Rechnung mit Unbekannten:
Carles Puigdemont will Ministerpräsident werden – Artur Mas gibt Parteivorsitz ab
Carles Puigdemont will wieder katalanischer Ministerpräsident werden. Wie er trotz Haftbefehl regieren will, ist allerdings noch nicht geklärt
Madrid/Barcelona – ck. Vor der Wahl am 21. Dezember war die Sorge um Katalonien abgeflaut. Arbeitslosigkeit, Korruption, die Parteien und wirtschaftliche Probleme kümmerten die Spanier mehr als die Unabhängigkeitsbestrebungen der Region. Das geht aus der jüngsten Umfrage des Zentrums für Soziologische Studien (CIS) hervor. Dennoch beschäftigt die Situation Katalonien, Spanien und Belgien, wo sich der ehemalige – und wenn es nach seinem Willen geht, auch künftige – Ministerpräsident Carles Puigdemont immer noch aufhält.
Puigdemont will sich – in Abwesenheit – als Regierungschef präsentieren und Ende Januar vom Landtag wählen lassen. Am Dienstag in Brüssel haben er und ERCGeneralsekretärin Marta Rovira eine Regierungskoalition beschlossen – mit Puigdemont als Ministerpräsidenten. Die Koalition braucht die Stimmen der CUP oder zumindest deren Enthaltung. Wie allerdings Puigdemont sich in Barcelona vereidigen lassen und regieren will, da ein Haftbefehl gegen ihn in Spanien vorliegt, bleibt unklar.
Als Reaktion auf die Weigerung Puigdemonts, den Weg frei für einen anderen Kandidaten als Regierungschef zu machen, die Regierungsbildung zu verzögern und notfalls Neuwahlen zu veranlassen, ist der Rücktritt von Artur Demonstranten halten in Sant Vicenç dels Horts Plakate mit der Aufschrift „Wir sind eine Republik. Freiheit für politische Häftlinge“in den Händen. Mas als Chef der ehemaligen Partei Convergència und heutigen PDeCAT zu werten. Mas war am 9. Januar 2016 zugunsten von Puigdemont als Ministerpräsident Kataloniens zurückgetreten, auf den Tag genau zwei Jahre später gab er nun den Parteivorsitz ab. Offiziell hat er als Gründe einen Generationswechsel in der Partei genannt und die Gerichtsprozesse, die gegen ihn laufen. Er geht davon aus, dass in Kürze das Berufsverbot gegen ihn bestätigt wird.
Zurück zieht sich auch ein Schwergewicht der Linksrepublikaner (ERC). Der frühere katalanische Justizminister Carles Mundó tritt sein Mandat als Abgeordneter nicht an und will wieder als Anwalt arbeiten. Er galt in der Partei als wichtiger Mann, da der Chef der ERC, Oriol Junqueras, noch immer in Haft ist und bleibt.
Der Oberste Gerichtshof (TS) entschied vergangenen Freitag, Junqueras im Gefängnis zu lassen. Er zeige keine Reue und verfolge die einseitige Unabhängigkeit weiter als politisches Ziel, hieß es. Der ehemalige Innenminister Joaquim Forn und die beiden Jordis, Cuixart und Sánchez, werden am Donnerstag, 11. Januar, vom TS angehört, das danach über ihre Zukunft entscheiden wird.
Oriol Junqueras ist nicht aus der U-Haft entlassen worden