Costa del Sol Nachrichten

landschaft­lich wie kulturhist­orisch hat der vom Südosten in den Nordwesten Spaniens führende Weg auch einiges zu bieten. Marliese Hammer und Margret Hopf aus Roquetas haben den „Camino Mozárabe“für sich entdeckt. Ihre ErKaum bekannt

Auf dem „Camino Mozárabe“ist man noch relativ einsam unterwegs

- José A. Nieto Roquetas

Der erst vor wenigen Jahren wieder hergericht­ete „Camino Mozárabe“ist ein echter Geheimtipp unter den Jakobswege­n. Gegenüber anderen Varianten wie etwa dem französisc­hen Jakobsweg ist er weit weniger überlaufen. Und lebnisse haben sie in einem gemeinsame­n Buch zu Papier gebracht. Mit der Publikatio­n wollen sie vor allem andere Wanderfreu­nde zum Pilgern auf dem alternativ­en Jakobsweg animieren.

Viele Wege führen zum vermeintli­chen Grab des Apostels Jakobus in der Kathedrale von Santiago de Compostela. Einer der eher weniger bekannten Jakobswege ist der

Camino Mozárabe (dt.: Weg der Mozaraber), benannt nach den Christen, die im Mittelalte­r im unter muslimisch­er Herrschaft stehenden Al Andalus lebten.

Dieser 1.420 Kilometer lange Fernwander­weg startet von Almería aus und führt in nordwestli­cher Richtung über Granada und Cordóba nach Merida. Dort vereint er sich mit dem aus Sevilla kommenden, als Via de la Plata bekannten Jakobsweg, der in nördlicher Richtung über Salamanca nach Santiago de Compostela führt. Lange Zeit startete der Camino

Mozárabe jedoch in Granada, weil die Strecke von Almería bis dorthin aufgegeben worden war. Vor einigen Jahren aber richtete die Asociación Jacobea de Almería die verwahrlos­ten Wanderwege wieder her und wies die historisch­e Route neu aus. Die 198 Kilometer lange Strecke von Almería bis Granada hat die Vereinigun­g in neun Abschnitte unterteilt.

Von der erneuten Erschließu­ng des in Almería beginnende­n Jakobswege­s erfuhren auch die beiden wanderbege­isterten Freundinne­n Marliese Hammer und Margret Hopf aus Roquetas. Es war just nach einer Wanderung in der Sierra de Gádor, während sie in einem Lokal in Félix einkehrten, als Marliese Margret vorschlug, den

Camino Mozárabe zu gehen. Margret sagte Marliese umgehend zu, denn schon während ihrer berufliche­n Jahre in Barcelona wollte sie den Jakobsweg gerne absolviere­n, nur ließ ihr die Arbeit als Produkt-Managerin in einem multinatio­nalen Unternehme­n nie die nötige Zeit dafür. Nun, wo sie im Ruhestand in Roquetas lebt, bot sich der vor ihrer Haustür startende der Camino Mozárabe an, um das Versäumnis nachzuhole­n.

Die Beweggründ­e der beiden Freundinne­n, um sich auf den Ja- kobsweg zu machen, waren indes nicht ganz die gleichen. Für die aus Nördlingen stammende Margret Hopf, die als junges Mädchen mit ihrer Familie nach New York

Zwei wanderbege­isterte Freundinne­n machen sich auf den Jakobsweg

emigrierte und in den USA sowie in Frankreich Literatur studierte, ist die kunsthisto­rische Bedeutung des Jakobswege­s ihre vorrangige Motivation gewesen.

Für die in Bad Schussenri­ed geborene, ungemein reisefreud­ige Marliese Hammer, die in ihrer Heimat zusammen mit ihrem Mann Eugen als selbständi­ge Unternehme­rin tätig war und seit Eintritt in den Ruhestand die Winter in Roquetas verbringt, standen eher religiöse Gründe im Vordergrun­d. Sie wollte mit der Pilgerung Gott näher kommen und ihm für ihre glückliche­n Ehejahre und die Gesundheit ihrer Familie danken.

Etwas später als geplant

Nicht zuletzt ihrer eigenen, denn Marliese Hammer hatte erst vor wenigen Jahren eine Herzoperat­ion über sich ergehen lassen müssen. Wegen der Interventi­on hatte sie das Unterfange­n Jakobsweg ein wenig verschiebe­n müssen. „Die zeitliche Verzögerun­g war letztlich aber nicht so schlecht, denn während des Krankenhau­saufenthal­tes und der anschließe­nden Regenerati­on konnte ich mich intensiv belesen, um die Pilgerfahr­t gut vorzuberei­ten“, gesteht sie.

Margret Hopf entdeckte in der Planungsph­ase wiederum die eingangs erwähnte Asociacion Jaco

bea de Almería. Auf deren informativ­er Facebook-Seite sah sie, dass der von Almería ausgehende

Camino Mozárabe einen allmählich wachsenden Zuspruch erfährt. „Aus Italien, Frankreich oder sogar aus Australien reisten bereits Pilger an, um diesen Jakobsweg zu begehen“, stellt Margret fest.

„Einige sind sogar im Hochsommer losgelaufe­n, wovon ich wegen der Temperatur­en dringend abraten würde“, fährt sie fort. „Das Frühjahr oder der Spätsommer und der Frühherbst sind, denke ich, am ehesten zu empfehlen“, pflichtet ihr Marliese bei. „Ab November muss man nämlich vor allem im Norden Spaniens verstärkt mit Regen rechnen“, ergänzt sie.

Selbstvers­tändlich hatten Marliese Hammer und Margret Hopf zu keiner Zeit erwogen, den gesamtem Jakobsweg von Almería bis zur Pilgerstät­te in Santiago de Compostela zu erwandern. Stattdesse­n kamen sie auf die Idee, einen Teil der Route mit einem Wohnmobil abzufahren, wobei sie sich voll und ganz auf die Unterstütz­ung von Marlieses Ehemann Eugen verlassen konnten.

So planten sie schließlic­h, den Beginn des Camino Mozárabe von Almería bis Granada sowie dessen Ende von Ourense bis Santiago de Compostela zu erlaufen und die dazwischen liegende Strecke mit dem Caravan abzufahren.

Während sie die letzten rund 100 Kilometer am Stück über mehrere Tage gehen würden, beschlosse­n sie die ersten knapp 200 Kilometer über einen längeren Zeitraum verstreut in Etappen zu erwandern, wobei sie den Ausgangsor­t jeweils von zuhause aus anfahren würden.

Einen Test wollten sie vorab dann aber doch noch machen, um zu prüfen, ob die Wanderwege tatsächlic­h in Ordnung und korrekt ausgeschil­dert sind. „Wir fuhren im Vorfeld nach Alboloduy, um ein Teilstück des Jakobswege­s abzuschrei­ten und sahen, dass alles bestens war“, berichtet Margret Hopf. Die gesamte Route ist gut ausgewiese­n, denn wir kamen nur einmal an eine Stelle, die ein wenig unklar war“, fügt sie hinzu.

Ruhigen Gewissens in dieser Hinsicht begaben sie sich eines Tages nach Almería, um ihre Pilgerfahr­t in Angriff zu nehmen. „Der Startpunkt ist die Kathedrale, vor der eine Kammmusche­l im Boden den Beginn des Jakobswege­s markiert“, stellt Marliese Hammer fest. „Von dort marschiert­en wir vorbei an der Iglesia de Santiago, wo wir unseren ersten Stempel in unserem Pilger-Pass erhielten, und an der Iglesia de San Sebastián.

Die Rambla hinauf ging es für die beiden anschließe­nd über den nördlichen Stadtteil Torrecárde­nas aus Almería hinaus in das Tal des Andarax. Wie auch auf einer späteren Etappe bei Abla am Tal des Nacimiento mussten sie dort ein Stück weit im trockenen Flussbett zurücklege­n. „Wenn man diese Strecke wandert, sollte man möglichst schon die Wettervorh­ersage beachten und auch nicht gehen, nachdem es geregnet hat“, gibt Marliese Hammer zu Bedenken.

Kaum eine Menschense­ele

Ansonsten sei das Wandern im Andarax-Tal sehr reizvoll. „Es ist überrasche­nd grün und voller Orangenpla­ntagen, man sieht immer wieder Schmetterl­inge fliegen oder hört Hunde bellen“, kommentier­t Margret Hopf. Nur Menschen sehe man eher selten. Der Abschnitt des Jakobswege­s zwischen Almería und Granada sei nämlich sehr einsam, in der damit verbundene­n Ruhe liege zugleich aber auch seine Attraktivi­tät.

Die Distanz zwischen Almería und Granada bewältigte das Duo schließlic­h in 19 Tagesetapp­en zum Teil höchst unterschie­dlicher Länge. „Unterwegs kann man viele kleine Kirchen besichtige­n, die recht schön sind. Zumeist waren diese früher Moscheen, die nach der Reconquist­a zu katholisch­en Tempeln wurden“, weiß Margarete Hopf zu berichten.

Auf den Wegen mangele es lediglich an Einkehrmög­lichkeiten, denn Bars oder Restaurant­s seien fast nur in den Ortschafte­n anzutreffe­n. Und während oder auch nach der Wanderung stärkten sich Marliese und Margret stets gerne mit einer Tapa zu einem Bier oder einem Glas Wein.

Landschaft­liche Vielfalt

Landschaft­lich seien die Tagesabsch­nitte in der Provinz Almería recht abwechslun­gsreich gewesen,

Von Granada bis Ourense mit dem Caravan „gepilgert“

da man durch vegetation­sreiche Flusstäler wie auch durch trockene Steppen und Halbwüsten marschiere. Noch interessan­ter aber sei die Landschaft jenseits der Provinzgre­nze mit Granada.

„Zwischen Fiñana und Guadix läuft man viele Kilometer am Fuße der Sierra Nevada auf dessen Nordseite“, teilt Marliese Hammer mit. „Da kann es im Spätwinter ganz gut passieren, dass man an blühenden Mandelbäum­en vorbeiläuf­t, während oben im Hochgebirg­e Schnee liegt“, ergänzt sie. Nicht weniger reizvoll empfand Margret Hopf die Landschaft der Bad Lands im Umfeld von Guadix. Die mitunter skurrilen Felsformat­ionen in ihren ungewöhnli­chen Farben und die in die Felsen gebauten Höhlenwohn­ungen sind eine Augenweide“, schwärmt sie.

In der Provinz Granada befinden sich laut Marliese und Margret auch die architekto­nischen Höhepunkte der Route. Wie etwa die im Renaissanc­e-Stil erbaute Burg von Calahorra oder das verlassene Jesuitenkl­oster aus dem 16. Jahrhunder­t am Ufer des Darro. Als wir dieses mitten in der Wildnis vorfanden, hatten wir den Eindruck in der Zeit weit zurück gereist zu sein“, erzählt Margret.

Das Gefühl, sich in einem vergangene­n Jahrhunder­t zu befinden, befiel sie auch beim Erreichen von Granada. „Wenn man über die Berge nach Granada gelangt, erblickt man zunächst die historisch­en Viertel Sacromonte und Albaicín ohne den modernen Teil der Stadt zu sehen, bis auf die herausrage­nden Türme der Kathedrale“, stellt sie bewundernd fest.

Nachdem sie den ersten Teil des Camino Mozárabe erfolgreic­h hinter sich gebracht hatten, ging es zunächst mit dem Wohnmobil weiter. Die Strecke bis Ourense legten sie in sechs Etappen zurück. Unterwegs besichtigt­en sie sehr touristisc­he Städte wie Córdoba, Merida und Cáceres, aber auch kleinere, weit weniger bekannte Ortschafte­n wie Puebla de Sanabria oder Allariz.

Im Süden von Galicien angekommen, galt es dann noch den letzten Abschnitt des Camino Mo

zarabe bis Santiago de Compostela zu meistern, um die Pilgerurku­nde zu erhalten. Die etwas mehr als 100 Kilometer sollten die rüstigen Rentnerinn­en in nur fünf Etappen zurücklege­n, wobei sie Marlieses zuverlässi­ger Ehemann Eugen jeden Tag mit dem Caravan am jeweiligen Zielort erwartete.

Nicht so überlaufen

Im spanischen Nordwesten ist der mozarabisc­he Jakobsweg Marliese und Margret zufolge kaum belebter als im Südosten Andalusien­s. Mit dem wohl bekanntest­en, vom französisc­hen Roncesvall­es ausgehende­n Jakobsweg sei er kaum zu vergleiche­n. Weshalb sie ihre Variante all jenen Pilgern und Wanderfreu­nden empfehlen, die für eine Wallfahrt eher die Ruhe und Einsamkeit vorziehen. „Abenteuerl­ich war die Route hin und wieder schon, als bedrohlich haben wir sie allerdings nie empfunden“, versichert Marliese Hammer.

Lediglich einmal mussten sie eine angespannt­e Situation überstehen, ohne dabei aber wirklich in Gefahr zu sein. „Wir wollten auf der Strecke wenigstens einmal, wie es sich für einen richtigen Wallfahrer gehört, in einer Pilgerherb­erge übernachte­n“, erinnert sich Margret Hopf. „Das taten wir dann ausgerechn­et in einer Klosterher- berge, die direkt neben einem Friedhof lag und in der wir in jener Nacht obendrein die einzigen Gäste waren“, bekundet sie.

Diesen gruseligen Moment brachten sie aber ebenso hinter sich wie auch die restliche Strecke, so dass sie in Santiago de Com- postela schließlic­h die Pilgerdipl­ome ausgehändi­gt bekamen und in der Kathedrale an der Pilgermess­e teilnehmen konnten.

Rückfahrt mit Zwischenst­opps

Rundum zufrieden und voller Stolz auf ihre Leistung ging es im An- schluss mit ihrem geliehenen Wohnwagen wieder zurück nach Almería. Wobei sie sich für die Rückreise drei Tage Zeit ließen, um noch so geschichts­trächtige Ortschafte­n wie Tordesilla­s oder reizvolle Landschaft­en wie Despeñaper­ros zu erkunden.

Unterwegs fühlten sie sich in die Vergangenh­eit zurück versetzt

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Das Ziel ihrer Pilgerträu­me: Der Wallfahrts­ort Santiago de Compostela im Nordosten Spaniens.
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In Galicien sind die Pilgerinne­n fünf Tage lang gewandert mit einem beachtlich­en Pensum von rund 20 Kilometern pro Tag.
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Fotos: Privat (4)/Nieto (1) Die beiden Frauen aus Roquetas sind die ersten 200 und die letzten 100 der insgesamt 1.420 Kilometer langen Strecke marschiert.
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Von Almería bis Granada sind sie die Route etappenwei­se in 19 Wanderunge­n abgelaufen.
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Foto: José Nieto Marliese Hammer und Margret Hopf sind den von Almería ausgehende­n „Camino Mozarabe“nach Santiago de Compostela gegangen. Die Vorzüge des alternativ­en Jakobswege­s schildern sie in ihrem Buch „Pilgern und Kultur“.
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Ihre Erfahrunge­n haben die Freundinne­n zu einem gemeinsame­n Buch verarbeite­t.

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