Referendum zeigt Wirkung
Am Tag danach: Staatsanleihen steigen, Börse knickt ein, deutsche Industrie warnt
Barcelona/Madrid – tl/dpa. Das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien hat stattgefunden. Wenngleich Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy noch immer das Gegenteil behauptet. Die Auswirkungen wird er nicht leugnen können. Obwohl der Volksentscheid verboten war und am Sonntag ziemlich irregulär vonstatten ging, zeitigte die Abstimmung nämlich ihre Wirkung: So geriet der Kurs des Euro am Montag unter Druck, die Rendite für spanische Staatsanleihen legte zu, und an der Börse kam es im frühen Handel zu Einbußen.
Vor allem bei Staatsanleihen zeigte sich eine spürbare Marktreaktion. Die Rendite für richtungsweisende zehnjährige Papiere stieg zeitweise um zwei Prozent. Später beruhigte sich die Lage etwas. Am Aktienmarkt sackte der Leitindex Ibex 35 um bis zu 1,38 Prozent, bevor er sich wieder berappelte. Schlusslicht waren die Aktien der Banco Sabadell mit einem Minus von mehr als drei Prozent.
Unterdessen wird eine Diskussion über die wirtschaftlichen Folgen einer Unabhängigkeit Kataloniens geführt. Schließlich steuert die Region knapp ein Fünftel zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Spaniens bei – mit 16 Prozent der Einwohner des Königreichs. Laut katalanischem Unternehmerverband hat schon 2016 infolge der separatistischen Politik der Regionalregierung eine Firmenflucht eingesetzt. Bei einer Trennung von Spanien werde die katalanische Wirtschaft um bis zu 20 Prozent einbrechen, befürchtet der Verband.
Auch bei den klein- und mittelständischen Unternehmen in Katalonien geht die Furcht vor einer Trennung von Spanien um. Unlängst erst wandte sich deren Verband gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen, weil der größte Teil des Geschäfts mit Spanien abgewickelt werde.
Auch die deutsche Industrie meldete sich nach dem Referendum zu Wort und warnte vor einer Trennung vom spanischen Staat. „Die politische Instabilität gefährdet unmittelbar die wirtschaftliche Entwicklung“, teilte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) am Montag in Berlin mit. „Ein Bruch der Region mit Spanien würde für beide Seiten tiefe Einschnitte bedeuten und zu Verunsi- cherungen in der stark exportabhängigen Wirtschaft führen“, ergänzte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutscher Industrie (BDI), Joachim Lang.
Nach BDI-Angaben gibt es in Spanien rund 1.600 Unternehmen mit deutscher Beteiligung. Der DIHK spricht vom 1.300 Unternehmen, von denen etwa 40 Prozent in Katalonien tätig seien. „Die Ungewissheit, ob Katalonien weiter zu Spanien und damit auch zur EU gehört, verunsichert deutsche Unternehmen“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.
Die katalanische Vertreterin in Deutschland, Marie Kapretz, widersprach der Sichtweise der beiden Spitzenverbände: Eine Abspaltung Kataloniens von Spanien würde keine Verschlechterung der wirtschaftli- chen Beziehungen der Region bedeuten. „Die Statistiken belegen, dass die Idee eines unabhängigen Kataloniens den Investor nicht erschreckt und den Touristen auch nicht“, sagte Kapretz. Auf wirtschaftlicher Ebene werde die Unabhängigkeit keinen Unterschied bedeuten. In Deutschland sind etwa 300 katalanische Unternehmen aktiv.
Derweil haben Spaniens große Gewerkschaft gekniffen und ihre Teilnahme am Generalstreik in Katalonien gegen die Polizeigewalt vom Sonntag zurückgezogen. CC.OO. und UGT betonten in einem gemeinsamen Kommuniqué, dass der politische Kurs der Regionalregierung einzig und allein auf die Ausrufung der Unabhängigkeit abziele. Zur Lösung des Konflikts setzte man aber weiter auf Verhandlungen.
„Die Idee eines unabhängigen Kataloniens erschreckt den Investor nicht“