Nur ein Viertel für Ablösungsprozess
Puigdemont betreibt Wahlkampf von Belgien aus – Oberster Gerichtshof sammelt Verfahren
Barcelona/Madrid – Nur ein Viertel der Katalanen ist dafür, mit dem Ablösungsprozess von Spanien fortzufahren, hat die Umfrage von Metroscopia für die Zeitung „El País“vom Sonntag ergeben. Dennoch könnte es eine spannende Wahl werden. Der abgesetzte und nach Brüssel geflüchtete katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont sagte auf einer Veranstaltung bei Brügge, die Katalanen sollten mit ihrer Stimme der Zwangsverwaltung durch die Regierung Mariano Rajoy eine klare Absage erteilen. Nur so könnte Katalonien auf seinem Kurs weitermachen.
Für den 7. Dezember bereiten die sezessionistischen Plattformen ANC und Omnium Cultural eine große Demo in Brüssel vor. „Europa, wach auf! Hilf Katalonien!“, lautet das Motto. Am 4. Dezember wird die belgische Justiz über Puigdemonts Schicksal entscheiden. Spanien fordert seine Auslieferung mit einem Europäischen Haftbefehl. Puigdemont weiß, dass er ins Gefängnis kommt, die Frage scheint zu sein, wann. Er nutzt die Zeit und fordert ein Referendum darüber, ob die Katalanen in der EU bleiben wollen.
Ausgerechnet im Herzen der EU, in Brüssel, nannte er die Union einen „Club überholter und dekadenter Länder“. Dabei ist die Frage müßig. Denn wenn Katalonien tatsächlich unabhängig würde, stünde es automatisch außerhalb der EU und müsste einen Aufnahmeantrag stellen, dem alle Mitgliedsstaaten zustimmen müssten. Das würden Spanien, aber vermutlich auch Belgien und Italien, die sich gegen eigene Separatisten wehren, nicht unterstützen. Ein Referendum wäre also gar nicht nötig. Auch die katalanischen Parteien sind gegen ein solches Referendum.
Am Freitag hat der Oberste Gerichtshof (TS) die alleinige Zuständigkeit für die Verfahren gegen den Unabhängigkeitsprozess übernommen. 14 vom Nationalen Strafgericht in Haft gesetzte ehemalige Mitglieder der katalanischen Regierung und der separatistischen Plattformen hoffen nun auf Umwandlung der U-Haft in Frei- lassung auf Kaution. Diesen Weg hatte das TS beim Parlamentspräsidium gewählt.
Am Dienstag stellten die Inhaftierten entsprechende Anträge, auch der ERC-Chef und abgesetzte Vizeregierungschef Oriol Junqueras akzeptiert und befolgt den Artikel 155, um aus dem Gefängnis zu kommen und als Spitzenkandidat der ERC Wahlkampf machen zu können. Der Wahlkampf beginnt am 5. Dezember.
Stärkste Partei unter den Verfechtern der Einheit Spaniens könnte Ciudadanos (C’s) werden. Der Generalsekretär der PSOE, Pedro Sánchez, sagte, die Sozialis- ten würden nicht mit der liberalkonservativen C’s gemeinsame Sache machen und erntete viel Kritik. Unter anderem vom Chef der katalanischen Sozialisten (PSC), Miquel Iceta. Der schließt eine Zusammenarbeit nur mit den Befürwortern der Unabhängigkeit aus.
69 Prozent der Befragten gaben bei der Metroscopia-Umfrage an, nicht ausreichend über die realen Konsequenzen eines unabhängigen Katalonien informiert worden zu sein. Dazu gehört die Abwanderung zahlreicher Firmen. Die Madrider Regierung versucht nun, mit Steuererleichterungen katalanische Firmen zurückzuholen.
Puigdemont nennt EU „Club überholter und dekadenter Länder“