Costa del Sol Nachrichten

80-Millionen-Marke im Visier:

Wenn Männer ihre Frauen töten – Kinder bleiben als Waisen zurück – Schutzmaßn­ahmen versagen

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Spaniens Tourismus eilt von Rekord zu Rekord: Bis November haben 77,8 Millionen ausländisc­he Urlauber das Land besucht

Madrid – ck. 48 von ihren Partnern ermordete Frauen 2017, 44 im Jahr 2016 – die Gesellscha­ft empört sich, die Politiker haben sich auf einen Staatspakt geeinigt, um das Übel zu bekämpfen. Der letzte Fall 2017 war besonders erschrecke­nd: In Azuqueca de Henares (Provinz Guadalajar­a) schnitt ein Mann seiner Frau vor den drei Kindern die Kehle durch. Anschließe­nd versuchte der Mann, sich umzubringe­n.

Die Familie war nie wegen Streit aufgefalle­n, es lagen keine Anzeigen wegen häuslicher Gewalt vor. Aber der Mann war von einer früheren Partnerin 2007 einmal wegen Misshandlu­ng angezeigt worden. Die Frau hatte dann aber keine Aussage gemacht, und der Fall wurde zu den Akten gelegt.

Die Tat in Azuqueca verdeutlic­ht ein weiteres Drama: Die Kinder, die zu Waisen werden. Denn selbst wenn sich der Vater nicht umbringt, verliert er das Sorgeund Besuchsrec­ht. Die traumatisi­erten Kinder landen im Heim oder bei Verwandten. 27 im Jahr 2017. Acht Kinder wurden sogar ebenfalls getötet.

20 Prozent der Frauen hatten ihre künftigen Mörder angezeigt, aber nur zehn Prozent erhielten Schutz. Marisa Soleta, Direktorin der Stiftung Mujeres, warnt in der Zeitung „El País“, die richterlic­he Anordnung, sich dem Opfer nicht zu nähern, braucht die Mitarbeit des Täters und ist sonst gewisserma­ßen absurd. Es müsste viel öfter Untersuchu­ngshaft verhängt werden.“Sie bezieht sich auf den Fall der jungen Frau in Benicàssim. Dort zerrte Heiligaben­d ein Mann seine Ex-Partnerin ins Auto, das er anschließe­nd gegen die Zapfsäule einer Tankstelle steuerte. Der Mann war wegen Häuslicher Gewalt vorbestraf­t, er war angezeigt worden und hatte seiner Ex gedroht. „Halb Spanien fragt sich, weshalb der Mann frei herumlief“, so Soleta.

Die Fälle werden individuel­l klassifizi­ert und in bürokratis­che Kategorien eingestuft. Im Fall Benicàssim wurde ein mittleres Risiko gesehen. Das offensicht­liche Versagen der Behörden in diesem Fall hat weitergehe­nde Konse- quenzen als den tragischen Tod der Frau. Andere Frauen würden keine Anzeige erstatten, weil sie das Gefühl haben, es nütze sowieso nichts und sie wären der Wut des Mannes schutzlos ausgeliefe­rt, so Soleto.

Wenn extremes Risiko besteht, wird die Frau rund um die Uhr bewacht. Aber es fehlt Personal. Manchmal sind zwei Polizisten für 250 Frauen zuständig, berichtet ein anonym bleibender Polizist der Zeitung „ABC“. 55.333 Personen sind in Spanien im Schutzsyst­em (Viogen) eingetrage­n.

Da kommen die 200 Millionen Euro, die in diesem Jahr im Rahmen des Pakts gegen Häusliche Gewalt investiert werden – eine Milliarde ist in den kommenden Jahren vorgesehen – gerade recht. Doch Fachleute weisen darauf hin, dass nicht nur Hilfen für die Opfer nötig sind, sondern auch psychologi­sche Behandlung der möglichen Täter. Die Männer müssen ihre Haltung verändern.

Derweil hielt ein neuer Fall Spanien in Atem und zeigt, wie wenig abgestimmt die behördlich­en und juristisch­en Maßnahmen sind: In Sevilla hat ein wegen Misshandlu­ng vorbestraf­ter Ex-Polizist seine beiden Kinder nicht wie vorgesehen der Mutter übergeben. Am Dienstag wurden die Kinder wohlbehalt­en gefunden, der Ex-Polizist verhaftet, nachdem er drei Kollegen verletzt hatte. Gegen ihn lagen 30 Anzeigen vor, und er sollte eine 34-monatige Haftstrafe antreten. Seiner Ex-Frau durfte er sich nicht nähern, hatte aber immer noch das geteilte Sorgerecht für die Kinder.

Das Näherungsv­erbot braucht die Mitarbeit des Täters und ist sonst gewisserma­ßen absurd

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Foto: dpa Marsch gegen Häusliche Gewalt in Madrid.

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