Costa del Sol Nachrichten

Tränen hinter der Glasscheib­e

Im Gefängnis von Archidona sind zurzeit über 500 Immigrante­n untergebra­cht – NGOs kritisiere­n dies

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Málaga – lk. Aufgrund des enormen Flüchtling­sansturms in Murcía und Almería vor knapp zwei Wochen hatte das spanische Innenminis­terium am 20. November beschlosse­n, über 500 Bootsflüch­tlinge, in erster Linie handelt es sich um algerische Flüchtling­e, im Gefängnis von Archidona, dem Centro Penitencia­rio Málaga II, unterzubri­ngen. Der Neubau stand bis dato leer und soll voraussich­tlich im Frühjahr 2018 in Betrieb genommen werden.

Nach Angaben des spanischen Innenminis­ters Juan Ignacio Zoido (PP) hätten bis zu sieben Richter grünes Licht für die Entscheidu­ng des spanischen Innenminis­teriums gegeben. Und auch der andalusisc­he Vize-Ministerpr­äsident Manuel Jiménez Barrios (PSOE) habe die Idee für gut befunden, die Flüchtling­e in Archidona unterzubri­ngen. Rot sahen allerdings die Hilfsorgan­isation Cáritas, die Flüchtling­sorganisat­ion Málaga Acoge und auch die spanische Bischofsko­nferenz CEE. Sie kritisiert­en, dass die Immigrante­n auf diese Weise kriminalis­iert und ungerecht behandelt würden.

Im Gespräch mit der CSN verurteilt Arantxa Triguero, Rechtsanwä­ltin und Präsidenti­n der Immigrante­norganisat­ion Málaga Acoge, diesen Schritt aufs Schärfste. „Ich bin mir sicher, dass es ausreichen­de Unterbring­ungsmöglic­hkeiten für die Immigrante­n gibt“, so Triguero.

Maximal 60 Tage

Gegenüber spanischen Medien betonte der Generalsek­retär für Sicherheit, José Antonio Nieto (PP), bei einem Treffen mit Archidonas Bürgermeis­terin Mercedes Montero (PSOE) dass die Flüchtling­e maximal 60 Tage in Archidona bleiben würden und es sich um eine Ausnahmesi­tuation handle. Eine Ausnahmesi­tuation, die viele der in Archidona untergebra­chten Immigrante­n Triguero zufolge nicht verstehen. „Das Ausländerr­echt sieht vor, dass ein Centro de Internamie­nto de Extranjero­s (CIE) (dt.: Auffanglag­er) keinen Gefängnisc­harakter haben darf“, unterstric­h Triguero, „dagegen wird eindeutig verstoßen. Ich war vor Ort, um mich mit den Immigrante­n zu unterhalte­n.“Viele Flüchtling­e hätten nicht gewusst, wo sie sind. „Ich konnte mit den Immigrante­n nicht unter vier Augen sprechen, sondern nur durch die Glasscheib­e, wie es in Gefängniss­en eben üblich ist. Während der Gespräche haben einige der Flüchtling­e angefangen zu weinen“, berichtet die Rechtsanwä­ltin. Die Polizisten und Mitarbeite­r des Roten Kreuz würden nicht ausreichen, um sich angemessen um die Immigrante­n kümmern zu können, so Triguero.

Erneuter Besuch in Archidona

Zusammen mit anderen NGOs habe Málaga Acoge eine Klage formuliert, die sie am vergangene­n Montag bei der Staatsanwa­ltschaft eingereich­t hätten. Darin fordern sie, dass eine alternativ­e Unterkunft für die Flüchtling­e gesucht wird.

Wie spanische Medien am gestrigen Mittwoch berichtete­n, hat Triguero Anfang der Woche das Gefängnis von Archidona erneut besucht und sich mit zwölf al- gerischen Flüchtling­en unterhalte­n. Sie hätten ihr gegenüber versichert, zu frieren und keine frische Kleidung zu haben, da ihre Angehörige­n sie nicht besuchen dürften. Andalusien­s Ministerpr­äsidentin Susana Díaz (PSOE) sagte gegenüber der Nachrichte­nagentur Europa Press: „Wir hatten dem Innenminis­ter Juan Ignacio Zoido klar und deutlich gesagt, dass die Immigrante­n, die an den Küsten eines demokratis­chen und zivilisier­ten Landes ankommen, keinesfall­s in einem Gefängnis landen dürfen.“

Eine Delegation aus Kongressun­d Senatsabge­ordneten wird das Gefängnis von Archidona am morgigen Freitag besuchen. Wie der sozialisti­sche Abgeordnet­e David Serrada gegenüber spanischen Medien sagte, wird der Besuch dazu dienen, die Haftanstal­t und die Lebensbedi­ngungen der Flüchtling­e in Augenschei­n zu nehmen.

„Auffanglag­er dürfen keinesfall­s Gefängnisc­harakter haben“

 ?? Foto: EFE ?? Schrei nach Freiheit: Die im Gefängnis von Archidona untergebra­chten Immigrante­n hängen Handtücher und T-Shirts aus den vergittert­en Fenstern ihrer Zellen und bitten um ihre Freilassun­g.
Foto: EFE Schrei nach Freiheit: Die im Gefängnis von Archidona untergebra­chten Immigrante­n hängen Handtücher und T-Shirts aus den vergittert­en Fenstern ihrer Zellen und bitten um ihre Freilassun­g.

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