Neues Kapitel im Korruptionsfall ERE
Gericht in Sevilla hat entschieden: Es handelte sich nicht um ein kriminelles Netzwerk
Sevilla – lk. Auf einmal ist nichts mehr wie es war. Diesen Eindruck hat der ehemalige Direktor der Sozialversicherung, Javier Guerrero, zumindest am vergangenen Montag vor der Gerichtsverhandlung in Sevilla vermittelt. Der Druck von Medien und Polizei hätten ihn während der Ermittlungsphase zu Aussagen genötigt, die er in dieser Form nie gemacht hätte. Im Zusammenhang mit dem Fall ERE war dies die siebte Verhandlung. Er hatte zuvor viermal beteuert, dass die gesamte andalusische Landesregierung in den Fall verwickelt sei.
Über den ehemaligen Arbeitsminister der andalusischen Landesregierung, Antonio Viera, sagte er, dass ihn ein persönliches Interesse getrieben habe, Angestellte der Unternehmen in der Sierra Norte von Sevilla frühzeitig zu pensionieren. Guerrero machte von seinem Recht Gebrauch, nicht auszusagen. Der Gerichtssekretär verlas daraufhin Guerreros erste Aussagen vor der Nationalpolizei und der Guardia Civil in den Jahren 2011 und 2012. Damals befasste sich die Untersuchungsrichterin Mercedes Alaya mit dem Fall. Sie hatte auch die Ermittlungseinheit der Guardia Civil (UCO) damit beauftragt, Ermittlungen einzuleiten. Die Richter haben die Forderung der PP abgelehnt, von den ehemaligen hohen Beamten der andalusischen Landesregierung die 741 Millionen Euro zurückzufordern, die im Zuge des Falls ERE veruntreut worden waren. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Partei in der Rolle als Nebenkläger nicht verlangen kann, dass Personen zivilrechtlich belangt werden. Dies stünde gemäß Artikel 108 der Strafprozessordnung nur den Betroffenen und dem Finanzministerium zu. Die PP hatte insistiert, dass die andalusische Ministerpräsidentin Susana Díaz (PSOE) aussagen solle, da sie unter den beiden ehemaligen andalusischen Ministerpräsidenten Manuel Chaves (1990 bis 2009) und José Antonio Griñán (2009 bis 2013) bereits politische Posten innehatte. Diese Forderung hatte das Gericht abgeschmettert. Am vergangenen Montag wurde der Prozess im Korruptionsfall ERE fortgesetzt. Die ehemaligen Ministerpräsidenten der andalusischen Landesregierung, Manuel Chaves und José Antonio Griñán, sowie 20 weitere hohe Beamte der Junta werden vor Gericht aussagen müssen.
Zehnjähriges Berufsverbot
Der Ex-Arbeitsminister Javier Guerrero war als erster an der Reihe. Wie spanische Medien am vergangenen Samstag berichteten, hat das Gericht in Sevilla geurteilt, dass es im Zusammenhang mit dem Fall ERE kein kriminelles, hierarchisch aufgebautes Netz gegeben hat, dessen Mitglieder nach einem perfiden Plan operiert haben. Griñán und Chaves sowie sechs weitere hohe Be- amte müssen wegen Amtsmissbrauchs mit einem zehnjährigen Berufsverbot rechnen. Von einer Gefängnisstrafe werden sie jedoch verschont bleiben. Auch die ehemalige andalusische Finanzministerin Magdalena Álvarez und Gaspar Zarrías, der unter Chaves Vize-Ministerpräsident war, der ehemalige andalusische Wirtschaftsminister José Salgueiro, der Ex-Chef der Rechtsabteilung der Junta, Francisco del Río Muñoz, der ehemalige Generaldirektor für Budgets Antonio Vicente Lozano und der ehemalige Direktor des Finanzamts, Antonio Estepa, werden des Amtsmissbrauchs bezichtigt.