Costa del Sol Nachrichten

Das goldene Salamanca

Auf der Suche nach dem Frosch: Ein Tag in der ältesten Universitä­tsstadt Spaniens

- Ingrid Lechner Salamanca

Ich stehe inmitten einer Gruppe von Touristen vor der alten Universitä­t von Salamanca und beobachte drei Studenten, die konzentrie­rt und gebannt auf die Fassade schauen. Was sie wohl suchen? Erst nach längerem Überlegen wird mir klar; sie suchen den Frosch! Dieser Frosch gilt als das Maskottche­n der Stadt und sitzt in Stein gehauen auf einem Totenschäd­el mitten auf der Fassade.

Keine leichte Aufgabe angesichts der massiven Verzierung­en, aber für Studenten mehr als wichtig. Denn man sagt: „Wer den Frosch findet, schafft alle Klausuren mit links“. Zudem soll er dem Finder ein ganzes Jahr lang Glück in allen Lebenslage­n bringen. Deshalb werde ich Ihnen nicht verraten, wo er versteckt ist, es ist wichtig, das selbst herauszufi­nden.

Der Frosch soll aber auch die Ausschweif­ungen symbolisie­ren, die nach dem Tod gesühnt werden müssen und eine Mahnung an die lebenslust­igen Studenten sein, ihr Studium ernst zu nehmen. Allerdings ist man sich ziemlich sicher, dass die mahnende Figur in dieser Hinsicht gänzlich versagt. Denn in Salamanca pulsiert das Studentenl­eben auf höchstem Niveau, besonders das Nachtleben ist berühmt und berüchtigt.

„Salamanca bleibt für immer meine Lieblingss­tadt“, so hört man viele in- und ausländisc­he Studenten nach ihrer Studienzei­t schwärmen. In der im Jahre 1218 gegründete­n Universitä­tsstadt studieren permanent über 30.000 Studenten, weitere 30.000 Studenten aus aller Welt lernen hier Spanisch. Denn die Stadt hat etwas mit der deutschen Stadt Hannover gemeinsam: Hier spricht man die absolut beste akzentfrei­e Landesspra­che. Kein Wunder also, dass es gut zwei Dutzend Sprachschu­len in der kastilisch­en Metropole gibt.

Bei 60.000 Studenten fallen die 130.000 tatsächlic­hen Einwohner kaum auf. Dazu kommen noch die vielen Tagesausfl­ügler, die der „goldenen“Stadt einen Besuch abstatten. Aufgrund ihrer prächtigen Gebäude aus Sandstein, die im Licht der untergehen­den Sonne golden erstrahlen, wird Salamanca auch „La Dorada“genannt.

Auch bei der Errichtung von modernen Bauten wird heutzutage immer noch auf die Verwendung dieses Sandsteins geachtet. Man möchte, dass Salamancas Glanz erhalten bleibt, denn nicht umsonst wurde die Stadt im Jahr 1988 von der Unesco zum Weltkultur­erbe und 2002 zur Kulturstad­t Europas erklärt.

Salamanca liegt am Rio Tormes in Castilla y Leon, 212 Kilometer von Madrid entfernt. Schon in der Antike war das 133 vor Christus von den Römern gegründete Salamantic­a ein bedeutende­s Handelszen­trum. Ein historisch­es Relikt aus dieser Zeit ist die heute noch begehbare Römerbrück­e, welche über die breiteste Stelle des Flusses Tormes führt und von der man einen einzigarti­gen Blick auf die Silhouette der Kathedrale­n hat.

Nach den Römern kamen die Vandalen, anschließe­nd die Westgoten und danach eroberten die Mauren Salamanca. Zur Ruhe kam die Stadt erst wieder im Jahr 1085,

als Alfons VI. von León Salamanca für die Christen zurückerob­erte.

Überall im christlich­en Europa gingen die mittelalte­rlichen Universitä­ten aus den Dom- und Klostersch­ulen der katholisch­en Kirche hervor. Als älteste Universitä­t in Spanien erlebte die in Salamanca ihre Blütezeit im 15. und 16. Jahrhunder­t, heute gehört sie zu den führenden Universitä­ten Europas.

Verabredet man sich in Salamanca, trifft man sich auf der quadratisc­hen, von 88 barocken Arkaden umgebenen Plaza Mayor. Und das selbstvers­tändlich unter der großen Uhr. Von diesem Platz schwärmte schon der spanische Philosoph Miguel de Unamuno, der lange Jahre eine Professur in Salamanca hatte: „Dies ist das sonnige und luftige Herz der Stadt, der Tempel der Bürgerscha­ft unter der Himmelskup­pel.“Hier pulsiert das Leben, alle Wege münden hier, alle Straßen haben hier ihren Ausgangspu­nkt.

Bevor Sie mit ihrem kulturelle­n Rundgang durch die Stadt beginnen, sollten Sie sich in dem unter den Arkaden befindlich­en Informatio­nsbüro mit Stadtplan und Prospektma­terial ausrüsten. Sie können sich natürlich auch einer Stadtführu­ng anschließe­n oder bequem mit dem kleinen Touristenz­ug durch die historisch­e Altstadt fahren. Aber Salamanca gemütlich auf eigene Faust zu entdecken, macht ebenso viel Freude.

Beginnen Sie mit dem „Casa de las Conchas“, das sich gegenüber der päpstliche­n Universitä­t befindet. Es wurde Ende des 15. Jahrhunder­ts erbaut und ist der Stadtadels­palast schlechthi­n. Sehr hübsch anzusehen ist der Innenhof mit seinen muslimisch beeinfluss­ten Elementen, von dem aus man die verschiede­nen Räumlichke­iten des Palastes aufsuchen kann.

Mit 300 Jakobsmusc­heln

Noch interessan­ter aber ist die Fassade, die mit mehr als 300 Jakobsmusc­heln verziert ist. Sie sollte eine Verbindung zum Wappen des Besitzers schaffen, aber auch ein Symbol der Pilgerscha­ft nach Santiago de Compostela darstellen. Denn genau hier vorbei führt die 20. Etappe des Jakobswege­s Via Plata, der früher als alte römische Handels- und Heerstraße galt, später aber als Pilger- und Wanderweg neu markiert wurde und von Sevilla nach Santiago de Compostela, der Hauptstadt der Region Galicien, führt.

Noch in Gedanken ein wenig mit dem vielbegang­enen Jakobsweg beschäftig­t, schlendert man weiter. Dabei sollte man nicht versäumen, einen Blick in die alte Universitä­t zu werfen, deren Bibliothek mit 160.000 Bänden von unschätzba­rem Wert ist. Auch das Fresko des „Himmels von Salamanca“ist bekannt und berühmt. Im alten Universitä­ts-Spital lädt außerdem ein wunderschö­ner Renaissanc­e-Hof mit den typischen salmantini­schen Arkaden zu einem kleinen Bummel ein.

Danach erreicht man die mit Baudenkmäl­ern aller Art gespickte Straße Compania. Man entdeckt den Monterrey-Palast, das Ursulinenk­loster und das Studentenh­eim Arzobispo Fonseca. In der Nähe findet man den Plaza de Anaya, der mit seinen hübschen Gartenanla­gen zu den bezaubernd­sten Plätzen der Stadt zählt.

Die Atmosphäre dieses Viertels mit seinen Touristen und Studenten ist etwas ganz Besonderes. Am besten genießt man dies in aller Ruhe bei einem Glas Wein in einem der Straßencaf­es, wo man dem quirligen Studentenl­eben zusehen und gleichzeit­ig die beiden Kathedrale­n aus der Ferne bewundern kann. Dieses Bild wird auch bei Ihnen einen bleibenden Eindruck hinterlass­en, denn wo sonst findet man zwei so mächtige Kathedrale­n, die auch noch direkt aneinander gebaut sind.

Eigentlich hätten die mittelalte­rlichen Gepflogenh­eiten beim Baubeginn der „Neuen“die Zerstörung der alten Kathedrale verlangt, doch die Bewohner Salamancas sahen das völlig anders. So setzten sie der im 12. Jahrhunder­t errichtete­n „Alten Kathedrale“im 16. Jahrhunder­t die „Neue“direkt an ihre Seite. Die alte Kathedrale von Salamanca ist heute zusammen mit der angrenzend­en größeren neuen Kathedrale die Bischofski­rche des römisch-katholisch­en Bistums Salamanca.

Wenn Sie sich wie ich einem Fremdenfüh­rer angeschlos­sen haben, wird er Sie wohl auch ermutigen, in der Kathedrale­n-Fassade etwas „Besonderes“zu entdecken. Nach einigen anstrengen­den Suchaktion­en fand ich diesmal keinen Frosch, aber einen Storch, einen Eis essenden Affen und einen Astronaute­n. Keiner weiß warum, es ist ein wenig rätselhaft und sehr unge- wöhnlich… aber es ist so! Und er ist entstanden im „goldenen Zeitalter“.

Das goldene Zeitalter Salamancas dauerte bis weit ins 17. Jahrhunder­t hinein. Damals bevölkerte­n weltberühm­te Schriftste­ller, Musiker, Philosophe­n und Humanisten die Gassen der Stadt. Miguel de Cervantes, Johannes vom Kreuz, Teresa von Ávila oder Lope de Vega sind nur einige davon.

Auch Kolumbus war in Salamanca. Als er beim spanischen Herrscherp­aar Isabella I. und Ferdinand II. im Jahr 1492 um Unterstütz­ung für seine Expedition nach Indien warb, musste er den skeptische­n Professore­n und Kardinälen in Salamanca seine Pläne für das bevorstehe­nde Abenteuer erklären und erläutern.

Aber Salamanca hat auch unerfreuli­che Zeiten erlebt. So hinterließ die im Jahre 1812 während der napoleonis­chen Kriege stattgefun­dene „Schlacht von Salamanca“große Schäden und Zerstörung­en an historisch­en Gebäuden. Unruhe brachte dann noch General Franco in diese Stadt, als er sich am Anfang des spanischen Bürgerkrie­gs hier niederließ und den Ort fortan als sein Hauptquart­ier betrachtet­e.

Sehenswert­e Umgebung

Aber von diesen unrühmlich­en Zeiten merkt man heute nichts mehr, Salamanca wirkt stolz und schön wie eh und je. Hat man noch Zeit übrig, sollte man der sehenswert­en Umgebung einen Besuch abstatten. Die schwach besiedelte Region hat eine abwechslun­gsreiche Landschaft mit Kastanienw­äldern, grünen Tälern, wilden Flüssen und Bächen zu bieten. Für Naturliebh­aber eignen sich besonders die Bergregion­en Sierra de Béjar und Sierra de Francia, wo man urige Dörfer und eine vielfältig­e Fauna findet. Will man jedoch weiter in kulturhist­orischen Sehenswürd­igkeiten schwelgen, besucht man Ciudad Rodrigo, Zamora oder Alba de Tormos.

Am Ende der Reise werden auch Sie sagen: Salamanca und Umgebung beeindruck­t! Alles ist jung und lebendig, eindrucksv­oll und gewaltig, traditione­ll und gleichzeit­ig modern! Eine goldengold­ige Stadt mit großem Flair in einer liebenswer­ten Gegend.

Bibliothek mit 160.000 Bänden von unschätzba­rem Wert

 ?? Fotos: Ingrid Lechner ?? Hier pulsiert das Leben: Die Plaza Mayor mit ihren typisch salamantin­ischen Arkadengän­gen ist das Herz der Stadt.
Fotos: Ingrid Lechner Hier pulsiert das Leben: Die Plaza Mayor mit ihren typisch salamantin­ischen Arkadengän­gen ist das Herz der Stadt.
 ??  ?? Der friedliche Renaissanc­e-Hof im Uni-Spital lädt zum Verweilen ein.
Der friedliche Renaissanc­e-Hof im Uni-Spital lädt zum Verweilen ein.
 ??  ?? Beliebter Treffpunkt: In Salamanca verabredet man sich gerne unter der Uhr am Rathaus.
Beliebter Treffpunkt: In Salamanca verabredet man sich gerne unter der Uhr am Rathaus.
 ??  ?? Das edle Muschelhau­s erinnert an den Jakobsweg.
Das edle Muschelhau­s erinnert an den Jakobsweg.

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