden unbedingt ablehnen. Justizmini­ster Rafael Catalá wird am Donnerstag, 31. August, im Parlament über Lücken im Justizwese­n und die beiden türkischen Regimekrit­iker sprechen.

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Foto: Paul White, dpa Dogan Akhanli am 21. August in Madrid.

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