Wirtschaft
Der Appell an die private Altersvorsorge lässt die Frage nach den Spar-Kapazitäten aufkommen
Nicht wollen oder nicht können: Regierungschef Mariano Rajoy hat angesichts der leeren Rentenkassen einen guten Tipp: Mehr sparen
Madrid – tl. Angesichts trüber Aussichten für die kommenden Rentnergenerationen in Spanien hatte Regierungschef Mariano Rajoy unlängst eine Empfehlung: mehr in die private Altersvorsorge stecken – kurzum: mehr sparen. Darüber ist landesweit eine Diskussion entbrannt. Können Spanier überhaupt Geld zur Seite legen für das Alter bei nach wie vor sehr hoher Arbeitslosigkeit und eher geringem Durchschnittseinkommen?
Die Statistik sagt: nein. Und verweist auf die geringe Sparquote in Spanien. Sie sank im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Wert seit 2007. Von dem verfügbaren Vermögen, so das Nationale Statistikinstitut (INE), werden gerade einmal 6,1 Prozent gespart. Doch die niedrige Quote ist nur die halbe Wahrheit über die Sparneigung der Spanier. Seit die Wirtschaft wieder an Schwung gewinnt und die Arbeitsplätze sicherer geworden sind, meldet sich der Nachholbedarf in Sachen Konsum.
So hat der private Verbrauch laut einer BBVA-Studie seit 2013 um 13 Prozent zugelegt und be- wegt sich mittlerweile auf Rekordniveau. Was vor allem an den günstigen Zinsen liegt. Ein Großteil der Bevölkerung spart deshalb nicht, weil man derzeit nicht sparen will, heißt es in der Studie.
Ein weiterer Grund, warum wenig gespart wird, liegt in der Art und Weise der Vermögensbildung. So gibt es in Spanien im Vergleich mit den OECD-Mitgliedsstaaten ein geringes Finanzvermögen. Dafür wiederum viel Immobilienvermögen – auch bei Personen mit niedrigem Einkommen.
So verfügen 80 Prozent der spanischen Haushalte über Immobilieneigentum. In Deutschland besitzen beispielsweise nur 44 Prozent der Haushalte ein Haus oder eine Wohnung. Die Finanzmittel, die Spanier zur Verfügung haben, werden in erster Linie in den Immobilienerwerb gesteckt.
Wieder eine andere Studie meint, dass die Möglichkeit, Geld beiseite zu legen, in den vergangenen Jahren in Spanien keineswegs geringer geworden ist. So kommt die Stiftung für angewandte Wirtschaftsstudien (Fedea) zu dem Ergebnis, dass der Prozentsatz der Familien, die über keine Ressourcen zum Sparen verfügen, von 60 Prozent im Jahr 2007 auf 40 Prozent im Jahr 2015 gesunken sei.
Aber auch dieses Ergebnis ist kaum repräsentativ. Denn Alte sparen mehr als Junge. Und in dem Zeitraum von 2007 bis 2015 hat der Anteil der Senioren an der Gesamtbevölkerung zugenommen. Hinzu kommt, dass Teile der Bevölkerung in der Tat nicht sparen können. Arbeitslose, Berufswiedereinsteiger, Jobanfänger oder Alleinerziehende kommen so schon kaum über die Runden. Den einen oder andere Euro zurücklegen, das geht oft nicht.
Ein Grund, warum wenig gespart wird, liegt in der Art und Weise der Vermögensbildung