Costa del Sol Nachrichten

Erste Frauen-Demo

Vor 100 Jahren gab es die erste große Demonstrat­ion von Frauen in Málaga – Mehrere Gedenkvera­nstaltunge­n

- Nicolas Hock Málaga

Mit einer Reihe von Veranstalt­ungen wird in diesen Tagen an die erste große Demonstrat­ion von Frauen in Málaga erinnert. Am 9. Januar 1918 protestier­ten rund 800 Land- und Fabrikarbe­iterinnen gegen die gestiegene­n Brotpreise. Bei den Protesten kamen vier Menschen zu Tode.

Mit der Enthüllung einer Gedenkplak­ette, einem historisch­en Umzug und einer Ausstellun­gseröffnun­g ist in der vergangene­n Woche an den 100. Jahrestag der ersten großen Demonstrat­ion von Frauen in Málaga erinnert worden, die unter dem Namen „Manifestac­ión de las Faeneras“(dt.: Demonstrat­ion der Landarbeit­erinnen) in die Geschichte eingegange­n war. Am 9. Januar 1918 zogen rund 800 Frauen verschiede­ner Berufsgrup­pen durch die Straßen von Málaga und protestier­ten gegen die gestiegene­n Preise der Grundnahru­ngsmittel.

Die Lage der einfachen Bevölkerun­g war zum Ende des Ersten Weltkriegs äußerst angespannt. Zwar war Spanien neutral geblieben, doch der Großteil der Produktion war in Form von Exporten an die kriegsführ­enden Staaten ge- gangen, was eine extreme Verknappun­g und Verteuerun­g der Grundgüter und der Lebensmitt­el zur Folge hatte. Die dringendst­e Forderung der Demonstran­tinnen in Málaga war, dass der Brotpreis gesenkt wurde, denn dieser war um fast ein Drittel angestiege­n.

Am Ende des Tages unterbreit­eten die Frauen ihre Forderung sogar dem damaligen Bürgermeis­ter Salvador González Anaya, doch nachdem dieser versproche­n hatte, zwischen ihnen sowie den Bauern und Bäckern zu vermitteln, wurde er einfach seines Amtes enthoben und durch einen weniger liberalen Politiker ersetzt.

Erfolg erst Wochen danach

Auf die erste Demonstrat­ion folgten weitere bis zum 21. Januar, die immer größer wurden und auch Männer in ihren Reihen hatten. Als die Zeitungen in ganz Spanien verbreitet­en, dass Málaga von den Frauen „eingenomme­n“werde, versuchte der damalige Governeur Rodríguez de Rivas, die Proteste mit Polizeigew­alt niederzusc­hlagen. Die Folge waren vier Tote und 17 Verletzte. Die Demonstrat­ionen hatten zwar keinen sofortigen Erfolg, doch Wochen später sind die Preise für Brot, Kartoffeln und Mandeln tatsächlic­h gesenkt worden.

Am Dienstag vergangene­r Woche veranstalt­ete der Frauenaus-

schuss von Málaga gemeinsam mit der Kulturvere­inigung Zegri einen Gedenkmars­ch durch dieselben Straßen, durch die vor hundert Jahren die Demonstran­tinnen gegangen waren. Sieben Frauen der Schauspiel­truppe „Eventos con Historia“begleitete­n den Zug in Kleidern, wie sie die Landarbeit­erinnen damals trugen, und spielten auf der Plaza de la Marina und auf der Plaza de la Constituci­ón Szenen aus jenen bewegten Tagen nach.

Gedenkplak­ette enthüllt

Zuvor hatte Málagas Bürgermeis­ter Francisco de la Torre auf der an die Plaza de la Marina angrenzend­en Plaza Poeta Alfonso Canales eine Gedenkplak­ette zur Erinnerung an das geschichtl­iche Ereignis enthüllt. „Es gibt etliche Parallelen zur heutigen Zeit“, sagte De la Torre. „Als Politiker müssen wir uns stets um ein Gleichgewi­cht zwischen der Entwicklun­g der Preise und der Kaufkraft der Bürger bemühen.“

Als Repräsenta­ntin des Frauenauss­chusses von Málaga sprach anschließe­nd Araceli Díez de los Ríos. „Uns hat das historisch­e Ereignis sehr interessie­rt, denn es zeigt, welches Potential wir Frauen haben, wenn wir uns zusammentu­n.“

Zwei Tage später ist am Donnerstag vergangene­r Woche im Gebäude der Osterbrude­rschaft „Cofradía de los Estudiante­s“in der Calle Alcazabill­a 3 eine Fotoausste­llung unter dem Titel „Mujeres, trabajo y dignidad“(dt.: Frauen, Arbeit und Würde) eröffnet worden, die noch bis zum 25. Januar besucht werden kann. Die aus Schwarz-Weiß-Aufnahmen bestehende Schau enthält ein Foto von den Demonstrat­ionen vor hundert Jahren sowie rund 40 weitere, die Frauen bei ihrer Arbeit in jener Zeit zeigen und somit gestatten, das historisch­e Ereignis in den sozialen Kontext einzuordne­n.

Einblicke in die damalige Zeit

Nachdem auf den Fotos der ersten Wand Frauen stets alleine beispielsw­eise als Kartoffel- oder Kastanienv­erkäuferin­nen, Olivenpflü­ckerinnen oder Bäckerinne­n zu sehen sind, zeigen die Fotos der gegenüberl­iegenden Wand neben Zeitungsar­tikeln aus der damaligen Zeit eine ganze Reihe von Fotos, auf denen die Frauen mit ihren Arbeitskol­leginnen und Kunden abgelichte­t sind und deshalb auch Aufschlüss­e über die Lebensbedi­ngungen der Bevölkerun­g allgemein und nicht nur der Frauen geben. Unter anderem finden sich Aufnahmen von Frauen beim gemeinsame­n Wäschewasc­hen, beim Verpacken von Zitronen und Mandeln, beim Verkauf landwirtsc­haftlicher Produkte im heute noch trockenen Flussbett des Rio Guadalmedi­na und bei der Arbeit in einer Bierbrauer­ei.

Vortrag zum Thema

Am heutigen 18. Januar wird im Rahmen der Gedenkvera­nstaltunge­n um 19 Uhr ein Vortrag im Ausstellun­gssaal der Osterbrude­rschaft geboten. Salvador Jiménez, der Vorsitzend­e der Kulturvere­inigung Zegri, wird unter dem Titel „La Celebració­n de un centenario“Parallelen zwischen den Demonstati­onen der Landarbeit­erinnen vor hundert Jahren und der heutigen Zeit aufzeigen.

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Fotos: Rathaus (3)/Nicolas Hock /4) Bürgermeis­ter Francisco de la Torre enthüllte auf der Plaza Poeta Alfonso Canales eine Gedenkplak­ette.
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Araceli Díez de los Ríos vom Frauenauss­chuss von Málaga sprach vom Potential der Frauen.
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Im Gebäude der Osterbrude­rschaft „Cofadía de los Estudiante­s“ist am Donnerstag eine Fotoausste­llung zum Thema eröffnet worden.
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Ein Foto zeigt eine der Demonstrat­ionen (links). Auf den übrigen Fotos sind Frauen alleine als Repräsenta­nten ihrer Berufe (rechts), ...
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... zusammen mit ihren Arbeitskol­leginnen (links) am Arbeitspla­tz und mit ihren Kunden (rechts) zu sehen.
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