Der Iberische Luchs lebt
Nach 15 Jahren Erhaltungsplan: Die kleine Raubkatze ist nicht mehr akut vom Aussterben bedroht
Sevilla – tl. In Zeiten, in denen auf Erden wieder einmal ein Massensterben von Tierarten zu beobachten, darf der Pardelluchs getrost als Ausnahme von der Regel betrachtet werden. Vor gut 15 Jahren befand sich die kleine Raubkatze mit dem leoparden-ähnliche Fell, die auch Iberischer Luchs genannt wird, in Spanien kurz vor dem Aussterben. 2002 wurden gerade einmal 94 Exemplare wurden in den verbliebenen Rückzugsgebieten im Nationalpark Doñana und der Sierra Morena in Andalusien gezählt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten noch 100.000 Tiere in Spanien und Porugal.
30 Viehzüchter machen mit
Dass heute der Iberische Luchs nicht mehr auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Arten steht, ist vor allem mit einem Namen verbunden. 2002 startete der Biologe Miguel Ángel Simón das erste Erhaltungsprogramm. Doch dessen Bemühungen wären umsonst gewesen, wenn er nicht verständige Mitstreiter gefunden hätte. 30 Viehzüchter mit riesigen Fincas am Río Guarrizas in der Sierra Mornena bei Jaén gaben ihr Einverständnis, dass die Wissenschaftler jederzeit die Ländereien betreten durften.
Simón entwarf das Programm Iberlince, an dem heute über 20 öffentliche Institutionen, aber auch private Einrichtungen beteiligt sind. Iberlince ist Teil des EU-Programms Life, das europaweit Erhaltungspläne für bedrohte Tierund Pflanzenarten fördert. Von den 70 Millionen Euro, die seit 2002 in das Projekt zur Erhaltung des Iberischen Luchses geflossen sind, stammt die Hälfte von der EU. Die andere Hälfte steuerte zum Großteil die andalusische Landesregierung bei. „Wir hatten das Glück, über ausreichende Mittel zu verfü- gen“, sagte Iberlince-Vater Simón gegenüber der Zeitung „El País“, „leider ist das bei weniger attraktiven Tierarten nicht der Fall“.
Am Río Guarizzas fanden denn auch die ersten Wiedereinbürgerungsversuche statt. „Zuerst waren ausführlich Studien nötig, um das geeignete Gelände zu finden“, sagte die für die Region zuständige Iberlince-Beauftragte Maribel García Tardío. Ein Schlüsselfaktor dabei sei ein ausreichendes Vorhandensein von Wildkaninchen. „90 Prozent der Nahrung von Luchsen besteht aus Kaninchen“, berichtet die Biologin.
15 Jahre später ist die Bilanz ermutigend: Inzwischen werden wieder 547 Iberische Luchse ge- zählt. Das Vorkommen beschränkt sich auch nicht mehr nur auf die Doñana und Sierra Morena. Neue Populationen gibt es jetz auch in Badajoz, Toledo und Ciudad Real sowie im benachbarten Portugal. Die Erholung der Bestände führte dazu, dass der Iberische Luchs nicht mehr als „akut vom Aussterben bedroht“, sondern nur noch als „gefährdet“geführt wird.
Iberlince, die vierte Folge
Wenn sich die Entwicklung wie bisher fortsetzt, kann die Raubkatze spätestens 2025 auf die schwächere Kategorie „verletzbar“gesetzt werden. Das Erhaltungsprogramm für den Iberischen Luchs „ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine bestimmte Aktion konkrete Ergebnisse zur Folge haben“, sagte Raubkatzen-Spezialist Urs Breitenmoser von der International Union for Conservation of Nature mit Sitz in der Schweiz.
Inzwischen steht die bereits vierte Fortsetzung des IberlincePlans zur Genehmigung an. Eines der Hauptziele hierbei soll sein, die einzelnen Gebieten mit Luchsvorkommen besser zu verbinden. Hierbei sollen die Tiere, die mit Sendern versehen sind, den Biologen zeigen, wo das am besten zu geschehen hat.
Auch wenn der Iberische Luchs nicht mehr akut vom Aussterben bedroht ist, heißt das nicht, dass es keine Gefahren für den Bestand mehr gäbe. Beispiel Nahrungsvorkommen: Infolge eines hämorraghischen Infekts ist die Zahl der Wildkaninchen drastisch gesunken. Um den Verlust aufzufangen, wurden 42.000 Kaninchen in den Luchsgebieten ausgesetzt.
Die zweite große Gefahr ist der Autoverkehr. Von den 58 Luchsen, die im vergangenen Jahr ums Leben kamen, wurden 31 Tiere überfahren.