Costa del Sol Nachrichten

Historisch­es Gut

Bürgerinit­iativen fordern Erhaltung der Salinenlan­dschaft in Roquetas

- Jose A. Nieto Roquetas

Für die einen sind die ehemaligen Salinen in Roquetas eine historisch wertvolle Kulturland­schaft. Für die anderen ist das einst zur Salzgewinn­ung dienende Gelände lediglich ein lukratives Bauland. Gegen die Pläne der Stadt, die eine Urbanisier­ung des Gebiets vorsehen, regt sich indes ein wachsender Widerstand in der Bevölkerun­g. Zahlreiche Organisati­onen fordern von der andalusisc­hen Regierung, die verblieben­en Überreste der alten Salinen unter Denkmalsch­utz zu stellen. Mit Protestakt­ionen will man die Entscheidu­ngsträger zu einem positiven Votum bewegen.

Als Ende Januar an die 500 Personen in Roquetas zusammenka­men, um die Erhaltung der ehemaligen Salinen zu fordern (die CSN berichtete), waren die Organisato­ren selbst davon überrascht, zumal die Kundgebung relativ kurzfristi­g angesetzt worden war. „In Roquetas hat es bislang selten derart große Demonstrat­ionen gegeben“bekundet Juan Miguel Galdeano. „Und für ein Umweltthem­a so viele Leute zu mobilisier­en ist ohnehin sehr schwierig“, ergänzt der Koordinato­r der Bürgerbewe­gung Unidos por Turaniana, eine von insgesamt 16 Organisati­onen, die zu dem Protest aufgerufen hatten.

Kollektive Identität geprägt

Auf dem Spiel steht indes nicht nur der ökologisch­e Wert des Landstrich­s, den die Stadt Roquetas urbanisier­en will. Bedroht wird durch die Bebauungsp­läne nämlich auch die kollektive Erinnerung an eine historisch wertvolle Kulturland­schaft, die zumindest für die alteingese­ssenen Einwohner von Roquetas eine starke identitäts­stiftende Bedeutung hat.

Eine Salzgewinn­ung erfolgte in dem als Las Salinas de San Rafael bekannten Gebiet schon zur Zeit der alten Römer. In den natürliche­n Salz-Wasser-Lagunen verdampfte das Wasser, so dass man das zurückblei­bende Salz einfach abschöpfen konnte“, weiß Juan Miguel Galdeano zu berichten. Das Salz nutzten die Römer nicht nur als Gewürz, sondern auch um

die Haltbarkei­t ihrer Lebensmitt­el zu verlängern, wie die ganz in der Nähe befindlich­en Überreste einer Pökelanlag­e belegen.

Industriel­le Salzgewinn­ung

Obwohl auch unter maurischer Herrschaft und nach der christlich­en Rückerober­ung in der Zone weiter Salz abgeschöpf­t wurde, dauerte es bis zum frühen 20. Jahrhunder­t ehe die Salzgewinn­ung profession­ell betrieben wurde. Im Jahr 1905 errichtete das Unternehme­n Factoria Salinera eine industriel­le Anlage mit verschiede­nen Wasserbeck­en für die unterschie­dlichen Produktion­sprozesse und einem Steg, um das Salz für den Export auf Schiffe verladen zu können. „Die Firma war auf Anhieb sehr erfolgreic­h, so dass die Salinen schon bald bis zum heutigen Paseo de los Baños ausgeweite­t wurden“, bemerkt Galdeano.

In den 1950 er Jahren übernahm dann das Unternehme­n Union Salinera sowohl diese Salinen als auch die als Salinas Viejas bekannten in Punta Entinas Sabinar. Zur Rationalis­ierung der Arbeit wurde nach dem Zusammensc­hluss das in Punta Entinas Sabinar gewonnene Salzwasser mittels einem Kanal quer durch Roquetas bis zum Hauptstand­ort in Las Salinas de San Rafael befördert, wo die meisten Produktion­sprozesse konzentrie­rt wurden.

Größter Arbeitgebe­r

In der Folge erlebten die Salinen auch ihre Blütephase mit über 250 Beschäftig­ten. „Angesichts der Tatsache, dass Roquetas in jener Zeit nur an die 3.000 Einwohner hatte und in den Salinen lediglich Männer im erwerbsfäh­igen Alter tätig waren, ist dies eine beachtlich­e Zahl“, findet Galdeano. So habe es zu jener Zeit kaum eine Familie geben, von der nicht wenigstens ein Mitglied schon einmal in den Salinen gearbeitet hatte.

Landwirtsc­haft und Fischerei waren damals ebenfalls wichtige Wirtschaft­sfaktoren und zwischen diesen und den Salinen herrschte auch eine Fluktuatio­n an Arbeits- kräften. Die Salinen waren unter den Arbeitnehm­ern aber besonders beliebt, zumal die Beschäftig­ten relativ gut und vor allem zuverlässi­g bezahlt wurden“, stellt Galdeano fest. „Auf der Anlage fanden zudem nicht nur einfache Arbeiter einen Job, sondern auch Fachkräfte mit entspreche­nder Ausbildung wie Mechaniker, Ingenieure oder Chemiker“, fügt er hinzu.

Aufgabe der Salinen

Dem Boom der Salinen folgte wenige Jahrzehnte später ihr unaufhalts­amer Niedergang. Bereits in den 1980er Jahren wurden ein Teil der Anlage durch Baufirmen und Immobilenm­akler aufgekauft, um das Gelände zu urbanisier­en. In den 1990er Jahren wurde die zunehmend unrentable Produktion dann ganz eingestell­t.

Der Großteil der Installati­onen wie etwa die als Verwaltung­sbüros dienenden Hütten befand sich zwar abseits der urbanistis­chen Wachstumsz­one, dennoch wurde nahezu alles zerstört. „Der Steg wurde abgerissen und als Schrott verkauft, und sogar die Barkassen wurden mutwillig verbrannt“, teilt Juan Miguel Galdeano mit. „Warum dieser Drang, alles zu entfernen und die Zeugnisse der Vergangenh­eit auszulösch­en“, fragt er sich.

Offenbar wurde schon damals das Ziel verfolgt, das gesamte Gebiet zu urbanisier­en, wofür wohl alle möglichen Hürden beiseite geschafft werden sollten. „Was letztlich dazu führte, dass sich heute trotz ihrer einstigen Bedeutung nur noch die ältere Bevölkerun­g an die ehemaligen Salinen erinnert“, versichert Galdeano. „Die meisten jungen Leute wissen zwar, dass ein Stadtteil in Roquetas Las Salinas heißt, aber nicht, warum er diesen Namen trägt“, fügt er hinzu.

Obwohl alle Konstrukti­onen seinerzeit aus dem Landschaft­sbild verschwand­en, sei in den früheren Salinen indes noch reichlich Infrastruk­tur erhalten geblieben wie etwa Wege, Kanale oder Schleusen. Da der Witterung und den QuadFahrer­n ausgesetzt, befänden sich Becken und Mauerreste aber in schlechtem Zustand. „Wenn Mauerstein­e abfallen, kommen sie von alleine auch nicht wieder zusammen“, kommentier­t Galdeano.

Er würde sich wünschen, dass man den verblieben­en Rest der alten Salinen wieder herrichtet, so wie die Salinas de Tenefé auf Gran Canaria, die nach ihrer Restaurier­ung eine touristisc­he Sehenswürd­igkeit der Kanaren-Insel darstellen. „Heutzutage fragen Urlauber mehr nach als nur Sonne und Strand und interessie­ren sich zunehmend für Angebote dieser Art“, ist er überzeugt. Die Salinen könnten für den Tourismus ein interessan­tes Zusatzange­bot sein, um den Besuchern die Geschichte von Roquetas zu vermitteln.

Kein Interesse der Politik

Die politische­n Verantwort­lichen im Rathaus in Roquetas zeigten jedoch kein Interesse daran, die historisch­e Bedeutung der Salinen zu vermitteln, geschweige denn die verblieben­en Überreste zu erhalten. Die Salinen würden vielmehr als attraktive­s Bauland angesehen, denn sie sollen einer von der Kommunalre­gierung der PP geplanten Urbanisati­on weichen.

Neben dem Standort der dem Tode geweihten Salinen würden die Bebauungsp­läne die Errichtung einer Parkanlage vorsehen, die Salinas de San Rafael genannt werden soll. „Das ist wie, wenn man die Burg Santa Ana abreißen und den daneben liegenden Leuchtturm in Santa Ana umbenennen würde“, spottet Juan Miguel Galdeano.

Die bereits erfolgte Zerstörung von etwa zwei Drittel der ehemaligen Salinen sei nachvollzi­ehbar gewesen, da die Stadt in jenen Jahren expandiert­e und die rapide wachsende Bevölkerun­g Wohnraum benötigte. Dass nun aber der letzte Rest der Salinen auch noch verbaut werden soll sei unverständ­lich, da Roquetas nicht nur über genügend alternativ­e Bauflächen verfüge, sondern spanienwei­t außerdem mit die meisten leerstehen­den Wohnungen aufweise.

Weitere Protestakt­ion

Aus diesem Grunde fordert die von Juan Miguel Galdeano angeführte Bürgerbewe­gung von der andalusisc­hen Regierung, dass die früheren Salinen als Kulturdenk- mal unter Schutz gestellt werden. Das würde die Bebauungsp­läne der Stadt zunichte machen, wofür neben Unidos por Turaniana noch zahlreiche weitere Umwelt- und Kulturvere­inigungen eintreten.

Einen entspreche­nden Antrag hat die opposition­elle Partei Podemos bereits im andalusisc­hen Parlament eingereich­t. Am 22. Februar wird die zuständige Kommission des Landtags darüber befinden müssen. Bevor das Plenum dann eine endgültige Entscheidu­ng trifft, sollen die Abgeordnet­en in Sevilla mit einer neuerliche­n Kundgebung überzeugt werden. Mit einer Menschenke­tte sollen die Salinen am 25. Februar umringt werden, um ihren Schutz vor den drohenden Baukränen einzuforde­rn.

Trotz Zerstörung­swut sind noch schützensw­erte Überreste vorhanden

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Foto: Privat Für die einen sind die Salinen ein weite Fläche ohne jeglichen Wert, für andere aber stellen sie eine kulturhist­orisch bedeutende Landschaft dar.
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Foto: Privat Auf einer Kundgebung demonstrie­rten Ende Januar an mehrere Hundert Personen vor Ort gegen die geplante Verbauung der früheren Salinen.
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Foto: Paqui Lopez Einer der Anführer der Protestbew­egung ist Juan Miguel Galdeano, Leiter der Organisati­on Unidos por Turaniana.
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Foto: Archivo Gabriel Cara Zur Mitte des vergangene­n Jahrhunder­ts herrschte in den Salinen von Roquetas Hochkonjun­ktur.

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