Von Buddhisten und Muslimen
Als Anwohnerin der Costa del Sol habe ich das Glück, Marokko vor der Haustür zu haben, und ich nutze jede Gelegenheit, einen Abstecher auf den nordafrikanischen Kontinent zu machen. Mit Marokko ist das so eine Sache: Dieses Land liebt man entweder – oder man kommt nur einmal und kehrt nie zurück. Vor allem beklagen sich Urlauber über Schmutz, Magenverstimmungen oder aber die Mentalität der Einheimischen. Diese Probleme habe ich nicht. Über Müll auf den Straßen der Städte oder auf dem Land sehe ich hinweg, denn ich weiß aus anderen Reiseländern außerhalb Europas, dass dies eine Frage fehlender Infrastruktur und mangelnden Umweltbewusstseins ist. Alles eine Frage der gesellschaftlichen Entwicklung, die ihre Zeit braucht. In marokkanischen Städten hat die Anti-Plastiktüten-Kampagne längst an Fahrt aufgenommen. Das marokkanische Essen liebe ich ebenso wie die köstlichen Süßigkeiten. Mit der Mentalität komme ich auch klar, das Gros der Marokkaner ist of- fen, freundlich und hat Humor, und sollte mich mal jemand nicht gut behandeln wollen, bin ich um einen lockeren Spruch nicht verlegen. Am besten lässt man den mit einem tiefen Blick in die Augen und einem Lächeln los. Bei meiner letzten Reise durch Marokko hat es mir allerdings zum ersten Mal die Sprache verschlagen. Bei einem Besuch in einer Wechselstube fragt mich der nette Mann hinter dem Schalter nach den auffälligen Ringen, die ich trage. „Sie kommen aus Nepal oder Indien und haben tibetischen Stil“, erkläre ich ihm. Und um ihm einen Bezug zu Tibet zu eröffnen, beglü- Aber weil ich weiß, dass die meisten Marokkaner den Terror aus den eigenen Reihen nicht gut heißen, auch in ihrem Land hat es in vergangenen Jahren Attentate gegeben, erspare ich uns die Diskussion. Stattdessen erzähle ich dem guten Mann über von Chinesen gemeuchelte Tibeter und zwangssterilisierte Tibeterinnen. Er lächelt und blickt mich ehrlich bedauernd an. Ich bin froh, die Kurve gekratzt zu haben – solche Gespräche lassen sich nicht zwischen Tür und Angel führen, das kann leicht in Missverständnissen enden. (ws)