Jesus im Herzen
Weniger pompös und dramatisch, dafür fröhlich – Osterprozessionen sind nicht überall gleich
In den kleinen andalusischen Dörfern sind die Oster-Prozessionen zwar weniger pompös, aber dafür weht ein Hauch von Freude durch die Gassen.
Guaro in der Sierra de las Nieves ist auf den ersten Blick ein eher bescheidenes Dorf. Zwar liegt es in landschaftlich schöner Umgebung, aber wahre Sightseeing-Attraktionen hat es nicht zu bieten. Ein paar Häuser, fast ebenso viele Bars, der Tante-Emma-Laden, das Rathaus, die Kirche – das war es schon fast.
Doch an einigen Terminen im Jahr stülpt sich der Ort ein farbenfrohes Festkleid über und lockt viele Besucher an: Wie beispielsweise in der Osterwoche. Dann ist das gesamte Dorf auf den Beinen. Jung und Alt, Männer, Frauen und Kinder rüschen sich hübsch auf, um die auf Hochglanz polierten Heiligenfiguren mit begeistertem Tam-Tam durch die Gassen des Dorfs zu begleiten. Wobei sich nicht alle Prozessionsteilnehmer die Kapuzen überziehen.
Prozessionen mit Tradition
Die Geschichte vom Einzug Jesus in Jerusalem über seine Kreuzigung bis zu seiner Auferstehung scheint die Menschen in Guaro noch heute im Herzen zu bewegen. Die Prozessionen haben jedenfalls eine lange Tradition: Schon im Jahr 1650 existierten die Bruderschaften Santísimo, Nuestra Señora del Rosario und Vera Cruz. Die Heiligenfiguren sind dagegen neueren Datums, sie stammen aus den 1940er Jahren, denn die antiken wurden am 19. März 1936 während des spanischen Bürgerkriegs – wie viele andere in anderen spanischen Kirchen – in Brand gesteckt. Nach dem Krieg zogen die neuen Figuren in die Kirche ein, was durch Spenden von Privatpersonen möglich war.
Ab Gründonnerstag geht in Guaro die Prozessions-Post ab. Freitagmittag lockt der Höhepunkt. Ein wirklich anrührendes, wenig pompöses Schauspiel, bei dem eher die Freude zu spüren ist als das Leid. Mal abgesehen davon, dass die vielen Männer jeglichen Alters in Legionärsuniformen, die dem gekreuzigten Jesus und der heiligen Maria das Geleit geben, den einen oder anderen Zuschauer ins Grübeln bringen könnten.