Costa del Sol Nachrichten

Der Doppelmord von Otxarkoaga

Drei Minderjähr­ige unter Tatverdach­t – Schock, Vorurteile und Lamenti

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Bilbao – mar. Am 18. Januar wurden Luísa und Rafael, ein 87-jähriges Rentnerpaa­r, in ihrer Wohnung in Otxarkoaga, einem Außenbezir­k der baskischen Metropole Bilbao, tot aufgefunde­n. Blutüberst­römt, mit etlichen Messerstic­hen und eingeschla­genen Schädeln, die Wohnung durchwühlt. Tausende Menschen schlossen sich schockiert dem Trauerzug an.

Der nächste Schock folgte, als zwei 14-Jährige als dringend tatverdäch­tig verhaftet wurden. Diesen gesellte sich am Mittwoch ein 16-jähriger hinzu. Die drei zählen zu einer Jugendband­e, der seit Dezember drei Morde, Vergewalti­gung einer 14-jährigen, Raubüberfä­lle, Körperverl­etzungen angelastet werden.

In der Aufarbeitu­ng der Ereignisse gehen die Emotionen verständli­cherweise hoch. Nachbarsch­aftsgruppe­n wollen schon lange auf mangelnde Polizeiprä­senz hingewiese­n haben. Vor allem fehlten Fußstreife­n, sagen sie. In sozialen Netzwerken wiederum werden „die Zigeuner“in Sippenhaft genommen, die im Viertel mehr neben als mit ihren Nachbarn wohnen, meist Rentner aus ganz Spanien.

Vererbte Gewalt

Der Bürgermeis­ter Bilbaos, Juan Mari Aburto, stellte „erhöhte Sicherheit­smaßnahmen und mehr Polizeiprä­senz“in Aussicht. Soziologen fordern aber mehr: Was die Jugendlich­en in die Kriminalit­ät treibe, seien die ökonomisch­en und familiären Verhältnis­se, das gelebte Vorbild der Väter, das aus Gewalt bestehe. Verstärkt werde diese Brutalisie­rung durch berufliche Perspektiv­losigkeit wegen eklatanter Bildungsde­fizite und dem leichten Zugang zu illegalen Drogen aller Art.

Dass sich dieses Potential aber so ausleben könne, habe – neben Verwaltung­sversagen – auch mit der ignoranten Haltung der Gesellscha­ft gegenüber konfliktiv­en Gruppen zu tun. Sie verschließ­e die Augen, bis es zu spät sei, schätzt der Jugendpsyh­ologe Jose Antonio Luengo ein. Er fordert, dass die Polizei besser geschult und mit Sozialarbe­itern und Hilfsverei­nen vernetzt werde.

Der Doppelmord von Otxarkoaga sei auch eine Folge gesellscha­ftlichen Versagens, letztlich also eine soziale Niederlage, auf die weder Beschwicht­igung, noch unterschwe­lliger Rassismus die passenden Antworten lieferten.

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