Spaltpilz im Separatistenlager
In Katalonien ist eine Einigung über die Regierungsbildung weiter entfernt denn je
Barcelona – tl. Die Hängepartie um die Regierungsbildung in Katalonien geht weiter. In den Verhandlungen zwischen Junts per Catalunya und den Linksrepubilkanern (ERC) konnte bislang keine Einigung erzielt werden. Eine gemeinsame Linie scheint zudem weiter entfernt denn je. Manche Beobachter sprechen gar von einem Bruch im separatistischen Lager.
Dabei nahm die Idee, bei der Regierungsbildung zweigleisig zu verfahren, in der vergangenen Woche zunächst Gestalt an. Eine Art symbolischer Präsidentschaft für Carles Puigdemont in Brüssel und einen handlungsfähige Regierungschef in Barcelona, diese Kompromissformel sollte die Lösung bringen. Sogar Mariano Rajoy hätte einen „symbolischen“Puigdemont akzeptiert. Solange er keine aktive Rolle in Barcelona spielt.
Für den Kompromiss wurden sogar schon Namen gehandelt. Häufig wurde dabei Elsa Artadi von Junts per Catalunya ins Spiel gebracht. Die 41-jährige promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin und Havard-Absolventin gilt als die rechte Hand des Ex-Ministerpräsidenten Puigdemont. Derzeit ist Artadi Fraktionssprecherin von Junts per Catalunya im Parlament.
Schon meldete die Zeitung „El País“unter Berufung auf Verhandlungskreise, dass eine Einigung im separatistischen Lager auf Artadi als Kandidatin für das Amt der Ministerpräsidentin kurz bevorstehe. Allerdings gab „El País“zu bedenken, dass „de facto“Puigdemont weiterhin im Hintergrund die Fäden der Hand halten würde.
Eine Woche später war von Elsa Artadi und der Kompromisslösung keine Rede mehr. Stattdessen vollzog Junts per Catalunya eine Kehrtwende und versteifte sich wieder auf eine Amtseinführung ihres Kandidaten Puigdemont. Um dessen Investi- tur auch in Abwesenheit einen legalen Anstrich zu geben, stellte die Gruppierung den Antrag, dass Präsidentenamtsgesetzt so zu ändern, dass ein Kandidat auch vom Ausland aus ins Amt gewählt werden kann.
Die Reaktion aus Madrid kam prompt: Sollte ein derartiger An- trag im Regionalparlament zugelassen werden, werde die Zentralregierung unverzüglich Verfassungsbeschwerde einlegen. Auch ERC distanzierte sich von der Idee und weigerte sich, den Antrag mitzutragen. Der in U-Haft sitzende ERC-Chef Oriol Junqueras stellte klar: „Eine effektive Regierung Puigdemont ist unmöglich.“
Selbst Regionalparlamentspräsident Roger Torrent war nicht bereit, seinen Parteifreunden beizustehen. Er lehnte es ab, den Antrag auf die Tagesordnung der kommenden Parlamentssitzung zu setzen. Um wenigstens den Anschein der Solidarität zu wahren, will Torrent den Fall Puigdemont vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg bringen.
Puigdemont, so Torrent zur Begründung, habe das Recht, sich bei der Debatte über seine Kandidatur im Parlament, „wirksam präsentieren“zu können – und nicht verhaftet zu werden, sobald er spanischen Boden betritt. Zunächst muss der EGMR den Fall aber erst einmal annehmen. Das kann dauern. Torrent musste sich ob seiner Taktik schwere Vorwürfe von Junts per Catalunya anhören.
Unterdessen breitet sich der Spaltpilz im Separatisten-Lager auch auf die beiden führenden zivilen Organisationen ANC und Ómnium aus. Während ANC klar die Linie von Junts per Catalunya unterstützt, stellt sich Ómium auf die Seite von ERC mit der eher pragmatischen Position.
Junqueras: „Eine effektive Regierung Puigdemont ist unmöglich“