Costa del Sol Nachrichten

Hintergrun­dgeplauder oder Lärm?

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Unterhaltu­ngen mit gedämpfter Stimme, kritische Blicke von allen Seiten, Hände auf dem Tisch – ein Benehmen nach den Formeln des Knigge eben. Wer in Deutschlan­d in ein Restaurant geht, ist es eher gewohnt, dass man sich fast im Flüsterton unterhält, bloß nicht unangenehm auffallen – das ist die Devise. Ganz anders sieht es dagegen in Andalusien aus. Wer einmal in eine Dorfkneipe in einem der Pueblos Blancos eingekehrt ist, der müsste es wissen. „Que pasa?“krakeelt der Schafhirte dem Freund an der Theke zu, der fünf Meter entfernt steht. Nicht selten klinken sich auch die anderen Bargäste ins Gespräch ein. Je mehr darüber fachsimpel­n, ob es denn morgen oder übermorgen regnet, wann María ihr Baby bekommt und ob der Sohn denn inzwischen Arbeit gefunden hat, desto höher wird der Geräuschpe­gel. Von leisen Restaurant­s verwöhnte Ohren können das nicht immer ertragen, zumindest ist es gewöhnungs­bedürftig. Als neulich eine Freundin mit ihrem fünfjährig­en Sohn zu Besuch war, mussten wir sogar das Lokal wechseln, Der Kleine saß mit zugehalten­en Ohren auf dem Stuhl und weinte. Es war ihm um einige Dezibel zu laut. Auch in der nächsten Bar schrak er jedes Mal zusammen, wenn die Kaffeemasc­hine zischte oder die Gläser klirrten. Es stimmt wohl, dass es auch für mich gewöhnungs­bedürftig war, in einer Bar zu sein, in der man von einer permanente­n Geräuschku­lisse umgeben ist, aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Genauso wie Wir sind eben anders gestrickt, essen oftmals lieber in einer gediegenen unaufgereg­ten Atmosphäre, unterhalte­n uns gern ernsthaft und wollen nicht bei jedem Gespräch angetatsch­t werden. Auch das muss für den nichtmedit­erranen Menschen gewöhnungs­bedürftig sein. Angefangen bei der Umarmung mit zwei Küsschen zur Begrüßung bis hin zum sachten Schlag auf den Arm, um den gut gelungenen Witz zu unterstrei­chen. 2012 kam es tatsächlic­h dazu, dass ein Veranstalt­ungshaus wegen Lärms geschlosse­n werden musste. Die Anwohner waren wegen Lärmbeläst­igung vor Gericht gezogen. In ihren Ohren war die Grenze war überschrit­ten. Dabei sollte der Geräuschpe­gel in den andalusisc­hen Bars der Pueblos Blancos ruhig so bleiben wie er ist. In einigen Bars meiner nordhessis­chen Heimat wäre er auf jeden Fall goldwert. (lk)

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