Umami – reine Geschmackssache
Pizza hat es, Fischsauce hat es, Pilze haben es auch. Doch selbst der geschwätzigste Koch in der westlichen Welt weiß die Wahrnehmung von umami kaum zu beschreiben. Süß, sauer, bitter, salzig, das kennt man auf der Zunge. Umami dagegen – der sogenannte fünfte Geschmack – lässt sich höchstens mit wohlschmeckend, als ein fleischiges Gefühl im Mund, als ein Geschmack, der einem das Wasser dort zusammenlaufen lässt, definieren. Schuld daran ist Glutamat, ein Salz der Glutaminsäure, das im Jahr 1908 erstmals von dem japanischen Forscher Kikunae Ikeda beschrieben wurde.
Bei seinen Experimenten – er extrahierte Glutamat aus einer Brühe, die mit der Meeresalge Kombu hergestellt worden war – fand Ikeda heraus, dass es abseits der üblichen Einteilung eine Geschmacksqualität gibt, die besonders proteinreiche Nah- rungsmittel anzeigt. Die neue Geschmacksrichtung nannte er umami. Er stellte außerdem fest, dass Mononatriumglutamat einen starken Umami-Geschmack hat, und setzte seine Produktion als Würzmittel in Gang. Das Zeitalter des Geschmacksverstärkers war angebrochen. Die Fertigfood-Industrie jubelt bis heute.
Tiefgekühltes, Tütensuppen, Gewürzmischungen, Saucen, Fleisch- und Wurstwaren, das sind nur einige der Einsatzgebiete von künstlichem, sprich gebundenem, Glutamat. Fleisch, Fisch und Gemüse können damit verbessert werden, nicht jedoch Milchprodukte, Eier oder Desserts.
Freies, natürliches Glutamat ist von Haus aus auch in vielen gebräuchlichen Nahrungsmitteln enthalten. Besonders reichlich beispielsweise in vollreifen Tomaten, Fleisch, Sojasauce, Pilzen oder Hartkäse wie etwa Parmesan. Sogar in der Muttermilch kommt es vor. Und in der Fischsauce Garum, die die Römer einst aus nun bekanntem Grund so liebten.
Die Frage, warum Muttern ihren Salat ohne den kleinen Salatsaucenbeutel nicht hinbekommt, warum der Brühwürfel Suppen und Saucen den letzten Schliff gibt, dürfte ebenfalls geklärt sein. „Maria hilf“wird das heute abfällig in der Profiküche genannt, in der früher aber zeitweise großzügig mit dem weiß glänzenden Pulver umgegangen wurde.
Doch sollte klar sein, wenn einmal die richtige Menge Pulver zugesetzt ist, geht nichts mehr. Ein Zuviel kann nur noch zu einem schlechteren Geschmack führen.
Glutaminsäure und ihre Salze sind aber auch eine körpereigene Substanz, lebenswichtig für den Hirnstoffwechsel. Allerdings in ganz geringen Mengen, was in keinem Verhältnis zum heutigen Konsum steht.
Früher konnte man in Deutschland Glutamat offen, abgefüllt in Beuteln, auf dem Markt kaufen und in den Regalen gut sortierter Supermärkte. Doch ist seine Verwendung mittlerweile weitgehend verpönt. Denn in Zeiten von AsiaFood und fernöstlichen Restaurants, Fertig- oder Halbfertigprodukten nimmt man oft zu viel des Glutamats zu sich – gegen das nicht wenige Menschen allergisch sind. Das wird auch als China- restaurant-Syndrom bezeichnet.
Bleiben wir deshalb beim natürlichen Umami, bei reifen Tomaten, Shiitake-Pilzen, Parmesankäse, Pizza... Bewusst sein sollte dabei aber: Was gut schmeckt, macht mehr Appetit. Und mehr Appetit macht dick. Wie wär’ es denn dann mit einem Tässchen grünen Tee, das ist bis zum Rand voll mit Umami. Oder mit Algen?