Wie Spain different gemacht wird
Spanien und die ausländische Presse – Von Almodóvar über Krise bis zu Katalonien
Madrid – sk. Die Katalonienkrise hat Spanien in den Fokus der internationalen Presse gerückt wie lange nicht. In über 18.500 Presseberichten weltweit taucht Katalonien seit dem 1. Oktober auf, 25mal häufiger als im Vorjahreszeitraum. Die Tageszeitung „El País“hat sich die Mühe gemacht, das Spanienbild in den Korrespondentenberichten zu analysieren und kommt zu dem Ergebnis, dass es über weite Strecken sehr klischeebehaftet ist.
So sei die spanische Demokratie stets mit dem historischen Erbe des Franquismus in Bezug gesetzt worden. Noch nicht einmal mit der Transición geschweige denn mit dem System der Autonomen Regionen. Weitaus weniger noch hätte man wirtschaftliche und europäische Tendenzen berücksichtigt. Etwa die Einbindung Spaniens als EU-Mitglied in ein komplexeres internationales Geflecht.
Was auch damit zu tun haben mag, dass sich die internationale Presse seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf den islamischen Fundamentalismus und die Vereinigten Staaten eingeschossen hat. Spanien gilt im Ausland oftmals als ein Ferienort mit pittoresken Traditionen à la Stierkampf und Flamenco, mit einer herausragenden Gastronomie, der besten Fußballliga und verschiedenartigen Regionen mit einem eindrucksvollen Kulturerbe. Hemingway lässt grüßen.
Klischée bröckelt in Krise
Das Klischee begann zu bröckeln mit der Berichterstattung über die Wirtschaftskrise, die Arbeitslosenzahlen und den Bildern über soziale Unruhen ab 2012 vor allem in Barcelona. Kaum Aufmerksamkeit fand die Entwaffnung der ETA oder die Proteste gegen Privatisierung im Gesundheitswesen.
Bei der Berichterstattung über die Katalonienkrise hätten ausländi- sche Medien die ebenso umstrittenen wie komplexen Landtagsabstimmungen des Übergangs-, Trennungs- und Referendumsgesetzes vom 6. und 7. September oftmals ausgeblendet und in Folge dessen die Volksabstimmung am 1. Oktober lediglich als „das von der spanischen Regierung als illegal bezeichnete Referendum“umschrieben. Die Debatte, ob das Referendum legal oder illegal war, hätte die internationalen Presse gar nicht aufgegriffen, die Spaltung der katalanischen Gesellschaft auch nicht.
„Die 90 Prozent Ja-Stimmen im Referendum ist eine leicht zu zitierende Zahl, auch wenn sie eine Mehrheit ist, hinter der sich eine Minderheit verbirgt, wenn man das Register berücksichtigt“, meinte Jonathan Blitzer vom „The New Yorker.“Die komplexe katalanische Regierungskoalition um die konservative PdeCat, die republikanische Linke ERC und anarchosyndikalistische CUP hätte kaum Erwähnung gefunden. Sie ließ sich nicht in das einfache LinksRechts-Schema pressen.
Einfache Dialektik
Mehr Anklang fand, das Unabhängigkeitstreben mit der wirtschaftlichen Benachteiligung der Region durch Spanien zu begründen. Ferner hätte die internationale Presse einen leichteren Zugang zu den Unabhängigkeitsbefürwortern als zu den Positionen der spanischen Regierung gefunden. Auch hätten viele ausländische Korrespondenten, laut der Spiegel-Journalistin Helene Zuber, in ihren Berichten aus Katalonien vor allem die emotionale Seite des Konflikts geschildert und die Stimmung von Passanten in den Straßen eingefangen. So bezeichnete „The Guardian“die Vorkommnisse in Katalonien einmal gar als einen Hybriden der Pedro-Almadóvar-Filme „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“und „Fessle mich“.