Melancholie der Tupperdose
Mit Handtüchern Sonnenliegen markieren, Socken in den Sandalen. Wetterbericht und UV-Faktor studiert, Ausrüstung angepasst, Trinkwasservorräte aufgefüllt. Der Deutsche geht nicht an den Strand, er geht auf Inspektion. Wie prosaisch. Was die spanische Familie veranstaltet, wenn sie beschlossen hat, den Tag am Strand zu verbringen, gleicht eher einem Festumzug, einer Prozession der Lebensfreude. Organisiertes Chaos auf Rädern. Ein Tatsachenbericht. Alles muss mit: Campingstühle, Sonnenliegen, Aufblasbares, Decken, Sonnensegel, Bälle, ein Volleyballnetz, Angelrouten, Grill. Nichts davon wird im eigentlichen Sinne benutzt werden, sondern zu einer Burg verbaut: „Wir bauen uns einen Chiringuito“. Die Festung soll gar nicht abgrenzen, nur beeindrucken. Völlig überladen ächzt der Kleinwagen zur einzigen völlig überlaufenen Stelle am ganzen Strand. Um aufgeregt festzustellen, dass hier alles überlaufen ist. „¡Demasiados turistas! – viel zu viele Touris. Die Mama, also das Familienoberhaupt, stand seit sieben Uhr in der Küche, um Tupperdosen zu stapeln und in Kategorien einzuteilen: für die Kinder, vor dem Baden, nach dem Baden, Reserve, für Klein-Pedro, der mag keinen Käse. Unvermeidliche Menüfolge: Bocadillos (belegte Brötchen) mit reißfestem Serrano-Schinken und selbstgratinierendem Käse, Albóndigas (Fleischbällchen) und Tortilla. Dass uns ja die Tortilla nicht fehlt! Nicht fehlen darf auch: Die der allgemeinen Erfrischung zugedachte, besonders sorgfältig und groß ausgesuchte Wassermelone, die der Familienvater unter leisem, aber von allen vernehmbarem Fluchen nur deshalb zum Strand geschleppt haben wird, damit sie dort gemütlich in der Sonne gären kann. Erfolglos hielt Mama Tupperdosen unter die Nasen. Albóndigas wurden kunstvoll in den Sandburgen verbaut, gegessen haben die Kinder zwei Kilo Eis. Die Männer sitzen bei Gin Tonic im Chiringuito, die Frauen packen. Ob noch aus oder wieder ein, ist nicht erkennbar. Ein unvergesslicher Tag für alle.