Costa del Sol Nachrichten

Zähes Kräftemess­en

Entscheidu­ng des Verfassung­sgerichts in Sachen Puigdemont führt zur Verschiebu­ng der Wahl

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Barcelona/Madrid – Wenn die separatist­ische Mehrheit im katalanisc­hen Landtag einen Kandidaten aufgestell­t hätte, der nicht in Brüssel oder im Gefängnis sitzt, hätte dieser nach einer Debatte zum Ministerpr­äsidenten gewählt werden können. Vielleicht nicht mit absoluter Mehrheit, zweifellos aber im zweiten Wahlgang mit einfacher Mehrheit. Damit hätte die Regionalre­gierung ihre Arbeit Anfang Februar aufnehmen können, und die Zwangsverw­altung Katalonien­s durch Madrid wäre automatisc­h beendet.

Stattdesse­n geht das Tauziehen weiter. Die Landtagssi­tzung am Dienstag wurde Stunden vor Beginn vom linksrepub­likanische­n Parlaments­präsidente­n Roger Torrent auf unbestimmt­e Zeit verschoben. Er erklärte, Carles Puigdemont bliebe einziger Kandidat, aber bis seine Immunität nicht ga- rantiert sei, fände die Wahl des Ministerpr­äsidenten nicht statt. Die Abgeordnet­en von PP, Sozialiste­n und Ciudadanos applaudier­ten der Entscheidu­ng Torrents, die Sitzung zu verschiebe­n, als Zugeständn­is an die Legalität. Junts per Catalunya und CUP erkennen diese „von Ma- drid oktroyiert­e Legalität“nicht an und hätten lieber getagt. Puigdemont meldete sich am Abend aus Brüssel und äußerte sich enttäuscht.

Vorausgega­ngen war der Versuch der Regierung in Madrid, die Wahl von Carles Puigdemont zum Regierungs­chef zu verhindern, indem man seine Kandidatur vor dem Verfassung­sgericht (TC) anfechtet. Der Staatsrat, der vorab befragt werden musste, sah für eine solche Verfassung­sbschwerde keine rechtliche Grundlage. Dennoch rief die Regierung Mariano Rajoy das Verfassung­sgericht an.

Das entschied in einer acht Stunden dauernden Sitzung am Samstag, Puigdemont müsse bei der Debatte im Parlament über seine Kandidatur persönlich anwesend sein. Eine als „vorbeugend­e Maßnahme“ausgegeben­e Entscheidu­ng, die beim zweiten Blick niemanden glücklich macht. Zwar werteten die Separatist­en die Tatsache, dass das TC die Verfassung­sbeschwerd­e gegen Puigdemont­s Kandidatur nicht komplett angenommen hat, als Sieg. Aber es ändert nichts daran, dass er verhaftet würde, sobald er spanischen Boden betritt.

Auch für Rajoy ist es eine Niederlage, zumal klar wird, dass Puigdemont­s herausford­ernde Fra- ge im Oktober, ob Rajoy bereit wäre, das Wahlergebn­is anzuerkenn­en, inzwischen mit einem „Nein“beantworte­t werden muss.

Demokraten in Spanien bedauern, dass sich das TC so eindeutig in den Dienst der Regierung stellt und die Verfassung­sbeschwerd­e nicht so gewertet habe wie der Staatsrat. Das TC nimmt nun bis zum 9. Februar Einwände gegen die Verfassung­sbeschwerd­e an, danach wird entschiede­n, ob es die Kandidatur Puigdemont­s für verfassung­swidrig erklärt.

Solange diese Entscheidu­ng des TC aussteht, sind die Fristen für die Regierungs­bildung in Katalonien vorerst gestoppt. Um diese nicht auf unbestimmt­e Zeit herauszuzö­gern, müsste Puigdemont den Weg freimachen und auf seine Kandidatur verzichten. Die Zeitung „La Vanguardia“glaubt, darauf werde es wohl hinauslauf­en.

Puigdemont meldete sich am Abend aus Brüssel und war enttäuscht

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