80-Millionen-Marke im Visier:
Wenn Männer ihre Frauen töten – Kinder bleiben als Waisen zurück – Schutzmaßnahmen versagen
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Madrid – ck. 48 von ihren Partnern ermordete Frauen 2017, 44 im Jahr 2016 – die Gesellschaft empört sich, die Politiker haben sich auf einen Staatspakt geeinigt, um das Übel zu bekämpfen. Der letzte Fall 2017 war besonders erschreckend: In Azuqueca de Henares (Provinz Guadalajara) schnitt ein Mann seiner Frau vor den drei Kindern die Kehle durch. Anschließend versuchte der Mann, sich umzubringen.
Die Familie war nie wegen Streit aufgefallen, es lagen keine Anzeigen wegen häuslicher Gewalt vor. Aber der Mann war von einer früheren Partnerin 2007 einmal wegen Misshandlung angezeigt worden. Die Frau hatte dann aber keine Aussage gemacht, und der Fall wurde zu den Akten gelegt.
Die Tat in Azuqueca verdeutlicht ein weiteres Drama: Die Kinder, die zu Waisen werden. Denn selbst wenn sich der Vater nicht umbringt, verliert er das Sorgeund Besuchsrecht. Die traumatisierten Kinder landen im Heim oder bei Verwandten. 27 im Jahr 2017. Acht Kinder wurden sogar ebenfalls getötet.
20 Prozent der Frauen hatten ihre künftigen Mörder angezeigt, aber nur zehn Prozent erhielten Schutz. Marisa Soleta, Direktorin der Stiftung Mujeres, warnt in der Zeitung „El País“, die richterliche Anordnung, sich dem Opfer nicht zu nähern, braucht die Mitarbeit des Täters und ist sonst gewissermaßen absurd. Es müsste viel öfter Untersuchungshaft verhängt werden.“Sie bezieht sich auf den Fall der jungen Frau in Benicàssim. Dort zerrte Heiligabend ein Mann seine Ex-Partnerin ins Auto, das er anschließend gegen die Zapfsäule einer Tankstelle steuerte. Der Mann war wegen Häuslicher Gewalt vorbestraft, er war angezeigt worden und hatte seiner Ex gedroht. „Halb Spanien fragt sich, weshalb der Mann frei herumlief“, so Soleta.
Die Fälle werden individuell klassifiziert und in bürokratische Kategorien eingestuft. Im Fall Benicàssim wurde ein mittleres Risiko gesehen. Das offensichtliche Versagen der Behörden in diesem Fall hat weitergehende Konse- quenzen als den tragischen Tod der Frau. Andere Frauen würden keine Anzeige erstatten, weil sie das Gefühl haben, es nütze sowieso nichts und sie wären der Wut des Mannes schutzlos ausgeliefert, so Soleto.
Wenn extremes Risiko besteht, wird die Frau rund um die Uhr bewacht. Aber es fehlt Personal. Manchmal sind zwei Polizisten für 250 Frauen zuständig, berichtet ein anonym bleibender Polizist der Zeitung „ABC“. 55.333 Personen sind in Spanien im Schutzsystem (Viogen) eingetragen.
Da kommen die 200 Millionen Euro, die in diesem Jahr im Rahmen des Pakts gegen Häusliche Gewalt investiert werden – eine Milliarde ist in den kommenden Jahren vorgesehen – gerade recht. Doch Fachleute weisen darauf hin, dass nicht nur Hilfen für die Opfer nötig sind, sondern auch psychologische Behandlung der möglichen Täter. Die Männer müssen ihre Haltung verändern.
Derweil hielt ein neuer Fall Spanien in Atem und zeigt, wie wenig abgestimmt die behördlichen und juristischen Maßnahmen sind: In Sevilla hat ein wegen Misshandlung vorbestrafter Ex-Polizist seine beiden Kinder nicht wie vorgesehen der Mutter übergeben. Am Dienstag wurden die Kinder wohlbehalten gefunden, der Ex-Polizist verhaftet, nachdem er drei Kollegen verletzt hatte. Gegen ihn lagen 30 Anzeigen vor, und er sollte eine 34-monatige Haftstrafe antreten. Seiner Ex-Frau durfte er sich nicht nähern, hatte aber immer noch das geteilte Sorgerecht für die Kinder.
Das Näherungsverbot braucht die Mitarbeit des Täters und ist sonst gewissermaßen absurd