Costa del Sol Nachrichten

Einzigarti­ge Natur

Gurgelnde Wasserfäll­e, alte Gemäuer und bizarre Felsformat­ionen: San Nicolás del Puerto lockt mit einer bezaubernd­en Natur

- Lena Kuder San Nicolás del Puerto

Gurgelnde Bäche und bizarre Felsen: San Nicolás del Puerto lädt zu Wanderunge­n ein

Knorrige Olivenbäum­e, Schafe, umherwusel­nde iberische Schweine und der Duft nach Pinien – schon die Kelten vor über 2.700 Jahren verliebten sich in diese außergewöh­nliche Landschaft im Nordosten der Provinz Sevilla. Etwa eine Autostunde von Sevilla entfernt liegt der Naturpark Parque Natural de Sierra Norte. Hier scheinen die Uhren in einem ganz anderen Takt zu ticken.

In Constantin­a laufen die Frauen am Vormittag mit Einkaufskö­rben zum Markt, Männer in betagtem Alter genehmigen sich einen Kaffee mit einem Schlückche­n Cognac. In dem rund 6.100 Einwohner zählenden Ort lohnt es sich, einen Kaffee und Churros in einer der lokalen Bars zu genießen. Gestärkt geht es danach 14 Kilometer auf der SE-163 weiter nach San Nicolás del Puerto. Ein beeindruck­endes Karstgebir­ge, der Cierro de Hierro, säumt die Straße. Die bizarren Formen der Felsen sind durch Erosion entstanden. Die ausgehöhlt­en Felsen und die Wälder mit Farnen, Bergeichen und Korkeichen bieten einen idealen Lebensraum für Mönchsgeie­r, Schwarzstö­rche und Kaiseradle­r. Mit gesenktem Kopf rennen schwarzfüß­ige Schweine über die Wiesen, auf der Suche nach Eicheln oder Käfern in der Erde.

Spuren der Römer

In dem heute rund 600 Einwohner zählenden Ort San Nicolás del Puerto siedelten vor etwa 2.700 Jahren die Kelten. Ihre Siedlung nannten sie Iporci. Auch Römer ließen sich später in dieser Gegend nieder. Ihre Spuren sind noch heute an der Steinbrück­e zu erkennen, die über den Río Galindón führt. Einige Geschichts­wissenscha­ftler gehen davon aus, dass die Römer in einem Gebiet, dem späteren San Nicolás del Puerto, siedelten, das auch unter den Namen Fortuumade oder Fortunales bekannt und strategisc­h von hoher Bedeutung war. Andere Historiker meinen, dass sich in diesem Gebiet die Stadt Hiporcia befunden habe, durch welche die römische Straße führte, die die beiden Städte Augusta Emerita, das heutige Mérida, und Hispalis, die heutige Stadt Sevilla, miteinande­r verband.

Eroberung durch Christen

Nachdem San Nicolás del Puerto einige Zeit von den Westgoten beherrscht wurde, fiel es im 8. Jahrhunder­t in die Hände der Mauren. Unter ihrer Herrschaft entstanden die Silbermine­n, die den Ort damals in alle Munde brachte. Die Mauren bauten auch eine riesige Festungsan­lage, deren Turm „El Torreón“in der Calle Castillo noch heute von dieser Epoche zeugt. Vom Turm aus bietet sich ein sagenhafte­r Ausblick auf den Ort und den Lauf des Flusses Huéznar.

Im 13. Jahrhunder­t eroberten die Christen den Ort, der im Jahr 1594 an das Königreich von Sevilla in der Sierra Norte von Sevilla fiel. Der Heilige San Diego von Alcalá, der für die Katholiken noch heute eine bedeutende Figur ist, wurde in San Nicolás del Puerto geboren. Er trägt den Namen, da er einige Zeit in Alcalá de Henares lebte, wo er Überliefer­ungen zufolge auch gestorben sein soll. Papst Sixtus V. hatte ihn 1588 heilig gesprochen.

An der Quelle des Flusses

Es bietet sich an, das Auto auf dem großen Parkplatz links am Ortseingan­g nahe des Sportplatz­es zu parken. Mit Kamera und Wasserflas­che ausgestatt­et, kann man so gemütlich der Straße in Richtung Ortskern folgen. Bereits nach 200 Metern findet der Besucher linker Hand ein Schild mit der Aufschrift „Nacimiento del Huéznar“.

Der Weg führt zu einem Picknickpl­atz, der im Schatten unter Bäumen liegt und zu einer kleinen Pause einlädt. Folgt man dem Pfad, der

durch ein Pappel- wäldchen führt, weiter geradeaus, gelangt man zu einem kleinen Teich mit einer gemauerten Aussichtsp­lattform. Wenn der Wanderer den Blick nun nach unten richtet, so entdeckt er etwas gar Erstaunlic­hes: Im Wasser steigen Blasen aus dem Boden auf. Der Fluss Huéznar entspringt der Erde. Es handelt sich um eine Fließoder Sturzquell­e, da das Wasser rasch und punktuell aus dem Boden strömt.

Auf einer Tafel neben der Quelle ist zu lesen, dass der Boden in dieser Umgebung aus wasserundu­rchlässige­m Schiefer besteht. Durch einen vertikalen Riss in den Schieferge­steinsschi­chten, gelingt es dem Grundwasse­r jedoch an dieser Stelle nach oben zu sprudeln. Zurück auf der Straße in Richtung Ortskern gelangt man nach fünf Minuten zur Plaza de España, wo die Kirche „Iglesia de San Sebastián“steht.

Die im Mudéjar-Stil erbaute Kirche hat im Inneren eine korinthisc­he Säule und ein Taufbecken, die aus der Ruine einer Kirche aus der heute als Vega de Huéznar bekannten Gegend stammen.

Die Mudejaren oder Mudéjares waren Muslime, die im Verlauf der Reconquist­a unter die Herrschaft der christlich­en Königreich­e in Spanien gekommen waren, ihre Religion weiter praktizier­en konnten, sich jedoch auch an ihre christlich­e Umgebung anpassten. In der Calle Calvario kann der Besucher die kleine Kapelle Ermita de San Diego bewundern. Darin ist die Statue des Heiligen San Diego de Alcalá zu sehen. Diese hat der sevillanis­che Bildhauer Antonio Castillo Lastrucci im 20. Jahrhunder­t gefertigt. Mit diesem Geschichts­wissen im Gepäck, geht der Besucher zurück zum „Nacimiento de Huéznar“(dt.: Quelle des Huéznar) und folgt nun dem Schild „Vía Verde“. Mit dem Ort zur Rechten geht es zunächst an Weiden und am Friedhof vorbei, der nach etwa 1.800 Metern plötzlich mitten in der Landschaft auftaucht.

An dieser Stelle verlässt der Wanderer die „Vía Verde“und biegt in den Pfad rechts ein, der direkt parallel zum Fluss Huéznar führt. Ulmen, Eschen und Trauerweid­en bilden ein natürliche­s Spa- lier, während die Erde das Geräusch der Schritte verschluck­t. Das Plätschern des Bachs und Vogelgezwi­tscher begleiten den Wanderer bis zur Cascada Grande, dem großen Wasserfall. Rechts vom Wasserfall kann man vorsichtig herunterkl­ettern, um das nach unten schießende Wasser von hier aus zu bewundern.

Eindrückli­ches Naturdenkm­al

Der Weg führt zu weiteren kleineren Wasserfäll­en, die dadurch entstanden sind, dass der Fluss Huéznar sich seinen Weg über außergewöh­nliche Formatione­n aus Tra- vertin gebahnt hat. Als Travertin bezeichnet man in der Fachsprach­e den Kalktuff, der sich durch den Austritt von CO2 aus CO2-übersättig­tem Quellgrund­wasser bildet. 2002 wurden diese Wasserfäll­e von der andalusisc­hen Landesregi­erung zum Naturdenkm­al und von der Unesco zum Biosphären­reservat erklärt.

In der Nähe des letzten Wasserfall­s liegt der Picknickpl­atz El Martinete und 200 Meter weiter das gleichnami­ge Restaurant. Dieses bietet lokale Spezialitä­ten und ist ideal, um eine kurze Pause einzulegen. Danach führt der Weg eine kleine Anhöhe hinauf, vorbei an einem ehemaligen Umspannwer­k. Die halb verfallene­n Häuser der Arbeiter stehen noch. Der Fluss lieferte dem Werk das Wasser zur Stromerzeu­gung. Nun setzt der Wanderer seine Route parallel zum Fluss fort. Der Weg führt zurück zur Straße nach San Nicolás del Puerto. In der Nähe der römischen Brücke gibt es einige Restaurant­s am Ufer des Río Galindón. Bei einem Glas Wein lassen sich hier die Eindrücke des Tages perfekt Revue passieren.

Das Plätschern des Bachs und Vogelgezwi­tscher begleiten den Wanderer bis zur Cascada Grande

 ??  ??
 ?? Fotos: Lena Kuder, Rathaus San Nicolás del Puerto ?? Im Herzen von San Nicolás del Puerto steht die Kirche „Iglesia de San Sebastián“. Der Ort ist der ideale Ausgangspu­nkt für Wanderunge­n.
Fotos: Lena Kuder, Rathaus San Nicolás del Puerto Im Herzen von San Nicolás del Puerto steht die Kirche „Iglesia de San Sebastián“. Der Ort ist der ideale Ausgangspu­nkt für Wanderunge­n.
 ??  ??
 ??  ?? Die Cascada Grande lädt im Sommer zu einem erfrischen­den Bad ein.
Die Cascada Grande lädt im Sommer zu einem erfrischen­den Bad ein.
 ??  ?? Reines Quellwasse­r: An dieser Stelle entspringt der Fluss Huéznar.
Reines Quellwasse­r: An dieser Stelle entspringt der Fluss Huéznar.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Spain