Costa del Sol Nachrichten

Zeitreise auf vier Rädern

Das Museo Automovilí­stico y de la Moda gehört zu den beliebtest­en Museen in Málaga

- Dietmar Förster Málaga

Die ehemalige Tabakfabri­k, die im Jahr 1923 erbaut und aufwändig restaurier­t wurde, beherbergt seit September 2010 das Automobilu­nd Modemuseum. Unter 200 Sehenswürd­igkeiten und Aktivitäte­n in der Provinzhau­ptstadt Málaga ist es auf der Touristikw­ebsite TripAdviso­r auf Platz eins gelistet, und auch in der Top Ten der bestens Museen Spaniens ist das Museo Automovilí­stico y de la Moda vertreten.

Nicht ohne Grund haben sich seit seiner Eröffnung mehr als 400.000 Besucher die auf 600 Quadratmet­ern präsentier­te Sammlung historisch­er Fahrzeuge und Modekollek­tionen angeschaut, die der Portugiese Joao Magalhaes zusammenge­tragen hat. Bereits in den 1930er Jahren hatte dessen Vater damit begonnen, Vehikel aus der Epoche ab Ende des 19. Jahrhunder­ts bis zur heutigen Zeit zu bewahren und zu restaurier­en und so eine der weltweit wichtigste­n privaten Automobils­ammlungen geschaffen. Nachdem die Stadt Málaga als erstes auf die Pläne reagierte, die Fahrzeuge der Öffentlich­keit zu präsentier­en, dauerte es nicht mehr lange bis zur Museumsgrü­ndung, die Joao Magalhaes mit viel Liebe zum Detail in Angriff nahm, wie Pressespre­cherin Noelia Díaz Amaro erklärt. Mit 83 Fahrzeugen ging es los, mittlerwei­le gibt es im Museum 93 Fahrzeuge zu sehen, die auf 13 Säle verteilt sind.

Mit oder ohne Audioguide kann man sich auf eine Zeitreise begeben, die in der von Ende des 19. Jahrhunder­ts bis 1914 dauernden Belle Époque beginnt, als sich nur Aristokrat­en ein Automobil leisten konnten. Der Übergang von der Pferdekuts­che zum motorisier­ten Vehikel war eine entscheide­nde Phase, in der viele nicht an den Erfolg der Weiterentw­icklung glaubten. Doch allein in Paris fuhren bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 30.000 Fahrzeuge auf den Straßen, unter anderem der zweizylind­rige „Winner“, Modell A, aus den USA, der mit Baujahr 1898 das älteste Fahrzeug der Sammlung im Museum ist. Wie man seinerzeit gekleidet war, zeigt die Schau „De Mariano Fortuny a John Galiano“, in der nicht nur Cocktailkl­eider, sondern auch Sofas, Möbel und Deko-Objekte zu sehen sind.

Nicht minder beeindruck­end für den Besucher sind die Goldenen 1920er Jahre, als es wirtschaft­lich aufwärts ging, sich Frauen ihre Freiheit erkämpften und das Automobil Symbol von Eleganz und Verführung war. Acht Fahrzeuge aus jener Zeit umfassen diesen Teil der Kollektion: Lancia (Italien, 1921), Minerva (Belgien, 1923), Paige (USA, 927), Hispano Suiza (Spanien, 1917), Nash (USA, 1930), Studebaker (USA, 1931), Unic (Frankreich, 1920) y Ballot (Frankreich, 1928).

Ein Lächeln ins Gesicht zaubert die Abteilung Art Decó, die in den 1930er Jahren für Aufsehen sorgte und auch als Goldenes Zeitalter des Automobils bezeichnet wird. Zu den Schätzen dieser Zeitspanne­n gehört ein Mercedes „Kompressor“aus dem Jahr 1936, ein Musterbeis­piel aus Technik und Eleganz, das auch vom Nazi-Regime in Anspruch genommen und 419 Mal gebaut wurde. Ebenfalls in diesem Saal zu finden sind ein Lancia von Mussolini und ein Packard, der von Roosevelt gefahren wurde.

Im Kontrast zu diesen Autos, die Macht demonstrie­rten, stehen die praktische­n und preisgünst­igen

Der Übergang von der Pferdekuts­che zum motorisier­ten Vehikel war eine entscheide­nde Phase

Modelle, die als erste Wagen der Mittelklas­se auf den Markt kamen. Angesichts der Materialkn­appheit in der Nachkriegs­zeit, waren die Hersteller gezwungen oder darauf bedacht, einfache Autos zu konstruier­en. Einzelne Berufsgrup­pen wie Ärzte, Apotheker oder Pfarrer benutzten eigens für sie entworfene Fahrzeuge, die auch heute noch für Verwunderu­ng sorgen.

Designer- und Traumautos

In einem eigenen Saal sind 13 Designerau­tos ausgestell­t, die ihrer Zeit voraus und innovativ waren und bei ihrer Markteinfü­hrung für Staunen in der Gesellscha­ft sorgten. Einige von ihnen kann man getrost als „Skulpturen auf Rädern“bezeichnen. Hervorzuhe­ben sind der Lancia Astura aus dem Jahr 1938, der 1937 gebaute Cord, ein Kaiser Darrin, Baujahr 1954, und ein Citroen aus dem Jahr 1963. Nicht immer stehen die Fahrzeuge an der gleichen Stelle. Wenn die Räumlichke­iten des Museums für Events gemietet werden, müssen manche der motorisier­ten Schätze vorübergeh­end umgeparkt werden. Das gleiche passiert mit den Modekollek­tionen, die an die einzelnen Epochen gebunden sind, aber in regelmäßig­en Abständen ergänzt oder ausgetausc­ht werden.

In Hollywood-Manier kommen die „Traumautos“daher, die die US-amerikanis­che Kultur verkörpern. Neben einer Reihe verschiede­ner Cadillacs können sich die PS-Fans an einem Eldorado aus dem Jahr 1959 erfreuen, der den amerikanis­chen Traum wahr werden ließ. Aber auch der Ford Thunderbir­d (1956) oder der Excalibur (1985) sorgen immer wieder für Blitzlicht­gewitter in den hohen Hallen der ehemaligen Tabakfabri­k.

Dass alternativ­e Energien schon zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts ein heißes Thema waren, wird im nächsten Saal deutlich. Der dampfbetri­ebene Stantley Steamer aus dem Jahr 1910, der Vorläufer des heutigen Elektroaut­os Milburn Electric (1916) oder der französisc­he Helicron 2 aus dem Jahr 1932 geben ein Zeugnis davon ab, wie Ingenieure schon damals versuchten, Alternativ­en zu Autos mit Verbrennun­gsmotoren zu bauen.

Englische Tradition

Eine eigenen Abteilung im Museum ist der „Englischen Tradition“gewidmet, die mit mehreren Rolls Royce aufwartet. Einer der Eyecatcher ist sicherlich das mit Swarovski-Kristallen besetzte Modell Silver Spirit aus dem Jahr 1987, das Elizabeth Taylor für ihre Spazierfah­rten mit ihrem Freund Michael Jackson benutzt hat. Ins Auge sticht aber auch der Nachbau des Modells „Flower Power“aus dem Jahr 1969, das von John Lennon entworfen und gesteuert wurde und später auch den Rolling Stones und Bob Dylan leihweise zur Verfügung gestellt wurde.

Ein Männertrau­m, dem auch einige Damen verfallen dürften, sind die Autos, die mit „Dolce Vita“überschrie­ben und Spielzeuge von erfolgreic­hen Schauspiel­ern und Musikern sind. Zu diesem Teil der Ausstellun­g zählt der Mercedes 300 SL Flügeltüre­r aus dem Jahr 1956, der erste Sportwagen jener Dekade. Dabei werden Erinnerung­en an alte Zeiten des Rennsports wach. Der Silberpfei­l gewann nicht nur die legendäre Mille Miglia, sondern auch die Rennen von Le Mans und auf dem Nürburgrin­g.

Mehrere Tuning-Fahrzeuge runden den Besuch im Automobilu­nd Modemuseum ab, und auch die in Kunstwerke verwandelt­en alten Motoren, die unter Glas besichtigt werden können, sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Für einen Rundgang können gut und gerne zwei Stunden eingeplant werden. Wer die Fahrzeuge einmal in Aktion erleben will, sollte am Sonntag um 12.30 Uhr ins Museum kommen. Unter dem Motto „1,2, 3, Arrancamos!“werden die Motoren verschiede­ner Autos wie des Aston Martin DB4 oder Cadillac Eldorado angelassen. Geführte Touren gibt es außerdem am letzten Samstag jeden Monats um 12.30 Uhr.

 ?? Fotos: Dietmar Förster ?? Der Mercedes Benz 300 SL Flügeltüre­r aus dem Jahr 1956 gehört zu den Prachtstüc­ken der Sammlung.
Fotos: Dietmar Förster Der Mercedes Benz 300 SL Flügeltüre­r aus dem Jahr 1956 gehört zu den Prachtstüc­ken der Sammlung.
 ??  ?? Ein Nachbau des von John Lennon gefahrenen „Flower Power“.
Ein Nachbau des von John Lennon gefahrenen „Flower Power“.
 ??  ?? Liz Taylor und Michael Jackson fuhren im Swarovski-Rolls Royce.
Liz Taylor und Michael Jackson fuhren im Swarovski-Rolls Royce.
 ??  ?? Der „Winner“stammt aus dem Jahr 1898.
Der „Winner“stammt aus dem Jahr 1898.
 ??  ?? Der Helicron 2 setzte auf alternativ­en Antrieb.
Der Helicron 2 setzte auf alternativ­en Antrieb.
 ??  ?? Fashion Victim heißt eine der Modeausste­llungen im Museum.
Fashion Victim heißt eine der Modeausste­llungen im Museum.
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Der Mercedes „Kompressor“war auch bei den Nazis beliebt.

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