Pflegedienste in Spanien
Die erforderlichen Strukturen werden erst langsam eingerichtet – Ratgeber-Serie, Folge 17
Soziale Dienste haben keine Tradition in Spanien, wo die Familie noch einen hohen Stellenwert genießt und Pflege zu den typischen Aufgaben der Familie, insbesondere der Töchter, gehört. Soziale Betreuungsdienste großer gemeinnütziger Verbände, wie wir sie in Deutschland kennen, sind wenig ausgeprägt. Die erforderlichen Strukturen werden erst langsam eingerichtet – auch Spanien ist eine alternde Gesellschaft, die hier viel Nachholbedarf hat.
Gibt es hier ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen?
Einige Gemeinden in den Touristenzentren bieten soziale Dienste an. Es gibt auch eine Reihe deutschsprachiger Pflegeheime und Altersresidenzen an den spanischen Küsten. Fragen Sie bei Ihrer Gemeinde nach oder informieren Sie sich aus Anzeigen zum Beispiel in der CBN. In dem Ratgeber „Sorgenfrei leben unter Spaniens Sonne“des Verfassers sind die wichtigsten Einrichtungen aufgeführt. Zum 1. Januar 2007 ist in Spanien ein Pflegegesetz in Kraft getreten, das sich in weiten Teilen am deutschen Modell orientiert. Es gibt keine Versicherungsbeiträge, weil die Pflegeversicherung ebenso wie die Krankenversicherung in Spanien steuerfinanziert wird. Das Gesetz sieht Geldleistungen für Betreuung und Heimplätze vor. Die Leistungen des Gesetzes sollten ursprünglich stufenweise bereits bis zum Jahr 2015 voll aufgebaut sein. Vor allem auch durch die Finanzkrise ist dies aber nicht geschehen.
Das Gesetz war gleichwohl dringend nötig, um dem dramatischen Wandel der spanischen Gesellschaft Rechnung zu tragen. Töchter und Schwiegertöchter werden künftig kaum mehr als Pflegepersonen zur Verfügung stehen. Soziale Betreuungsdienste gab es bisher nur für Begüterte oder für die Ärmsten. Die Regierung bezeichnete das Reformvorhaben als das wichtigste Projekt jener Dekade. Das Gesetz ist ein Rahmengesetz, dessen Inhalte von den autonomen Regionen weitgehend bestimmt und ausgefüllt werden müssen.
Die Modalitäten werden in einem besonderen Rat der Zentralregierung mit den autonomen Regionen besprochen. Bei den Geldleistungen kann die Regierung nur Empfehlungen geben. Zur Vorbereitung auf die Umsetzung des Gesetzes haben die Regionen bereits einen großen Teil der von der Regierung zugesagten Hilfen erhalten. Die andere Hälfte sollen die autonomen Regionen aufbringen, die ebenfalls keine freien Finanzmittel mehr haben. Auch darauf ist der schleppende Aufbau der Pflegeversicherung zurückzuführen.
Daher wird das Risiko der Pflegebedürftigkeit weiterhin überwiegend vom staatlichen Gesundheitsdienst abgedeckt – so wie es in Deutschland vor der Einführung der Pflegeversicherung auch war. Wenn die Klinik bei längerer Bettlägerigkeit dann doch den pflegebedürftigen älteren Patienten entlässt und die Familie nicht helfen kann, gibt es allerdings ein Problem. Es gibt drei Pflegestufen:
Stufe I: gemäßigte Pflegebedürftigkeit – mindestens einmal pro Tag auf Hilfe bei den einfachsten Tätigkeiten des täglichen Lebens angewiesen.
Stufe II: schwere Pflegebedürftigkeit – mehrmals am Tag auf Hilfe bei den einfachsten Tätigkeiten des täglichen Lebens angewiesen.
Stufe III: vollständige Pflegebedürftigkeit: ununterbrochen auf Hilfe einer anderen Person angewiesen.
Folgende Sachleistungen sind vorgesehen:
Beratung und Prävention, Teleassistenzdienste, Pflegeleistungen im Haus, Tagespflege und Nachtpflege, Langzeitpflege und Kurzzeitpflege in Altenheimen.
Dabei ist ein Eigenanteil an den Kosten entsprechend der Leistungsfähigkeit des Pflegebedürftigen zu tragen. Der Eigenanteil darf aber 90 Prozent nicht übersteigen. Näheres ist noch immer weitgehend unklar, zumal in den 17 spanischen Regionen unterschiedlich verfahren wird.
Geldleistungen: Entsprechend dem deutschen Pflegegeld sind folgende monatliche Geldleistungen vorgesehen: Pflegestufe I: 300 Euro, Pflegestufe II: 426 Euro, Pflegestufe III: 715 Euro.
Aber Achtung: Diese Geldleistungen sind aber nachrangig, das heißt, es gibt sie nur, wenn Sachleistungen nicht möglich sind. Außerdem werden andere soziale Geldleistungen darauf angerechnet. Deshalb spielen die Geldleistungen in der Praxis kaum keine Rolle.
Zuständige Behörde für die Pflegeversicherung im Land Valencia ist zum Beispiel die Dirección General de Servicios Sociales, C/Castán Tobeñas 77, Ciudad Administrativa 9 de Octubre, Torre 3, 1º piso, 46018 València, 963 176 708, Fax: 963 176 701, Web: www.bsocial.gva.es/portal/portal
Auskünfte werden aber auch von der jeweiligen Gemeinde oder den privaten Pflegediensten erteilt.
Was bedeutet das für Deutsche in Spanien?
Erste Voraussetzung für Ansprüche auf Leistungen der Pflegeversicherung ist ein Lebensmittelpunkt in Spanien (die bekannte 183-Tage-Regel als Orientierung) seit mindestens fünf Jahren, davon zwei Jahre vor der Antragstellung.
Die spanischen Geldleistungen der Pflegeversicherung werden grundsätzlich nicht an die deutschen Residenten gezahlt. Das widerspricht zwar europäischem Recht, ist aber spanische Praxis. Wenn dies ein Trost ist: Auch für Spanier stehen sie wegen der Finanzkrise und ihrer Nachrangigkeit im Wesentlichen nur auf dem Papier.
Die vorgesehenen Sachleistungen werden die deutschen Altersresidenten, die ihren Lebensmittelpunkt in Spanien haben, ebenso in Anspruch nehmen können wie Spanier. Den spanischen Lebensmittelpunkt in Spanien weisen Sie mit Ihrer SIP-Karte (Tarjeta Sanitaria) nach.
Aber Achtung: Wenn es Ihnen gelingen sollte, spanische Leistungen zu erhalten, werden diese auf Ihr deutsches Pflegegeld angerechnet. Das ist dann im Einzelfall mit Ihrer Pflegekasse in Deutschland zu klären. In der Praxis wird die spanische Pflegeversicherung für deutsche Residenten daher wohl weiterhin keine Bedeutung haben. Nächste Woche: Was tun, wenn das Geld nicht mehr reicht?