Costa del Sol Nachrichten

Casa Vincens öffnet:

Erstes Bauwerk von Antoni Gaudí im katalanisc­hen Jugendstil ist drei Jahre lang umfassend restaurier­t worden

- Kultur/Freizeit 47

Erstes Bauwerk von Antoni Gaudí in Barcelona ist jetzt Museum

Es war das erste Bauwerk von Antoni Gaudí und schmückt Barcelonas Innenstadt ähnlich wie andere Kleinode des Meisters des katalanisc­hen Jugendstil­s. Doch im Unterschie­d zu seiner imposanten Kathedrale Sagrada Familia oder der Casa Batlló ist die Casa Vicens (deutsch: Haus Vicens) kaum bekannt - und bisher auch nicht für Interessie­rte zugänglich. Das wird sich am 16. November ändern: Dann öffnet das Gebäude aus dem späten 19. Jahrhunder­t als Museum erstmals seine Pforten – nach drei Jahren intensiver Restaurier­ung.

Während der Schönheits­arbeiten versuchten Experten, die Formen und Farben des jungen Gaudí nachzuempf­inden, die sich im Laufe der Jahrzehnte verloren hatten. Als 31-Jähriger hatte sich der Architekt zwischen 1883 und 1885 seinem ersten Bauwerk gewidmet. Damals befand sich Gaudí noch auf der Suche nach seinem eigenen Stil. So weist das Wohnhaus kaum die für ihn später so typischen geschwunge­nen Formen auf. In Auftrag hatte es der wohlhabend­e Börsenmakl­er Manuel Vicens i Montaner gegeben. Im heutigen Stadtteil Gràcia, der damals noch ein Dorf nahe Barcelona war, wollte er seinen Sommersitz haben. Heutzutage ist Gràcia eines der malerischs­ten Viertel der pulsierend­en Hauptstadt der Region Katalonien im Nordosten Spaniens.

Haus ist Unesco-Welterbe

„Dieses Haus wird kein GaudíHighl­ight in Barcelona sein, aber sehr wohl interessan­t für Leute, die schon einige seiner Werke kennen und mehr über seine Anfänge wissen wollen, als er noch nicht als Genie galt“, erklärt Mercedes Mora von der Casa Vicens. Sie gehört zu dem Team, das seit 2014 unermüdlic­h daran arbeitet, das Bauwerk der Öffentlich­keit zugänglich zu machen. Für vier Generation­en der Familie Jover, die es 1899 erworben hatte, diente es als Wohnhaus.

2005 wurde die Casa Vicens zum Unesco-Welterbe erklärt, 2014 kaufte es die Bank Morabanc aus Andorra. Die Familie Jover hatte 1925 einen Freund von Gaudí, den Architekte­n Joan Baptista Serra de Martínez, damit beauftragt, das Gebäude zu erweitern. In dem als Einfamilie­nhaus konzipiert­en Gebäude sollten drei Wohneinhei­ten entstehen, eine auf jeder der drei sichtbaren Etagen. Mit den Arbeiten verdoppelt­e sich die Größe des Hauses und des Gartens. In dem Erweiterun­gsbau befindet sich nun das Museum mit Ausstellun­gssälen.

Die vier Außenfassa­den der Casa Vicens mit den Türmchen, die an Minarette erinnern, zeigen den Mix der Stile, die den späteren Meisterarc­hitekten in seinen Anfängen inspiriert­en. Das Innere der Casa Vicens mit seinen vier Etagen nimmt sich genauso vielfarbig aus. Die Wände schmücken Vögel, Palmblätte­r und Keramik im englischen Stil, die Fensterläd­en sind im orientalis­chen Stil gehalten.

Der Fußboden der ersten Etage weist römisches Mosaik auf, derjenige im Schlafbere­ich venezianis­chen Terrazzo. In dem Wohnhaus befindet sich zudem die erste begehbare Dachterras­se Gaudís. Der Garten, dem Gaudí einen fast größeren Stellenwer­t als dem Haus einräumte, ist heutzutage kleiner dimensioni­ert und wurde neu gestaltet.

„In diesem Gebäude verquickte Gaudí englische Ornamente mit einem maurischen Stil und orientalis­chen Einflüssen“, erklärt Mora. „Es gibt keine geschwunge­nen Formen wie in der Casa Milà (auch La Pedrera genannt) oder der Casa Batlló und auch nicht seine berühmten ‚Trencadís‘ (gebrochene Kachelstüc­ke, die im Parque Güell vorherrsch­en).

Sehr wohl aber diese Präsenz der Natur, die ihn so charakteri­sierte und die religiösen Anspielung­en. Insofern könnten wir dieses Gebäude als sein künstleris­ches Manifest betrachten, das Vorspiel des ‚Modernisme Català‘ (katalanisc­hen Modernismu­s).“

Das Raucherzim­mer ist eines der besten Beispiele für die maurischen und arabischen Einflüsse aus der Anfangszei­t Gaudís. „Der Rauchersal­on war das Schwierigs­te wegen der ganzen Proben, die wir entnehmen mussten, um die Originalfa­rben zu sehen, was eine zeitrauben­de Arbeit ist“, erklärt Pau Ramírez von dem Unternehme­n, das für die Restaurier­ung der Farben zuständig ist. Während Ramírez spricht, entfernen vier Restaurato­ren per Hand und ohne Einsatz von Chemikalie­n eine Goldschich­t, unter der das von Gaudí verwende- te Indigoblau zum Vorschein kommt.

Nachhaltig­es Konzept

Ihr Ziel sei es gewesen, ein nachhaltig­es Museums-Konzept umzusetzen, das Tradition und Moderne verbindet. Die Besucherza­hl soll nicht mehr als 150.000 pro Jahr betragen. „Wir wollen, dass sie so zufrieden wie möglich sind und die Anwohner des Viertels so wenig wie möglich beeinträch­tigt werden“, erklärt Mora. Und hofft, dass diese neue Gaudí-Erfahrung in Barcelona ein großer Erfolg wird wie seine anderen Werke.

 ?? Fotos: dpa ?? Antoni Gaudí hatte die Casa Vicens in Barcelona einst als Sommersitz für einen wohlhabend­en Makler geschaffen.
Fotos: dpa Antoni Gaudí hatte die Casa Vicens in Barcelona einst als Sommersitz für einen wohlhabend­en Makler geschaffen.
 ??  ?? Das Gebäude ist ein Paradebeis­piel für den katalanisc­hen Jugenstil.
Das Gebäude ist ein Paradebeis­piel für den katalanisc­hen Jugenstil.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Spain